Hunde im britischen Königshaus:Tier royal

Lesezeit: 3 min

Nirgendwo haben es Köter besser als im britischen Königshaus - ein Bildband gibt erstaunliche Einblicke in das höfische Hundeleben.

Claudia Fromme

Als Maria Stuart 1587 zum Schafott lief, ging sie diesen Weg nicht allein. Unter ihren wallenden Unterröcken trippelte, unentdeckt von der geifernden Meute, ein kleiner weißer Hund. Der Kopf rollte, der Mob brüllte, und als der Scharfrichter die Leiche wegschaffen wollte, entdeckte er das Tier, das treu an der Seite seiner Gebieterin ausharrte.

Elisabeth II. und ihr allererster Corgi. Susan war ein Geschenk zu ihrem 18. Geburtstag. (Foto: Foto: Elisabeth Sandmann Verlag)

Der Henker zog den Kläffer weg, doch der kleine Freund rannte zurück zur kopflosen Königin. Solch Loyalität erweichte das Herz des Henkers, und statt ihn zu töten, schenkte er den Hund einer französischen Prinzessin, die ihn außer Landes brachte.

Eine Fußnote der Geschichte nur, aber sie illustriert gut, welchen Stellenwert ein Hund bei Hofe hat. Es galt, sich nicht mit Menschen außerhalb der Paläste einzulassen, zu groß die Gefahr des Geheimnisverrats und der Vermengung mit dem Plebs. Weil sie auch drinnen nicht jedem trauen konnten, suchten sich die Hoheiten Gefährten, mit denen sie alles teilen konnten, auch das Bett.

So kam der Adel auf den Hund. Devot vom Wesen, ergeben bis in den Tod. Eigenschaften, die ja nicht nur bei Hofe geschätzt werden, erklärte Barack Obama doch gerade in Jay Lenos Talkshow: "Wenn Du einen Freund in Washington suchst, nimm Dir einen Hund."

Die Privatsphäre von Vierbeinern

In kaum einer Monarchie ist größere Hundeliebe anzutreffen als in der britischen, selbst auf offiziellen Fotos ist fast immer ein Tier dabei. Erstaunliche Einblicke in das höfische Hundeleben liefert ein von der Queen autorisierter Bildband, der nun übersetzt unter dem Titel Königliche Hunde im Elisabeth Sandmann Verlag erschienen ist.

Eine Bedingung gleichwohl hatte die Queen für ihre Schätze aus der Royal Photograph Collection: Es dürfen keine aktuellen Fotos erscheinen. Es ist verständlich, dass sie die Privatsphäre ihrer Hunde schützen will - schließlich wird ihr nachgesagt, ein engeres Verhältnis zu Tieren zu haben als zu Menschen.

Den Grundstein für die royale Hundeliebe in Britannien legte Königin Victoria (1819-1901), kein Regent besaß eine stattlichere Schlosshundsammlung als sie: 35 Spitze, 38 Möpse, 80 Terrier und 88 Collies nannte sie ihr Eigen, dazu ungezählte Vertreter anderer Rassen.

Viele waren Mitbringsel aus fernen Ländern, Looty etwa war der erste Pekinese, der britischen Boden betreten hat. Victoria bekam ihn als Geschenk nach dem Zweiten Opiumkrieg aus China, aus Indien stammte die erste Tibetdogge namens Bout und aus Coburg brachte sie 1845 den ersten Dackel des Königreichs mit - Deckel. Ihr Lieblingsdackel war aber Waldmann VI., ein Geschenk aus Baden. Wäre er nicht 1881 gestorben, hätte er den Platz am Sterbebett der Königin eingenommen, diese letzte Ehre wurde ihrem Spitz Turi zuteil.

Alles ist eitel, auch der Hund, und so setzen britische Könige ihm Denkmäler. Es gibt Ölgemälde von schlanken Windspielen und treuherzigen Terriern, Fabergé fertigte für Edward VII. (1841-1910) Miniaturen seiner Hunde aus Chalzedon und Rubinen an. Weil ein Hundeleben nicht so lang währt wie das seines Herrn, mutet der königliche Park in Windsor mit den vielen Gräbern an wie ein mittlerer Dorffriedhof.

Den Ehrenplatz nimmt Dash, der Windhund Königin Victorias ein, die als erste Hunde begrub. Auf seinem Grabstein ließ sie einmeißeln: "Seine Zuneigung war ohne Selbstsucht, seine Verspieltheit ohne Tücke." Elisabeth II. bedenkt Sandringham Brae mit den Worten: "Ein Gentleman unter den Hunden."

Könige trauern um ihre Hunde, und Hunde um ihre Könige. Edward VII. hatte ein derart enges Verhältnis zu seinem Terrier Caesar, dass er, als der König 1910 starb, im Trauerzug hinter dem Sarg hertrippelte. Der König soll ihn besonders für sein Jagdtalent respektiert haben: Caesar tötete 100 Ratten in 5,5 Minuten. Auch Bob, der Terrier von Georg V. (1865-1936) trauerte um sein Herrchen: Als der verstarb, weigerte sich Bob zu fressen. Andere Vertreter seiner Zunft waren so untröstlich, dass sie freiwillig aus dem Leben schieden: Der Spaniel Thisbée von Marie Antoinette soll sich das Leben genommen haben, als sie in die Todeszelle ging. Die näheren Umstände sind nicht bekannt.

Hielt ein Hund bei Hofe Einzug, stieg auch seine Popularität im Volk. Königin Victoria machte Dackel und Pekinesen salonfähig, indem sie Fotos von ihnen an Bahnhöfen verkaufen ließ. Edward VIII. machte mit Wallis Simpson den Mops in den 50er Jahren wieder populär. Für die Bürgerliche dankte er 1936 ab, was dazu führte, dass die Queen Mum die Rasse unglaublich hasste. Die schwärzeste Stunde stand den Windsors da noch bevor: Das war Weihnachten 2003, als der Bullterrier Dottie von Prinzessin Anne den Lieblingscorgi Elisabeth II. zerfleischte. Bis heute steht das zwischen Mutter und Tochter.

Corgis sind der Queen heilig, seit sie ihren ersten, Susan, zum 18. Geburtstag bekam. Zudem schuf sie eine neue Rasse: den Dorgi. Der ist das Produkt einer Liaison eines ihrer Corgis mit einem Dackel aus der Nachbarschaft. Royalisten kritisierten die Straßengrabenmischung als nicht standesgemäß, die Königin rächte sich an den Rassezüchtern, deren Schirmherrin sie ist, mit einem Gemälde. Darauf ist sie flankiert von zwei Dorgis zu sehen.

Eines der eindrucksvollsten Zeugnisse royaler Hundeliebe aber fing der Fotograf Richard Avedon ein. Als er den Herzog von Windsor und Wallis Simpson zum Potraittermin traf, störte er sich an ihrer stoischen Art. Er griff zur List und behauptete, auf dem Weg habe sein Taxi einen Hund überfahren. Als den beiden die Gesichtszüge entgleisten, drückte er ab.

© SZ vom 21.03.2009/bre - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

First Pets
:Die Tiere im Weißen Haus

Die Obamas haben sich für einen Portugiesischen Wasserhund entschieden. "Bo" ist nicht das erste "First Pet" im Weißen Haus. Ein Überblick über die Haustiere der Präsidenten.

Ulrike Bretz
Jetzt entdecken

Gutscheine: