Kinder - der ganz normale Wahnsinn:Alles so teuer hier

Kinder bekommen Taschengeld, um den Umgang mit Finanzen zu lernen. Nur ist der empfohlene Betrag zu klein für die großen Wünsche: Mit zwei Euro können die jungen Kunden weder Ritterburgen noch Elfenfiguren bezahlen. Doch für das Problem gibt es eine Lösung.

Katja Schnitzler

"Duhuuu", sagte unsere Tochter neulich und baute sich mit leicht vorwurfsvoller Haltung und sehr vorwurfsvollem Gesicht vor mir auf. "Duhuuu, die Sarah aus meiner Klasse bekommt Geld. Jede Woche. Und die Christina auch. Warum krieg ich eigentlich nichts?" Die Frage war berechtigt. Ich bat um zehn Minuten Aufschub und suchte Rat im Internet.

Tipps für die Erziehung von Schulkindern, Schülern

In der Tasche wäre noch Platz: für Süßes, für Spielzeug und für Sammelkarten. Wenn das Taschengeld dafür reichen würde.

(Foto: J. Hosse)

Dort stand, dass wir spät dran waren, zu spät eigentlich: Das Jugendamt empfiehlt Taschengeld schon im Kindergartenalter. Hoffentlich kommen keine Nachforderungen. Mit dem eigenen Taschengeld, las ich, sollte das Kind den richtigen Umgang mit Geld lernen, achtsames Ausgeben, Ansparen, Wertschätzen. Klingt gut, dachte ich, und setzte ein weiteres Erziehungsziel auf die Liste.

Acht Minuten später begannen die Verhandlungen. Weil unsere Tochter noch keinen Internetzugang hat, nutzte ich ihre Unwissenheit über Jugendamt-Empfehlungen, um ein paar Bedingungen an das künftige Gehalt zu knüpfen (Zimmer aufräumen, Tischmanieren, allgemeines Wohlverhalten). Begeistert stimmte sie allem zu und forderte die erste Rate.

Zwei Euro sollte es jede Woche geben. Weil es großzügiger wirkte, zahlte ich die Summe in zwei 50-, drei 20- und vier Zehn-Cent-Stücken aus. Neun Geldstücke auf einmal. Das Kind strahlte und eilte zum Schuhschrank. Wohin es wolle? "Na, einkaufen!" Es war Sonntag.

Der Sonntag verging langsam, sehr langsam. Unsere Tochter versuchte das Warten bis zur Öffnung der Warenwelt zu verkürzen, indem sie sich ausmalte, was sie alles mit ihrem Schatz erwerben könnte. "Ich kaufe mir eine Fotokamera!" Äääh, hör mal ... "Und vom Rest noch Kinder-Tattoos, die mit den Pferden!" Es war hart, aber wirklich an der Zeit, das Kind mit der Realität und dem wahren Wert des Geldes zu konfrontieren. Schatz, eine Fotokamera kostet nicht zwei Euro. "Weniger?" Mehr.

Das Kind war enttäuscht, es hatte sich vorgestellt, spionagegleich mit der Kamera durch die Vorgärten zu ziehen, auf der Suche nach Motiven, die die Welt noch nie gesehen hatte. Ich bekam Mitleid. Es ist nicht schön, Pläne durchkreuzen zu müssen. "Zahlst du mir den Rest?" Mein Mitleid war weg. Es war Zeit für eine Grundsatzerklärung über den Wert des Geldes, über Arbeiten für das Einkommen, über hohe Kosten für notwendige Ausgaben, über ... "Aber die Tattoos kann ich mir von meinem Geld kaufen, oder?" Wie bitte? Ach so, ja. Dafür dürfte das Geld reichen.

Für die junge Konsumentin verging ein langer Montagvormittag in der Schule, ein ewiges Sitzen am Mittagstisch (was diesmal nicht am Essen lag) und ein endlos langes Hausaufgabenmachen. Dann konnten wir los, zum Geschenkartikelladen. Ein Ort, zu dem ich das Kind sonst möglichst nicht mitnahm. Hier gab es zu viel Wünschenswertes für einen zu hohen Preis.

