Japans Thronfolger Naruhito:Der scheue Kronprinz

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Wenn sich Japans Kronprinz in der Vergangenheit in der Öffentlichkeit äußerte, dann aus Liebe zu seiner Frau. Ansonsten gilt Naruhito als zurückhaltend - nur selten verlässt er den kaiserlichen Palast. Nun besucht der schüchterne Royal Deutschland.

Christoph Neidhart, Tokio

Warm und liebenswürdig, reserviert, zögerlich und bescheiden: Der japanische Kronprinz Naruhito, der an diesem Dienstag Berlin besucht, hat viele Attribute, die ihn den Japanern sympathisch machen. Nur eines strahlt der 51-Jährige nicht aus: Macht und Bestimmtheit.

Nur selten gewährt das japanische Kronprinzenpaar Einblick in sein Privatleben: Kronprinz Naruhito mit seiner Frau Masako und Tochter Aiko. (Foto: AP)

Macht hat das Kaiserhaus formal auch keine. Anders als in den meisten modernen Monarchien ist Naruhitos Vater, Kaiser Akihito, nicht einmal das nominelle Staatsoberhaupt Japans, sondern bloß das "Symbol des Staates und der Einheit des Volkes", wie es in der japanischen Verfassung seit 1946 heißt.

Die Kaiserfamilie im Katastrophengebiet

Das Kaiserliche Hofamt, eine der konservativsten Behörden des Landes, gewährt den Kaiserlichen nur minimale Bewegungsfreiheit. Für Naruhito dürfte der dreitägige Berlin-Besuch also eine willkommene Abswechslung sein. Anlass seiner Reise ist das Jubiläumsjahr "150 Jahre Freundschaft Deutschland-Japan 2011", für das er gemeinsam mit Bundespräsident Christian Wulff die Schirmherrschaft übernommen hat.

In den vergangenen Monaten hat der scheue Kronprinz - wie auch seine Eltern, Kaiser Akihito und Kaiserin Michiko - mehrmals Not-Unterkünfte für Opfer von Tsunami und Nuklearkrise besuchte.

Auf einigen Besuchen in der Katastrophen-Region begleitete ihn Kronprinzessin Masako, die über Jahre kaum öffentlich auftrat, deren Schicksal die (in Japan zurückhaltenden) Schlagzeilen über das Kaiserhaus gleichwohl dominierte. Masako Owada, eine polyglotte Diplomatin mit Harvard-Diplom, wurde schon anlässlich ihrer Hochzeit mit Naruhito von der Presse als "Prinzessin wider Willen" bezeichnet.

Sie dürfen nicht einfach mal hinaus, sie haben keinen Führerschein, keine Mobiltelefone - nicht einmal einen Nachnamen. Das stürzte Masako in eine Depression, von der sie in den letzten Jahren nur allmählich genesen ist. Naruhito nimmt daher die meisten offiziellen Aufgaben allein war.

Der Druck, einen männlichen Thronfolger zu gebären

Masako stand zusätzlich unter Druck, weil das Hofamt und Japans Konservative von ihr erwarteten, einen männlichen Thronfolger zu gebären. Doch ihr einziges Kind ist ein Mädchen, die heute neunjährige Aiko. In öffentlichen Auftritten wich Naruhito mehrmals vom vorgeschriebenen Skript des Hofamts ab und bat um Verständnis für seine Frau.

Japan hatte in seiner Geschichte mehrere Kaiserinnen, der frühere Premier Koizumi versuchte eine Gesetzesreform, die es Aiko erlaubt hätte, einmal Kaiserin zu werden. Doch 2006 gebar Prinzessin Kiko, die Frau von Naruhitos jüngerem Bruder Akishino, einen Sohn - und die Gleichberechtigung auf dem Thron wurde eiligst ad acta gelegt. Nachfolger von Naruhito soll dereinst sein Neffe werden.

Naruhito studierte Geschichte an der Universität Tokio und verbrachte zwei Jahre in Oxford. Er spielt Bratsche und wandert gern. In den letzten Jahren machte er den Schutz der weltweiten Wasserreserven zu seinem Anliegen.

Seine wichtigste Aufgabe aber ist das Warten auf den Tag, an dem er den Chrysanthemen-Thron besteigt.

© SZ vom 21.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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