Prinzgemahle:Stets im Schatten seiner Frau

Königin Elizabeth und Prinz Philip - 70 Jahre Ehe

Seit sieben Jahrzehnten gemeinsam unterwegs: Queen Elizabeth II. und ihr Gemahl Prinz Philip.

(Foto: Matt Dunham/dpa)

Henrik von Dänemark litt daran, das Anhängsel von Königin Margrethe zu sein, Prinz Philip flüchtete sich schon immer in Sarkasmus. Über den undankbaren Job des Prinzgemahls.

Von Claudia Fromme

Als seine Frau Elizabeth auf den britischen Thron kam, recherchierte Prinz Philip umgehend. "Ich fragte mehrere Leute, was nun von mir erwartet wird", erinnert sich der Herzog von Edinburgh an jenen Februar 1952, als sein Schwiegervater George VI. starb. "Sie blickten betreten auf den Boden und traten nervös auf der Stelle", sagte er. Sie wussten es einfach nicht.

Es ist nicht so, dass es einen Mangel an Männern gegeben hätte, die mit einer Regentin verheiratet waren. Allein in der jüngeren Geschichte gab es in den Niederlanden drei Generationen in Folge, bis Willem-Alexander, Sohn von Königin Beatrix, 2013 das Zepter übernahm. Aber es gibt kein universelles Regelwerk, wie sich die Männer an der Seite einer Regentin zu verhalten haben - was nicht von Nachteil sein muss. Die Geschichte zeigt ja, dass manche Prinzgemahle sich gut darauf verstanden, das Vakuum für sich zu nutzen.

Die Rolle an der Seite einer Königin war nie einfach. In einer Welt, in der Monarchen sich von Gott berufen fühlen, in der lange das Primat der Söhne in der Erbfolge galt und Frauen vor allem Dekorum im Salon an Spinett oder Staffelei waren, muss der eingeheiratete Mann einen Schritt zurücktreten. Das kratzt am Selbstwertgefühl. Manche haben sich damit arrangiert, manche sind daran zerbrochen.

Thronfolger geben sich modern mit Frauen in H&M-Kleidern - aber der Hof ist stockkonservativ

Das fängt beim Titel an. König wird der Mann einer Königin nicht per se. Protokollarisch hat ein König in einer Monarchie einen höheren Rang als eine Königin. Das hängt mit dem historischen Vorrang männlicher Erben in der Thronfolge zusammen, auch wenn dieser nur noch an wenigen Höfen gilt. Frauen von Regenten können ohne weiteres Königin heißen, da sie sowieso als inferior gelten.

Eine interessante Ausnahme könnte Camilla, die Herzogin von Cornwall, bilden. Bereits vor der Hochzeit mit Prinz Charles 2005 erklärte der Hof, sie im Fall der Thronbesteigung ihres Gatten zur princess consort, zur Prinzgemahlin, zu ernennen, Königin oder selbst queen consort soll sie nicht sein. Weil es die zweite Ehe ist, und auch, weil es in einem Land, das Diana weiter verehrt, wohl heikel wäre.

Der Adel ist auch heute noch eine erstaunlich archaische Konserve, egal, wie modern sich Thronfolger mit ihren bürgerlichen Frauen in Kleidern von Top Shop oder H&M geben. So wendet sich die tradierte patriarchale Dominanz bei Hofe im Fall der Prinzgemahle gegen jene, die sie prinzipiell immer bevorzugt: die Männer.

Einem, dem das nie gefiel, war Henrik von Dänemark, der gerade verstorbene Mann von Königin Margrethe. Der Adelige aus einer französischen Industriellenfamilie forderte seit 1980 öffentlich den Titel des Königs, da "sogar bürgerliche Frauen durch Heirat zur Königin ernannt werden", monierte er mit einem Seitenhieb auf Nachbarin Silvia von Schweden. Er empfand es seit seiner Hochzeit 1967 als Demütigung, dass er nur den Titel Prinz führt. Gleichstellungsbeauftragte befassten sich mit der Königsfrage und kamen zu dem Schluss, dass sie außerhalb des Machtbereichs der Politik liege.

Margrethe II. schwieg dazu. Henrik forderte vieles, das seine Rolle aufwertete, etwa eine "Gewerkschaft der Prinzgemahle", in die er Prinz Philip lud, lange bevor er dement wurde. In dem Buch "Einzelgänger" von Stéphanie Surrugue räsoniert Henrik: "Mein Vater hatte recht. Er sagte damals: ,Kannst du wirklich drei Schritte hinter deiner Frau gehen?' Ich geh zwar nicht immer hinter meiner Frau, und meine Frau hält mich nicht unten. Aber in den Augen des Volkes sollte ich es tun. Grob gesagt wirkt es so, als sei ich es nicht wert, an der Seite meiner Frau zu sein."

Während Prinz Henrik zeit seines Lebens schmollte, übt sich Prinz Philip an der Seite der britischen Queen seit 70 Jahren in Sarkasmus. Kurz bevor er im vergangenen Juli seinen Rückzug aus der Öffentlichkeit bekannt gab, spottete er: "Ich bin der weltweit erfahrenste Gedenktafelenthüller." Philip hat Hunderte enthüllt, eine 1969 in Kanada mit den Worten: "Hiermit eröffne ich dieses Ding, was auch immer es ist." Einem Palastbeamten beschied er schon kurz nach der Hochzeit 1947: "Ich bin nichts als eine verdammte Amöbe bei Hof." Seine öffentlich zelebrierte Rolle des Kauzes entspricht nicht der hinter den Palastmauern, sofern man Gyles Brandreth, dem konservativen Politiker und Biografen des Herzogs von Edinburgh, folgt: "Die Queen trägt die Krone, aber ihr Ehemann hat die Hosen an", schreibt er. Philip sei der einzige Mensch, der Kritik an ihr üben dürfe.

Dutch royal couple visits Denmark

Henrik von Dänemark scherzt mit Máxima der Niederlande, die 2015 neben König Willem-Alexander und Königin Margrethe steht.

(Foto: Patrick Van Katwijk/dpa)

Philip gilt als wichtigster Ratgeber der Queen. Claus von Amsberg war es bis zu seinem Tod 2002 für die niederländische Königin Beatrix, gerade in Fragen der Beziehung zu Afrika, wo er Teile seines frühen Lebens verbracht hatte. Die Niederländer honorierten das erst später, nachdem sie ihn ob seiner deutschen Adelsherkunft zuerst mit "Claus raus!"-Rufen bedachten. Margrethe von Dänemark nannte ihren Mann Henrik "meine große Stütze".

Philip wäre vielleicht zum Flottenchef der Royal Navy aufgestiegen, für Claus und Henrik war der Weg zu hochrangigen Diplomaten vorgezeichnet. Sie waren es gewohnt, dass andere auf ihr Kommando hörten, davon mussten sie sich verabschieden - für ein Leben, das sich zudem sehr von dem ihrer Vorgänger unterschied. Die hatten immerhin die reelle Möglichkeit, durch ihre Nähe zur Königin Einfluss auf die Regierungsgeschäfte zu nehmen. In den parlamentarischen Monarchien heute geht es weniger um Macht als um Repräsentanz. Selbst beim Winken muss der Prinzgemahl also der Königin den Vortritt lassen. Dem Gatten bleibt wohltätiges Wirken in zweiter Reihe - und die Gedenktafel.

Ein Königstitel als Dekor wäre ihnen eine willkommene Geste der Anerkennung gewesen. Abwegig ist das Ansinnen nicht. Es gibt in der Geschichte einige Beispiele, bei denen es den Königstitel als Belohnung gab. Etwa, weil ein Prinzgemahl männliche Nachkommen gezeugt hatte, was seit jeher zu seiner Jobbeschreibung gehört. In Portugal war das 1837 Ferdinand von Sachsen-Coburg und Gotha, bekannt für Schönheit und Kunstsinn. An der Seite von Maria II. von Portugal wurde er ein Jahr nach der Hochzeit Vater eines Sohnes und dann Titularkönig. Macht erhielt er 1853 nach dem Tod seiner Frau für zwei Jahre als König-Regent des Landes, bis sein Sohn volljährig war. In Spanien bekam 1846 Franz d'Assisi bei der Hochzeit mit der 16-jährigen Isabella II. den Titel - ohne Machtbefugnisse.