Ich versuchte, das Kind gleich zur Kasse zu drängen, dort gab es die Tattoos. Doch es entkam mit einem angetäuschten Schritt nach rechts und einer schnellen Drehung nach links. "Komm schnell! Ich hab da was entdeckt!" Ach, wirklich? Ich auch, da vorne, die Tattoos! "Nein, nein, schau doch, das wollte ich schon immer haben!" Ich wusste nicht, dass "immer" nur zwei Minuten dauern kann.

"So geizig!"

Schon immer wollte sie ein Einhorn haben, mit Blumenranken bemalt, auf dem Rücken eine noch blumigere Elfe mit bunten Flügeln. "Schön", hauchte das Kind. Kitschig, dachte ich und schaute nach dem Preis. Es kostete ein bisschen mehr als zwei Euro. Es kostete sechs Mal so viel. Das bedeutete fünf Wochen lang Taschengeld sparen. Eine gute Übung für das Kind.

Ich wandte mich an meine Tochter, um ihr meine Berechnungen zu erläutern. Sie hielt Elfe und Einhorn in der Hand und liebkoste die zartrosa Nüstern, streichelte über die Mähne und wirkte nicht so, als ob sie vorhatte, fünf Wochen auf diesen Schatz zu warten. Ich hatte richtig beobachtet. "Fünf Wochen? Wie viele Tage sind das denn?" Also, wenn wir den heutigen Montag abziehen, sind das 34 Tage.

Haben Sie schon einmal Ihrem Kind zusehen müssen, wenn aus großer Freude große Enttäuschung wird? Das ist nicht schön. Aber wer hat gesagt, dass Erziehung Spaß macht? Und wer mag schon eine Vorstadtgöre, der jeder Wunsch von den Augen abgelesen wurde und die das volle Verwöhnprogramm auch für ihr künftiges Leben erwartet? Eben. Also standhaft bleiben! Das Erziehungsziel nicht aus dem Blick verlieren!

"Duhuuu, und wenn ich ganz, ganz brav bin und die Hausaufgaben immer ganz schnell mache? Zahlst du mir dann ...?" Schatz, das geht nicht. Wenn dein Geld nicht ausreicht, musst du eben sparen. Oder dir etwas Billigeres aussuchen. Der Blick senkte sich auf Elfe und Einhorn, die Unterlippe zitterte, eine alte Frau neben uns warf mir einen bösen Blick zu, der sagte: "So etwas Geiziges habe ich noch nie erlebt, das arme Kind!" Ich verzichtete darauf, ihr mein jugendamtlich abgesegnetes Erziehungsziel zu erklären und konzentrierte mich auf meine Tochter.

Die stellte langsam, sehr sehr langsam das Einhorn zurück ins Regal, setzte die Elfe darauf. Da leuchtet ihr Gesicht wieder auf. "Und nur das Einhorn?" Drei Wochen sparen. "Nur die Elfe?" Zwei Wochen. "Ein Baby-Einhorn?" Ebenfalls zwei Wochen.

Schließlich standen wir an der Kasse. Vor den Tattoos. Lustlos drehte die enttäuschte Erstkonsumentin am Gestell und zog ein Blatt mit Pferdemotiven heraus. Dann zählte sie die Münzen ab. Es blieben zwei Zwanzig-Cent-Münzen übrig. "Und was mach ich jetzt mit denen?", fragte sie grantig. Sparen für das Einhorn? Schweigend schob sie die Münzen in ihren Geldbeutel zurück.

Plötzlich richtete sie sich auf, kerzengerade, und rief: "Ich wünsche mir das Einhorn und die Elfe einfach zu Weihnachten. Da kosten sie gar nichts. Weil das Christkind sie bringt."

Wie viel Taschengeld sollen Kinder bekommen und was sollten sie davon zahlen müssen? Konsumexpertin Kirsten Schlegel-Matthies weiß, wie Kinder ein gutes Verhältnis zum Geld entwickeln. Von alleine geht das nicht.

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