Hintergrund:Das Gesundheitsrisiko durch Polonium-210

Das radioaktive Isotop ist ein Alphastrahler, dessen Strahlung schon durch ein Blatt Papier und durch die menschliche Haut abzuschirmen ist. Das Risiko für Fluggäste ist deshalb sehr gering. Gefährlich wird es allerdings, wenn Polonium-210 in den Körper gelangt.

Christopher Schrader

Die junge Mutter war den Tränen nah: Nach einem Flug mit einer der betroffenen British-Airways-Maschinen sorgte sie sich um ihr Kind, berichten Mitarbeiter des GSF-Forschungszentrums in Neuherberg bei München.

Viele Passagiere der Britisch Airways machen sich Sorgen

Viele Passagiere der Britisch Airways machen sich Sorgen.

(Foto: Foto: dpa)

"Unserer Ansicht nach geht das Risiko für die Gesundheit der Passagiere gegen null", sagt aber Herwig Paretzke, Leiter des dortigen Instituts für Strahlenschutz.

Auch British Airways sprach von einer "geringen Gefahr" durch die "sehr kleinen Spuren von Polonium" in den Maschinen.

Details und genaue Zahlen dazu sind nicht veröffentlicht worden. Die Einschätzung dürfte daher auf der geringen Menge und den Eigenschaften von Polonium-210 beruhen.

Das radioaktive Isotop ist ein Alphastrahler, dessen Radioaktivität schon durch ein Blatt Papier und durch die menschliche Haut abzuschirmen ist: Wer vor oder hinter dem verseuchten Bereich in den Maschinen saß, hat wahrscheinlich keinerlei Radioaktivität abbekommen - außer der erhöhten kosmischen Strahlung auf jedem Flug.

Gefährlich ist Polonium nur, wenn es in den Körper gelangt, wie es bei Alexander Litwinenko offenbar geschehen ist. Aus der Dauer seines Todeskampfs schätzen Experten, dass er eine radioaktive Dosis von fünf bis zehn Sievert bekommen hat. Dafür reichen schon wenige Mikrogramm (Millionstel Gramm) Polonium, das sich im Körper rasch verteilt.

Für die Passagiere der beiden Maschinen geht es darum, ob sich für sie das Krebsrisiko erhöhen könnte. Dafür genügten bereits geringere Mengen. Im Prinzip reichte ein zerfallendes Atom, doch über die Wirkung kleiner Strahlenmengen weiß die Forschung zu wenig.

Eine Orientierung gibt der Grenzwert für strahlenexponierte Arbeiter: Sie dürfen im Leben höchstens 400 Millisievert erhalten. Diese Dosis würden schon vier Milliardstel Gramm Polonium-210 hinterlassen.

Die Menge müsste zum Beispiel durch Staub aufgenommen werden, der von den Fingern in den Mund gelangt oder durch die Reinigung des Flugzeugs vorübergehend aufgewirbelt wurde. Diese Gefahr hält Paretzke für sehr klein.

Um eine solche Belastung festzustellen, müssen Betroffene unter ärztlicher Aufsicht 24 Stunden lang ihren Urin sammeln. In Großbritannien sind bislang 29 Proben analysiert worden, alle waren poloniumfrei. Auch die GSF bietet Besorgten über die Gesundheitsämter Tests an; die Kosten von 300 Euro müssten sie aber selbst bezahlen.

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