Kolumne: Die Paar Probleme (4):Sie macht Karriere, er macht sie runter

Die Frau ist erfolgreich und viel unterwegs, der Mann ist arbeitslos und setzt sie herab. Ein Gespräch über Teamgeist in der Partnerschaft.

Violetta Simon und David Wilchfort

Manchmal braucht die Liebe Unterstützung, das gilt auch - oder gerade - für "alte Hasen". Der Paartherapeut David Wilchfort und die sueddeutsche.de-Redakteurin Violetta Simon suchen im gemeinsamen Gespräch Antworten auf Beziehungsfragen unserer Leser - und zwar immer für beide Partner.

Die Paar Probleme;

Warum er sich nicht für sie freuen kann? Weil sie ihn nicht lässt.

(Foto: Foto: iStockphotos)

Diese Woche erreichte uns folgendes Schreiben:

Eva, 48, Innenarchitektin: Mein Mann macht sich in der Öffentlichkeit über mich lustig und untergräbt meine Glaubwürdigkeit. Oft fragt er mich: Bist du sicher, dass du dir so ein enges Kleid leisten kannst? Es mag komisch klingen, aber ich fühle mich gemobbt. Dabei sollte er eigentlich stolz auf mich sein: Seit mein kleines Unternehmen endlich läuft, sorge ich für den Unterhalt - mein Mann ist arbeitslos.

Adam, 47, Pharmavertreter: Seit meine Frau diese Firma gegründet hat, geht sie in ihrem Beruf voll auf. Sie arbeitet selbst am Wochenende, daheim bleibt alles liegen, und ich kann mich um den Haushalt kümmern. "Du bist doch sowieso zu Hause", sagt sie. So habe ich mir das nicht vorgestellt, als wir vor acht Jahren geheiratet haben. Irgendwie ist alles verkehrt. Wird Zeit, dass ich wieder einen Job finde - dann hört das hoffentlich auf.

sueddeutsche.de: Herr Wilchfort, diesem Paar scheint es an gegenseitiger Anerkennung zu mangeln, was denken Sie?

Wilchfort: Das kann man so sagen. Ich würde es jedoch gerne anders ausdrücken: Den beiden fehlt es an Anerkennung ihrer Beziehung. Sie begreifen nicht, wie sehr in einer befriedigenden Partnerschaft jeder für das Wohlgefühl beider verantwortlich ist. Jeder sieht nur sich in seinen Bedürfnissen, aber keiner, was die Beziehung braucht.

sueddeutsche.de: "Was die Beziehung braucht "- das klingt, als wäre sie ein eigenständiges Wesen. Die Beziehung, das sind doch die beiden, oder etwa nicht?

Wilchfort: Das Zusammenspiel in einer Beziehung als eigenen Punkt zu sehen, ist tatsächlich ein nützliches Konzept. Nehmen wir ein Beispiel: Bei einem Tennisspiel gibt es die zwei Spieler - und das Spiel. Es ist wie ein eigenständiges Wesen mit individuellen Eigenschaften, es kann spannend oder langweilig sein, ausgewogen oder ungleich. Genauso ist eine Beziehung ein drittes Wesen, das durch die Partner entsteht.

sueddeutsche.de: Aber dann wären Adam und Eva ja nur Randfiguren in diesem Spiel?

Wilchfort: Im Gegenteil. Das Spielerpaar ist verantwortlich für die Qualität des Spiels. Beide müssen die Fähigkeit des anderen berücksichtigen, das heißt: eigene Stärken nutzen, um den Partner zu stärken. Und: eigene Schwächen zeigen, damit der Partner sie optimal ausgleichen kann. Das hat unser Paar leider nicht verstanden. Sie spielen immer noch gegeneinander und nicht miteinander.

sueddeutsche.de: Kein Wunder, sie befinden sich ja auch in verschiedenen Sphären. Man hat sogar den Eindruck, sie befinden sich - um in Ihrem Bild zu bleiben - noch nicht einmal auf demselben Platz.

Lesen Sie auf der nächsten Seite weiter ...

