"Dog Wash" in Tel Aviv:Einmal Vollwäsche mit Flohspülung, bitte!

Tel Aviv ist die Welthauptstadt der Hunde, sie haben eigene Parks, einen eigenen Strand und können zur Akupunktur gehen. Fehlt nur ein Ort, um sich herausputzen zu lassen - bis jetzt.

Von Peter Münch

Reinlichkeit ist eine Tugend, doch für Ozzy und Mika ist sie eher eine Zumutung. In aller Öffentlichkeit sollen sie in diese chromglänzende Wanne steigen? Sollen sich anketten und dann abduschen lassen? Sollen das ganze Programm ertragen: waschen, legen, föhnen? Und dann noch die Floh- und Zeckenspülung?

Es sind existenzielle Fragen, die hier aufgeworfen werden im "Dog Wash", der Hundedusche mit Selbstbedienung auf der Tel Aviver King-George-Street. Doch Ozzy und Mika haben ausnahmsweise keine Wahl, wenn ihr Herrchen entscheidet, dass sie wieder "ein gesundes und leuchtendes Fell" brauchen, wie es diese weichgespülte Bedienungsanleitung verheißt. Alles inklusive in nur acht Minuten und für nur zwanzig Schekel - unschlagbar schnell, praktisch und billig.

Hunde? New York und Frisco sind da keine Konkurrenz

Also, Augen zu und durch, und Ohren anlegen wäre auch nicht schlecht. Nif Rosenthal schnappt sich mit seinen kräftigen, tätowierten Armen als Erstes seine Labrador-Hündin Mika. Sie ist gutmütig und gelassen, alles geht glatt. Dann kommt Ozzy an die Reihe, der Berner Sennenhund. Er sträubt sich, er schüttelt sich, er zerrt an der Kette. Vielleicht weiß er ja nicht, wie gut er hinterher duftet draußen auf den Laufstegen, die diese Stadt ihren Hunden bietet.

Der Selbstbedienungs-Waschsalon ist die neueste Attraktion für Mensch und Tier in einer Metropole, die sich gern die "Hundehauptstadt der Welt" nennt. 80 000 Hunde soll es in Tel Aviv geben bei 400 000 Einwohnern (natürlich sind nicht alle registriert, der Steuer wegen). Im fernen Amerika erheben zwar auch noch New York und San Francisco Anspruch auf den Hauptstadt-Titel, aber die sind aus hiesiger Sicht wie immer keine Konkurrenz, die sollen also das Beinchen ruhig mal unten lassen.

Alles für den Hund - von Akupunktur bis App

Hunde, so viel ist klar, würden sowieso Tel Aviv wählen mit seinem unschlagbaren kulturellen Angebot: 60 Hundeparks gibt es hier mit Sand und Klettergärten. Obendrein einen eigenen Hundestrand, der im Norden der Stadt direkt zwischen dem Schwulenstrand und dem Strand für Ultra-Orthodoxe liegt. Die tiermedizinische Betreuung bis hin zur Akupunktur ist vorbildlich. Vor allem aber verbindet die Menschen in dieser Stadt eine Affenliebe zu den Hunden. Sie werden gehätschelt und geknutscht, sie müssen nirgends draußen bleiben, und wer als Passant nicht akzeptiert, dass sie nur spielen wollen, der soll das gefälligst seinem Therapeuten erzählen und sonst keinem.

Hunde sind die wahren Herren dieser Stadt, und weil sie meist mit den ihnen anvertrauten Menschen in engen Wohnungen ohne Gärten leben müssen, ist ihr natürliches Habitat eine elegante Straße wie der Rothschild-Boulevard. Bei Tag und Nacht kommt es hier zur Rudelbildung, und während die Hunde sich vergnügen, haben auch Herrchen und Frauchen Gelegenheit, sich kennenzulernen. Für Singles ist ein Hund in Tel Aviv anerkanntermaßen besser als jede Partnerbörse im Internet. Und der neueste Hit unter Hundefreunden ist eine - natürlich in Tel Aviv entwickelte - Smartphone-App namens Dogiz. Sie gibt nicht nur an, wo welche Serviceleistung zu finden ist. Sie zeigt auch in Echtzeit, wo welcher Hund samt Anhang gerade herumtollt.

Im Durchschnitt kommen 45 Kunden am Tag, bis in die Nacht

"Dog Wash" also war die perfekte Geschäftsidee in einer Stadt, die schon lange auf den Hund gekommen ist. Schimon Avrami, dem der Laden gehört, hat die Idee aus Australien importiert - und aus Down Under auch gleich die Maschinen geordert. Fast 30 Jahre hat er in Brisbane gelebt. "Dort gibt es in jedem Car Wash auch einen Dog Wash", sagt er. "In Israel aber bin ich der Erste gewesen." Er freut sich über regen Zulauf. Im Durchschnitt kommen 45 Kunden am Tag - und oft auch in der Nacht. Denn Dog Wash hat, was in Tel Aviv Ehrensache ist, natürlich rund um die Uhr geöffnet.

"Das ist überhaupt das Beste daran", sagt Nif Rosenthal. Weil er, wie so viele in dieser Stadt, sein Glück als Start-up-Unternehmer versucht, hat er grundsätzlich wenig Zeit und einen ungeregelten Rhythmus. Und wenn er Zeit hat, dann ist er gern draußen mit seinen Hunden. Auf einem dieser Streifzüge durchs innerstädtische Revier mit Ozzy und Mika hat er den wundersamen Waschsalon entdeckt: "Früher habe ich das zu Hause gemacht, das hat Stunden gedauert und alles war dreckig." Nun wird die Hundekörperpflege im Vorbeigehen erledigt, manchmal auch zwei Mal die Woche. "Wir waren erst vor ein paar Tagen hier, aber dann hatte Ozzy Durchfall", sagt er und striegelt seinem Hund liebevoll das Fell. Draußen wartet die Welt auf Ozzys großen Auftritt.

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