Eine Liebesheirat am Hof war bis ins 20. Jahrhundert die Ausnahme

Eine Frau auf dem Thron galt in der erzkonservativen Welt der Monarchie immer als Sonderfall der Geschichte. Frauen von Königen fügten sich in ihre dekorative Rolle, abgesehen von den Zeiten, in denen manche von ihnen ihre Männer vertraten, wenn die sich auf Schlachtfeldern zur Verteidigung oder Vergrößerung des eigenen Reiches befanden. Souverän waren sie nicht, ihre Aufgabe war die Statthaltung.

Die Männer an der Seite einer Königin haben ihre Rolle jeweils anders ausgefüllt. Es gab die einen, die lieber fünf Schritte hinter der Königin liefen, um ihre Ruhe zu haben. Und es gab die anderen, die nach der Macht griffen, was nachvollziehbar ist, bedenkt man, dass eine Liebesheirat am Hof bis ins 20. Jahrhundert die Ausnahme war, galt es doch, Reiche zu vergrößern, Konfession und Frieden zu sichern, und den Fortbestand der Monarchie durch ebenblütige Ehen zu gewährleisten.

Philipp von Spanien zum Beispiel, der 1527 geborene Mann der englischen Königin Mary I. ("Bloody Mary"), hat nichts davon gehalten, einen Schritt hinter seiner Frau aus dem Geschlecht der Tudors herzulaufen. Kein Wunder, stand er doch ohnehin in Erwartung des spanischen Throns und sollte später als einer der mächtigsten Herrscher seiner Zeit wirken. Der blasse Mann mit der kapitalen Habsburger Unterlippe (sein Vater war Karl V.) beanspruchte mit der Hochzeit 1554 den Thron für sich mit. Daraus wurde nichts, dem einzigen Sohn des römisch-katholischen Kaisers wollte man nicht zu viel Macht geben. Gemäß dem Ehevertrag erhielt er zwar den Titel des Königs von England, seine reale Macht beschränkte sich aber auf die Verwaltung des Hofes, was er pflichtbewusst tat. Überdies schrieb er Stilgeschichte, da er als erster Royal öffentlich eine Brille trug. Als Mary I. starb, verließ er England.

Am konsequentesten ignorierte Wilhelm III. von Oranien-Nassau die Rolle des königlichen Gemahls. Er bestand darauf, den Thron mit seiner Cousine Mary zu teilen. 1677 heiratete er sie, und nach der Glorreichen Revolution mit dem Ende der Herrschaft von James II. erkannte das Parlament sie 1689 als gleichberechtigte Herrscher an. Möglich wurde das, weil beide der Bill of Rights zustimmten, welche die Rechte des Parlaments stärkte. Der Prinzgemahl handelte sich den Königstitel aus, indem er die absolute Macht des Regenten opferte. Wilhelm III. und Mary II. wurden am 11. April 1689 in einer bis heute einzigartigen Doppelzeremonie in der Westminster Abbey gekrönt. Historisch betrachtet war aber er es, der im Staat den Ton angab.

Queen Victoria and Prince Albert 1861

Albert, der Mann von Königin Victoria, gilt im 19. Jahrhundert als Prototyp des Prinzgemahls mit diskretem Einfluss.

(Foto: Wikipedia/public domain)
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Der dienstälteste Gatte ist Philip, der 1947 die spätere britische Königin Elizabeth heiratete.

(Foto: imago)

Nach Marys Tod 1694 regierte Wilhelm allein, aber nicht aus eigenem Recht, sondern in Folge eines Abkommens, nach dem seine Schwägerin Anne ihm auf den Thron folgen soll. 1702 wurde Anne in einer Sänfte zur Kathedrale getragen, ihr Körper war schwer gebeutelt von Gicht und 17 Schwangerschaften, von denen nicht ein Kind das Jugendalter überlebte. Ihr Mann Georg von Dänemark wohnte der Krönung auf dem Besucherrang bei. Bis zu seinem Tod 1708 bezeichnete er sich als Diener der Königin, was Zeitgenossen sehr irritierte und sicherlich abwegig gewesen wäre für Henri, den anderen Prinzen von Dänemark.

