Es ist ein aufgeregtes Glucksen vor dem Schloss, als der Hut mit der Königin darunter in diesem sehr langen Gefährt herbeirollt und der Schuh den roten Teppich berührt. Der Hut muss festgehalten werden, denn es bläst, als der Schlossherr die Königin empfängt, auf der einen Seite ins Bellevue geleitet und auf der anderen Seite wieder hinaus.
Dort wird sie sich hinunterbeugen zu blonden Kindern, die frieren und mit Fähnchen wedeln. Ob sie in Berlin zur Schule gehen, will die Königin wissen. Nicken. Ob sie mal wieder heimkommen in die Niederlande. Nicken. "Eine Frau mit Ausstrahlung", werden die Mütter sagen, die vor dem Präsidialamt in Berlin auf die Kinder warten, die drinnen ihre Königin begrüßen. "Eine intelligente Frau", und "nicht nur schöne Kleider".
Ein Programm mit dezentem Decrescendo
Königin Beatrix ist aus den Niederlanden nach Deutschland gekommen, mit Kronprinz Willem-Alexander und seiner Gemahlin Máxima, die das enorme rosa Gebilde auf ihrem Kopf auch während des Mittagessens mit der Kanzlerin nicht abnehmen wird. Vier Tage lang wollen die Hoheiten das "neue Deutschland" besichtigen, von der Hauptstadt über Dresden nach Düsseldorf und Essen reisen, ein Programm also mit dezentem Decrescendo.
Beatrix soll ja Sinn fürs echte Leben haben und ihre Visiten mit großer Sachkenntnis vorbereiten. In Berlin will sie also gleich mal nach Neukölln, wenn das Programm mit den Wulffs und Merkels absolviert ist und die Reise auf den Fernsehturm mit Klaus Wowereit.
Ein Staatsbesuch ist das, der schon im Vorfeld für Aufregung sorgte. Als Beatrix zuletzt nach Berlin kam, 1991, stahl ihr ja Hape Kerkeling die Show. Er rauschte, aus einer Karosse winkend, vors Schloss und streckte sein Hütchen den Hofdamen ins Gesicht, um zu erklären, jetzt sei es aber Zeit für "lekker Mittagessen".
Die Protokollmeister haben sich diesmal also Mühe gegeben, jedem Malheur vorzubeugen. Weshalb beim Staatsbankett am Mittwoch der Stuhl von Johannes Heesters frei bleibt, genauer gesagt: Man hat den Stuhl entfernt.
Dem Protokollchef des Auswärtigen Amtes, der die Gästeliste erstellte, war offenbar verspätet aufgefallen, dass der Bühnenkünstler Heesters, 107 Jahre alt, in seiner Heimat nicht so geschätzt wird. Zum einen, weil der gebürtige Niederländer im Dritten Reich Karriere machte und der Wachmannschaft im KZ Dachau 1941 ein Ständchen gebracht haben soll. Heesters bestreitet das, er sei nur so im KZ gewesen, quasi als Tourist. Leider hat er Adolf Hitler im Fernsehen noch einen "netten Mann" genannt. Das soll ihn jetzt den Platz an der königlichen Tafel gekostet haben und beinahe den Lebensmut. Heesters wurde ausgeladen, der Saal sei zu voll.
Seine Frau habe ihm "diese Unverschämtheit nicht 1:1 weitergeben" können, sagte Heesters' Agent. "In seinem Alter sind solche Nachrichten ja nicht mehr so leicht zu verkraften." Ein schwermütiger Sänger auf dem roten Teppich? Das wäre nicht im Sinne der Königin.