Kolumne "Familie und andere Turbulenzen":Ich will ein Haustier!

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Was auf diesem Bild fehlt? Ein Haustier, finden die Kinder. (Foto: Stephanie Wunderlich)

Erst begeistern sich Kinder für Einhörner und Dinosaurier. Dann werden sie leider realistischer und wollen Pferd oder Hund. Wenn Eltern dann auf Mäuse setzen, wird bald klar: Auch Kleinvieh macht Mist. Und es sind nicht die Kinder, die ihn wegräumen.

Von Katja Schnitzler

"Ich will einen Löwen! Einen Elefanten! Einen Dinosaurier! Ein Einhorn!" Am Anfang war es für die Eltern noch leicht, gegen die Anschaffung eines Haustieres zu argumentieren, was wesentlich mit den Wunschtieren zusammenhing: Es frisst uns, es zertrampelt uns, es ist ausgestorben, und ein Einhorn hat nie gelebt.

Doch die Kinder lernten mit dem Alter dazu. "Ich will einen Hund!", rief der Sohn. "Aber ich will ein Pferd!", rief die Tochter. Die Eltern gewannen ein wenig Zeit, indem sie sich während des Geschwisterstreits dezent zurückzogen. Doch die Kinder spürten sie bald wieder auf und verkündeten: "Wir wollen Hund UND Pferd!"

Weil die Eltern gute Eltern sein wollten, versuchten sie es noch mal mit Vernunft: Was so ein Pferd koste, man denke nur an die Tierarztrechnung, wie viel Platz es brauche - und erst die Zeit, die viele Zeit! "Also ein Hund?", fragte der Sohn hoffnungsvoll. Da machten die Eltern einen Fehler: Sie stellten eine rhetorische Frage. Leider sind Kinder in Rhetorik nicht sonderlich bewandert. Sie fragten: "Und wer wird dann wohl mit dem Hund dreimal am Tag Gassi gehen?"

"Na, ich!", beteuerte der Sohn freudestrahlend: "Ich nehme ihn mit zum Kindergarten und wieder mit heim, und dann spiele ich mit ihm. Den ganzen Nachmittag! Und mein Freund Luis hat auch einen Hund!" Die Tochter witterte ihre Chance: "Wenn er einen Hund bekommt, kriege ich aber mein Pony! Mit dem reite ich zur Schule, es kann am Rollerparkplatz stehen! Es wohnt im Gartenhäuschen und ihr müsst nicht mehr so oft Rasenmähen!" Zwei Augenpaare glänzten verklärt. Im Geist suchten die Kinder schon nach Namen für Hund und Pferd.

Als die Mutter der Großmutter am Telefon von den Kinderwünschen erzählte, frohlockte diese: "Jetzt bekommst du also alles zurück, wie schön!" - "Wieso?", fragte die Mutter. "Na, hör mal", sagte die Großmutter, "Du hast doch damals drei Jahre lang von nichts anderem gesprochen als von dem Pferd, dass du haben wolltest. Und dass wir die Gärten der Nachbarn kaufen sollten, für die Weide. Und hast uns erpresst, dass du nur mit zum Sonntagspaziergang kommst, wenn du über Pferde reden darfst. Erst die Pubertät hat uns erlöst. Wir waren wohl die einzigen Eltern, die sich über die Pubertät gefreut haben!"

Die Mutter seufzte. Das konnte ja heiter werden. Ihre Kinder sprachen schon seit zwei Wochen nur noch von Pony und Hund. Drei Jahre würde sie das nicht aushalten, selbst wenn die Pubertät heutzutage früher einsetzen soll.

