Karel-Gott-Museum:Der Elvis von Jevany

Platten, Glitzerkostüme, Küche mit Fettflecken: Karel Gott will sich mit einem Museum unsterblich machen

Klaus Brill

Es ist schon eine Weile her, dass Karel Gott für einen Stundenlohn von 4,73 tschechischen Kronen arbeiten musste - 17 Eurocent sind das nach heutigem Kurs. Aber damals, 1958, herrschten andere Verhältnisse. Den Euro gab es noch nicht, die Tschechoslowakei war fest im kommunistischen Sowjetblock integriert, und der 19-jährige Karel Gott war als Elektriker im Maschinenbaukombinat CKD Stalingrad in Prag beschäftigt.

Die Ausbildung zum Operntenor und den Aufstieg zum internationalen Schlagerstar hatte er noch vor sich. Drum ist die maschinengeschriebene Lohnliste aus der Frühzeit des Unterhaltungskünstlers heute ein Kuriosum, das ins Museum gehört. Dort hängt es auch: an einer Wand in jener Villa, die Karel Gott vor Jahren in Jevany, einem Prominentendorf südlich von Prag, besaß.

Das Haus trägt heute den Namen Gottland, ist am Eingang mit der Nachbildung einer goldenen Schallplatte bestückt und macht schon im Namen nicht zufällig eine Anleihe bei Graceland, der Villa des legendären Amerikaners Elvis Presley in Memphis, Tennessee. Auch drei Jahrzehnte nach dessen Tod ist Graceland noch ein Magnet für die Fans und ein Gehäuse der Erinnerungen an seine große Zeit.

Bäder, Sauna und Pool

Ähnliches hat der Prager Immobilienkaufmann Jan Motovsky mit Karel Gott im Sinn, der diese Würdigung aber schon zu Lebzeiten erfährt. Motovsky kaufte Gott das dreistöckige, hellgelb gestrichene Gebäude am Ortsrand von Jevany ab und eröffnete es vor einem Jahr unter der Mitwirkung des geschmeichelten Sängers als eine Pilgerstätte für dessen Anhänger.

Sie erfahren dort, dass Gott auf 200 Quadratmetern mit mehreren Wohnzimmern und Bädern nebst Sauna und Pool lebte. Er schätzt Antiquitäten, sammelt Armbanduhren, malt Bilder und isst gern gut. Die Küche weist eigenhändig produzierte Fettflecken aus, und im Schlafzimmerschrank hängen etliche seiner glitzernden Bühnenroben, wenngleich die 1927 von einem Prager Fabrikanten erbaute Villa nach dem Erwerb durch Karel Gott im Jahre 1969 weit stärker von dessen Eltern als von ihm selber genutzt wurde. Der Meister hat ein zweites, nicht weniger komfortables Domizil in Prag.

In Jevany ist er mit einer Unzahl von Plattencovern und Auszeichnungen präsent, die seine Laufbahn als einer der bekanntesten Tschechen der Gegenwart beleuchten. Etwa 15 Millionen Schallplatten und CDs hat er allein in der Heimat verkauft, mindestens ebenso viele im Rest der Welt, er singt in 15 Sprachen. Größte Bedeutung hatte von Anfang an die deutschsprachige Nachbarschaft, weshalb in Jevany ein wenig Enttäuschung herrscht, dass deutsche Fans bisher nicht in der erhofften großen Zahl aufkreuzen.

In Deutschland hat Karel Gott immerhin mehr als 80 Alben aufgenommen, und in diesem Jahr sind es schon 40 Jahre, seit er dort erstmals die Bühnen und Fernsehshows betrat als der nette junge Mann mit der ,,goldenen Stimme aus Prag'', von Kollegen stets als hochprofessionell, fleißig und ehrgeizig beschrieben. Seine Lieder wurden Evergreens, von "Biene Maja" über die Leitmelodie aus "Dr. Schiwago" bis zu "Lady Carneval" oder "Babicka".

Dabei verlief sein Leben nicht ohne Brüche. Zu Zeiten des kommunistischen Regimes genoss Karel Gott als Devisenbringer Reisefreiheit und Einkünfte wie wenige andere Tschechen. Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 blieb er eine Zeitlang außer Landes, kehrte aber wieder zurück. 1977 gehörte er zu jenen Künstlern, die auf Druck des Regimes die Dissidenten der "Charta 77" um den Dramatiker Vaclav Havel öffentlich attackierten und verunglimpften, 1989 aber lud er die Verfemten schon vor der November-Revolution zur Feier seines 50. Geburtstags ein.

Der Elvis von Jevany

Hunderte von Liebschaften

In den Tagen des Umbruchs sang er dann auf dem Wenzelsplatz den Zehntausenden Demonstranten die Nationalhymne vor. Dennoch zog er noch 2003 bei der Abschiedsgala für den scheidenden Präsidenten Havel heftige Kritik auf sich: Dissidenten wie der Liedermacher Jaroslav Hutka blieben wegen Gotts Mitwirkung dem Ereignis fern.

Kurz nach der Wende hatte Gott zunächst den Rückzug von der Bühne erwogen, doch die ungebrochene Anhänglichkeit der heimischen Fans bewog ihn zum Bleiben. Nach wie vor wählten sie ihn zur "goldenen Nachtigall", 2005 erlangte er diesen Titel als Sänger des Jahres zum 31.Mal seit 1963 - ein kaum schlagbarer Rekord. Im Fernsehen wurden jüngst mehrere Shows aus der Zeit vor 30 Jahren wiederholt.

Dabei kennt man Karel Gott in seiner Heimat auch als Jazz- und Country-Interpreten, nicht nur als romantischen Tenor. Und auch als Freund der Frauen, der nicht dementiert, wenn die Boulevardpresse ihm Hunderte von Liebschaften nachsagt. Auf seinen Gemälden stellt er gern bloße Busen vor, auch Mona Lisa zeigt sich bei ihm weit freizügiger als bei Leonardo da Vinci, und auf dem Brief eines Fans im Hause Gottland ist auch ein hingehauchter Kussmund zu sehen.

Der heute 68-jährige Karel Gott war nie verheiratet, hat zwei uneheliche Töchter und lebt mit der 36 Jahre jüngeren Ivana Machackova zusammen, mit der er drei Töchter hat, die kleinste kam 2006 zur Welt. "Sie ist die erste Lebensgefährtin, die einen Schlüssel von meinem Haus hat", sagte er jüngst der Deutschen Presseagentur. An Heirat denkt er nicht. "Ich glaube einfach, dass die Flamme erlischt, wenn Liebe amtlich ist."

Mitunter spielt er allerdings mit dem Gedanken, sich ins Privatleben zurückzuziehen - um das Familienleben voll auszukosten, wie er sagt. Auch scheint ihn das Showgeschäft zu strapazieren. "Meine naive Vorstellung war, dass ich ab einem bestimmten Alter nur noch die Crème de la Crème mache. Schöne Galas mit Bigband, aber nicht mehr tingeln. Pustekuchen."

Erst vor kurzem hat Gott eine neue Version seines Lieds von der "Biene Maja" eingesungen. Und mit dem Gottland-Unternehmer Jan Motovsky vereinbarte er eine umfassende Vermarktung seines Namens. Vorige Woche eröffnete Motovsky in Prag ein Restaurant namens "Gott Gallery". Im Erfolgsfall soll dergleichen auch in anderen tschechischen Städten und in Deutschland versucht werden.

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