Die Spezies der Prinzgemahle gibt es ganz offensichtlich in vielen Ausprägungen. Die Stolzen, die Kämpfer, die Zermürbten und sehr selten: die Zufriedenen. Bliebe noch der Prinz, dessen Rolle nicht Gesetze oder Demut beschränkten, sondern die eigene Frau: Stephan von Lothringen.

Maria Theresia von Österreich liebte ihren Mann, hielt ihn aber energisch von der Macht fern

Der Herzog von Lothringen heiratete 1736 die Erzherzogin von Österreich, Maria Theresia. Von 1740 an war er von seiner Frau ernannter Mitregent in den habsburgischen Erblanden, um mit dieser Würde ausgestattet von 1745 an in der Habsburger Monarchie als Franz I. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches zu werden - formal zumindest. Denn von den Regierungsgeschäften hielt ihn seine liebende aber sehr machtbewusste Frau energisch fern, was oft als Desinteresse seinerseits ausgelegt wurde. Womöglich auch, weil Franz I. sich sehr für Finanzen, Wissenschaft und Soupers mit Mätressen interessierte. Der preußische Gesandte Otto Christoph Graf von Podewils beschrieb ihn kühl: "Er weiß sich mit keiner Sache gründlich zu befassen (...) hasst die Arbeit (...) ist wenig ehrgeizig und kümmert sich so wenig wie möglich um die Regierungsgeschäfte."

Wäre die Rolle des Prinzgemahls mit Würde und Einfluss zu besetzen, wäre Albert von Sachsen-Coburg und Gotha der Prototyp. Die englische Königin Victoria hatte sich in ihn verliebt, nicht zur Freude der Untertanen, die einen deutschen Adeligen, zumal einen mittellosen, nicht nahe der Macht haben wollten. De iure war er das nicht, de facto schon, was seinem Wesen entsprach. Er soll sich gegrämt haben, nicht den Titel König führen zu dürfen und auch erst von 1857 an den des prince consort.

Die Königin beriet sich eingehend mit ihm über politische Entscheidungen, für manche Historiker grenzt sein Einfluss auf die Königin an Manipulation. Die Untertanen ließen ihn trotzdem gewähren, denn das Empire blühte, die industrielle Revolution tat ihr übriges. Prinz Albert brachte die erste Weltausstellung zum Erfolg, so konnte sich sein Land noch einmal besonders als Industrie- und Kolonialmacht hervortun. Die Welt staunte 1851 im Londoner Crystal Palace über eine oszillierende Waschmaschine, den Telegrafen und den allerersten Kunststoffstuhl.

Zudem war Albert einer der Prinzgemahle, die sich früh dem zuwendeten, was heute gemeinhin von jenen an der Seite des Regenten erwartet wird: wohltätiges Wirken. Der Humanist plante die ersten modernen Arbeitersiedlungen mit fließendem Wasser, setzte sich gegen Sklaverei und Kinderarbeit ein, reformierte die Universitäten.

Sein Tod im Alter von 42 Jahren war ein Schlag für die Königin, sie zog sich zurück, trug vier Jahrzehnte lang Witwenkleidung und konsultierte sein Porträt, wenn sie wichtige Verträge unterzeichnen musste. In einem Brief schrieb sie: "Mein Leben als glücklicher Mensch ist zu Ende! Die Welt ist für mich zu Ende!" Sie ließ überall im Empire Denkmäler für ihn errichten, so viele, dass Charles Dickens später äußerte, er wünsche sich eine abgeschiedene Höhle, in die er vor ihnen flüchten könne.

Albert hatte nicht nur Einfluss, sondern bekam auch jene Anerkennung, welche Generationen von Prinzgemahlen bis heute vermissen. "Dieser deutsche Prinz hat England 21 Jahre lang mit einer Weisheit und einer Energie regiert, die keiner unserer Könige je an den Tag gelegt hat", schrieb Benjamin Disraeli, der spätere viktorianische Premierminister, über ihn.

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