Sie berief einen kleinen Familienrat ein, nur sie und ihr Mann. "Die Kinder sollten ein Haustier bekommen, nur eben ein kleineres", eröffnete sie. Ihr Mann war gleich überzeugt, dass dies eine selten blöde Idee war: "Auch Kleinvieh macht Mist!" Die Mutter kam ihm mit Verantwortung, die Kinder mit einem Haustier übernehmen lernen, mit dem Seelentröster, die der kleine Freund sein kann, mit ihren Nerven, die diese Bettelei nicht unbeschadet überstehen würden, "und ich hatte als Kind auch Tiere". Wer habe denn das Aquarium und den Hamsterkäfig letztlich sauber gehalten, fragte der Vater, der die Geschichten von früher und daher die Antwort natürlich schon kannte.

Mit noch immer schlechtem Gewissen dachte die Mutter an die Fische in der trüben Brühe, die in die algengrüne Aquariumsscheibe "Putz mich!" gefressen hatten. Und an den Kleintierkäfig, der mehr nach Iltis gerochen hatte als nach Goldhamster, so dass dieser ausgezogen und sich unter ihrem Bett verkrochen hatte. Aber war es nicht schön gewesen, wie sich der Hamster in ihre Armbeuge gekuschelt hatte?

"Geben wir ihnen eine Chance", sagte die Mutter. "Und womit willst du es probieren?", fragte der Vater. "Vielleicht Kaninchen?", sagte die Mutter. "Wie alt werden die?", fragte der Vater. "Äh, acht bis zehn Jahre", sagte die Mutter. "Spinnst du?", fragte der Vater.

Es wurden Wüstenrennmäuse mit der überschaubaren Lebenserwartung von etwa drei Jahren, zeitlich perfekt abgestimmt bis zur Pubertät - zumindest die der Tochter. Die Kinder waren schlau und freuten sich über die Mäuse in der Hand, statt auf Wunschpferd und Traumhund zu beharren. Sie akzeptierten sogar die Bedingung, künftig nicht mehr um ein Pony oder einen Hund zu betteln.

Sie bauten den beiden Mäusen Hürden, die diese ignorierten, und brachten ihnen Männchenmachen bei, indem sie die Mäuse mit Körnern bestachen. Und sie ließen die Tiere auf ihre Schultern klettern und in ihre Ärmel kriechen (die Mäuse verschafften sich seitwärts einen Ausgang, so dass die Kleidung bald viele kleine Löcher hatte). Abends kuschelten die müden Mäuse in der Armbeuge der Mutter. In den ersten zwei Wochen putzten die Kinder sogar den Käfig. Dann fing es an, in der Wohnung verdächtig nach Iltis zu riechen.

"Wer ist dran mit Saubermachen?", fragte die Mutter, während der Vater mit einem Habe-ich-es-dir-nicht-gesagt-Blick und einer imaginären Wäscheklammer auf der Nase auf der Couch saß. "Er", sagte die Tochter. "Sie", sagte der Sohn. "Macht es gemeinsam", sagte die Mutter.

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Einige Wochen später kam die Großmutter zu Besuch. Schon an der Wohnungstür rümpfte sie die Nase: "Dieser Geruch, ich kenne diesen Geruch." Sie blickte sich um. Der Spalt hinter dem Bücherregal war mit alten Socken verstopft. Die Holzbeine des Tisches wiesen Spuren auf, die nicht von Holzwürmern stammten. Das Kabel der Lampe zierte ein auffälliges Isolierband. In der Ecke stand die Duftquelle, die trotz Ermahnungen nicht rechtzeitig gesäubert worden war.

Die Kinder lagen vor dem Sofa und riefen lockend nach den bockigen Mäuschen. Diese wollten es nicht einsehen, dass sie in den stinkenden Käfig gesperrt werden sollten, nur weil Besuch kam. Der Vater stocherte von der Seite mit dem Besenstiel in die Ecke, um die Tiere nach vorne zu scheuchen.

Die Mutter seufzte, die Großmutter strahlte: "Irgendwann holt die Vergangenheit jeden ein, nicht wahr? Jetzt bist wirklich du dran mit Käfigputzen."

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