Kino:Komm doch heim!

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Der neue "Heidi"-Film ist wie eine Zeitreise zurück ins Jahr 1880. Solche Dreharbeiten sind spannend - und sehr aufwendig. Denn heute sieht es nirgends mehr so aus wie damals.

Von Kathleen Hildebrand

Hohe Berge, Zicklein und frische Milch - daran denkt jeder, der den Namen "Heidi" hört. Die Bücher von Schriftstellerin Johanna Spyri beschreiben die Schönheit der Alpen und die Freiheit, die Heidi und ihr Freund, der Geißenpeter, auf der Alm erleben. Auch in den Filmen, Serien und Musicals, die aus den Heidi-Büchern gemacht wurden, sieht man immer wieder: Berge, Zicklein, frische Milch.

Am 10. Dezember kommt nun ein neuer "Heidi"-Film in die Kinos. Und der soll noch etwas anderes über die Menschen in den Bergen zeigen. "Das Leben in diesen Gegenden war Ende des 19. Jahrhunderts brutal", sagt der Schauspieler Bruno Ganz, der im Film den Almöhi spielt. Die Menschen waren arm und mussten sehr hart arbeiten, um im kalten Bergwinter zu überleben.

Damit man das auch sieht, musste das Filmteam sehr viel Dreck machen. Denn die Häuser in dem kleinen Schweizer Dorf Latsch, wo einige "Heidi"-Szenen gedreht wurden, waren viel zu sauber. Das Filmteam strich deshalb ihre Wände bräunlich an - damit sie aussahen wie im Jahr 1880, als die Schweiz noch ein armes Land war, in dem sich niemand neue Farbe für sein Haus leisten konnte. Nach den Dreharbeiten konnte man die Farbe leicht wieder abwischen. Nur die Dächer der Häuser waren ein Problem: Sie alt aussehen zu lassen, wäre zu teuer gewesen. Deshalb wurden sie später am Computer bearbeitet.

Anuk Steffen spielt Heidi

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(Foto: Studiocanal Deutschland)

Für die Rolle der Heidi musste Anuk, 9, sich erst einmal von ihren Haaren trennen. Weil das in der Natur praktischer ist, trägt Heidi ihre dunklen Locken im Buch kurz. Das wusste Anuk aus dem Fernsehen: Bevor sie selbst zu Heidi wurde, kannte sie schon die japanische "Heidi"-Zeichentrickserie. Anuks dunkelblonde, schulterlangen Haare mussten also gefärbt und abgeschnitten werden. Aber Anuk, die in der Schweizer Stadt Chur zur Grundschule geht, hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon gegen 500 andere Bewerberinnen für die Rolle von Heidi durchgesetzt. Weil sie so fröhlich und natürlich war, wählten der Regisseur und Almöhi-Schauspieler Bruno Ganz sie aus. Und außer den Haaren? Ist Heidi auch sonst anders als sie? "Heidi kann besser ruhig sein als ich", sagt Anuk. "Ich bin häufig überdreht. Aber wir könnten gute Freundinnen sein."

Quirin Agrippi spielt Peter

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(Foto: Studiocanal Deutschland)

In seiner Schule im Schweizer Ort Pontresina erfuhr Quirin, damals 13 Jahre alt, von dem neuen "Heidi"-Film. Es wurde ein Kind gesucht, das Heidis besten Freund Peter spielen sollte. "Meine Schulfreunde haben gesagt: Mach doch mit, du siehst doch schon aus wie der Geißenpeter!", erzählt er. Wie er die Dreharbeiten findet? "Ich dachte nicht, dass so viel gemogelt wird: Falsche Holzstücke im Feuer, falscher Schnee, falscher Regen, falscher Nebel." Und dass man die Szenen so oft wiederholen und noch mal spielen muss, das hatte er auch nicht erwartet. Richtig gut haben Quirin die Ziegen gefallen. So gut, dass er zwei von ihnen nach den Dreharbeiten mit nach Hause genommen hat. Den Sommer verbrachten sie bei einem Bauern im Nachbarort seiner Familie. Jetzt im Winter sind sie etwas weiter weg untergebracht - in einer großen Ziegenherde.

Die Ziegen

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(Foto: Studiocanal Deutschland)

In der Schweiz sagt man nicht Ziegen, sondern "Geißen". Die von Heidi und ihrem Großvater heißen Schwänli und Bärli. Schwänli, weil das weiße Fell der einen Ziege an einen Schwan erinnert - und Bärli, weil sie so braun ist wie ein Bär. Für den Film wurden Ziegen einer bestimmten Rasse ausgewählt, die es auch 1880 schon gegeben hat. Spezielle Tiertrainer kümmern sich darum, dass die Ziegen das tun, was sie in einer Szene tun sollen. Weil die Tiere störrisch sind, braucht man dafür gute Tricks. Zum Beispiel kann man sie mit einem Fässchen Salz - das schmeckt ihnen gut - oder mit Glockenklingeln locken. So lassen sie sich an den Platz führen, zu dem sie in einer Szene laufen sollen.

Künstlicher Schnee

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(Foto: WALTER_WEHNER_MUENCHEN_089/2440; Studiocanal Deutschland)

Die Szenen, die im Winter spielen, wurden nicht im Winter, sondern im Herbst gedreht. Deshalb hat ein Bühnenbildner Kunstschnee in eine Gasse des Dörfchens Latsch gesprüht. Er besteht aus Papiermehl. Das Material erinnert an ganz klein zerrissene Papiertaschentücher. Mit Wasser vermengt wird es zu Kunstschnee. Er fühlt sich an wie ein klebriges Gel. Und er klebt auch wirklich: zum Beispiel an den Häuserwänden. Für die kleine Dorfgasse wurden 500 Kilogramm "Schnee" hergestellt. Verteilt wird er mit einem Gerät, das wie ein Laubbläser funktioniert.

"Heidi" spielt außerdem in einer Zeit, in der Menschen und Tiere sehr nah zusammenlebten. Mitten im Dorf sollten deshalb mehrere Misthaufen liegen. Aus Erde und Stroh mischte das Filmteam eine Masse zusammen, die genauso aussieht wie der Mist von Tieren. Die echten Bewohner von Latsch hatten erst Angst, dass echte Misthaufen vor ihren Häusern liegen würden. Das Filmteam erklärte ihnen aber, dass die Haufen - insgesamt acht Tonnen - nicht stinken würden.

Übrigens: Die beiden Heidi-Romane der Schweizer Schriftstellerin Johanna Spyri wurden in mehr als 50 Sprachen übersetzt und weltweit mehr als 50 Millionen Mal verkauft. Damit ist "Heidi" der erfolgreichste deutschsprachige Roman.

© SZ vom 05.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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