Wilchfort: Genau! Sie spielen auf benachbarten Courts und werfen sich böse Blicke zu. Manchmal wird ein hartgespielter Mobbingball abschätzig auf den anderen Platz geknallt, doch daraus ergibt sich kein befriedigendes Zusammenspiel. Aus den verletzten Klagen der beiden höre ich aber auch einen Wunsch heraus: "Komm auf mein Feld und spiele ein faires Spiel mit mir!"

sueddeutsche.de: Da gibt es nur ein Problem: Die Fronten scheinen ziemlich verhärtet zu sein. Sie kann ja schließlich nicht ihre Firma schließen und die Hausfrau spielen, nur um sein Ego zu ...

Wilchfort: ... da muss ich Sie jetzt unterbrechen. Die Art von Ausreden höre ich öfter von Paaren. Viele argumentieren nach dem Motto: Wenn man nichts tun kann, muss man auch nichts tun. Ich finde, die beiden sollten auf die Suche gehen: "Was würde uns helfen, das Zusammenspiel harmonischer zu gestalten - unter Berücksichtigung unserer realen Lebensbedingungen?" Okay, da gehen einige Dinge nicht: Die Firma aufzugeben, ist natürlich zu viel verlangt. Aber zu sagen: "Sorry, da geht nichts", wäre mir ein bisschen zu früh.

sueddeutsche.de: Wenn ich Sie richtig verstehe, befinden sich die beiden, sobald sie sich auf die Suche nach einer Lösung machen, auf demselben Feld. Haben Sie auch einen konstruktiven Vorschlag, wie sich das Paar dort die Bälle zuspielt, ohne sich gleich abzuschießen?

Wilchfort: Wenn ich Eva sagen höre: "Er sollte eigentlich stolz sein auf mich", dann frage ich mich, was sie dafür getan hat, dass er auch dazu in der Lage wäre? Wie sehr hat sie ihn teilhaben lassen an ihrem Erfolg? Hat sie ihm ihr Glücksgefühl so gezeigt, dass er es auch spüren konnte? Dass er sehen konnte: Es macht sie glücklich, ihr Glück mit mir zu teilen.

sueddeutsche.de: Sie hat eben aus Rücksicht darauf verzichtet. Damit er sich nicht als Versager fühlt.

Wilchfort: Diese Art Rücksicht ist deplatziert.

sueddeutsche.de: Dann würden Sie kein Eisernes Kreuz für ihr selbstloses Schweigen vergeben? Ist sie am Ende selbst schuld?

Wilchfort: Natürlich liegt es auch an Adam, ob das gemeinsame Freuen klappt. Wie sehr hat er sich beispielsweise in Postition gebracht, um ihre Glücksbälle aufzufangen und sie nicht an den Kopf geworfen zu bekommen? Genauso muss das Zusammenspiel laufen, um Enttäuschungen zu vermeiden.

sueddeutsche.de: Ich vermute, mit diesem sportlich-blumigen Bild wollen Sie sagen: Er hätte mehr Interesse zeigen können, statt ihr den Erfolg übelzunehmen.

Wilchfort: Äh ... ja.

sueddeutsche.de: Klingt überzeugend. Vielleicht sollten wir uns mit dieser Botschaft direkt an ihn wenden ...

Wilchfort: Ich würde zu Adam sagen: "Es reicht nicht zu klagen: 'So habe ich mir das nicht vorgestellt', die Versagensgefühle müssen auf eine Weise kommuniziert werden, die bei Eva nicht als Vorwuf ankommt."

sueddeutsche.de: Allerdings stelle ich es mir nicht gerade einfach vor für einen Mann, zu sagen: "Ich fühle mich mies neben dir, weil du so erfolgreich bist. Aber mach dir deswegen keine Gedanken!"

Wilchfort: Ich habe auch nie behauptet, dass es einfach ist. Ich sage nur: Immer sind beide für den konstruktiven Umgang in ihrer Beziehung verantwortlich. Was zählt, ist miteinander im Spiel zu bleiben - egal, ob der Ballwechsel in euphorischer Höhe oder niederen Ebenen verläuft.

Haben auch Sie und Ihr Partner ein Problem, das Sie uns gerne - jeder aus seiner Perspektive - mitteilen möchten? Schreiben Sie uns per E-Mail an leben@sueddeutsche.de. Beachten Sie bitte, dass nur Zuschriften beantwortet können, in denen beide Partner ihr Anliegen formulieren. Die Besprechung erfolgt anonym, für eventuelle Rückfragen benötigen wir eine gültige E-Mail-Adresse.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: