Gwyneth Paltrows Wortschöpfung:Beziehungsstatus: entpaart

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Nicht getrennt - nur entkuppelt: Schauspielerin Gwyneth Paltrow und Coldplay-Sänger Chris Martin. (Foto: AFP)

Seit sich Gwyneth Paltrow von Chris Martin getrennt hat, ist die Beziehungsliteratur um einen Fachbegriff reicher: "Conscious Uncoupling". Was genau das bedeutet, ist zweitrangig. Hauptsache, es lässt sich vermarkten.

Von Violetta Simon

Nur wenige dürfte die Trennung von Gwyneth Paltrow und Chris Martin wirklich elektrisiert haben. Menschen trennen sich nunmal, und Promis tun es auf ihre Art: Sie twittern die Botschaft in die Welt oder veröffentlichen eine wohl überlegte Erklärung auf ihrer Homepage. Auch Paltrow informierte die Fans - auf ihrer Webseite "Goop", wo sich die zweifache Mutter in ihrem Blog mehr oder weniger zentralen Lebensfragen widmet wie: "Was soll ich kochen?"

Der Inhalt der Verlautbarung ist schnell zusammengefasst: Obwohl sie sich sehr lieben, haben sich die Schauspielerin und der Coldplay-Sänger getrennt. Natürlich bleiben sie für immer und ewig eine Familie, sind sich näher als jemals zuvor und so weiter und so fort - das Übliche.

Bemerkenswert ist daran nur die Wortschöpfung, die aus diesem neuen Beziehungsstatus entwachsen ist. " ... as we consciously uncouple and coparent..." heißt es da. Uncouple bedeutet so viel wie entkuppeln, und coparent könnte man intuitiv übersetzen mit "als Eltern zusammenarbeiten". In jedem Fall scheint es sich bei diesen Begriffen um eine Art Kunstwort zu handeln, was legitim scheint, wenn man Hollywoods prominenteste Kochbuchautorin ist.

Bewusste Trennung als Konzept

Gwyneth Paltrow, der Star, hat stets davon profitiert, dass sie sich als Gwyneth Paltrow, die Ehefrau und Mutter, vermarktet hat. Deshalb ist es nur logisch, dass sie die Trennung von ihrem Mann nicht einfach so der medialen Interpretation überlässt, sondern als wohl durchdachtes Konzept an den Mann bringt. So lässt sich die Angelegenheit jedenfalls prima als Lebenshilfe-Projekt vermarkten.

Paltrow lässt sich nicht einfach so scheiden, wie es normale Menschen tun. Sie hat sich etwas dabei gedacht! Für diesen ganz bewussten Eintritt in einen neuen Beziehungsstatus haben Paltrows psychologische Berater - der Lifestyle-Guru Habib Sadeghi und seine Frau Sherry Sami - sogar einen eigenen Begriff geprägt: Spiritual Divorce, spirituelle Scheidung. In einem ausführlichen Beitrag unter Paltrows Blog erklärt das Therapeuten-Paar den bedeutungsvollen Unterschied zwischen einer 08/15-Trennung, wie sie bei Normalos üblich ist, und der mentalen Distanzierung auf einer höheren Bewusstseinsstufe.

Während der Normalbürger in getrennten Wohnungen hockt und um Unterhalt streitet, werden solche "spirituellen Scheidungspaare" während ihrer Trennungsphase quasi in eine höhere schöpferische Geistesebene befördert. Dann ist es ja wohl das Mindeste, dass für diesen Entwicklungsprozess auch ein angemessener Ausdruck gefunden wird - Conscious Uncoupling eben.

Entkuppelt, nicht getrennt

Doch wie genau würde man dazu im Deutschen sagen? In dem Fall hieße es ja nicht mehr "Wir haben uns bewusst getrennt", sondern "Wir haben uns - entkuppelt?" Wie einen alten Wohnwagen, den man am Campingplatz stehen lässt? Kindern droht man ja manchmal im Scherz, dass man sie zur Adoption freigeben würde, wenn sie sich nicht endlich zusammenreißen. So in etwa muss sich jemand fühlen, der Opfer einer spirituellen Trennung wurde.

Geläufiger ist in so einem Fall wohl eher der Ausdruck entliebt - aber ach nein, das wäre zu profan, denn die beiden lieben sich ja offiziell noch immer sehr, wie Paltrow in ihrem Blogbeitrag betont. Womöglich haben sie sich - entpaart? Klingt ein bisschen wie "enthaart", wobei dieser Bezeichnung obendrein etwas Brunftiges anhaftet. Und findet nicht auch in vielen Beziehungen, die noch intakt sind, keine Paarung mehr statt? Paare, die - um ein weiteres Kunstwort zu bemühen, sozusagen fondly debedded, also liebevoll entbettet sind? Genau wie manche Paare nurmehr Eltern, aber keine Liebenden mehr sind - coparents eben.

Wie wäre es mit entbeziehungskisten oder entliebschaften? Eindeutig zu sperrig. Dann vielleicht entpartnerschaftet? Klingt irgendwie nach Auflösungsvertrag und Suche nach neuem Investor. E ntsolidarisieren? Erinnert eher an Gewerkschaft und Streik. Und enpartnert? Hört sich ein wenig an wie - lassen wir das.

Am besten wäre wohl, einfach zusammenzubleiben und die täglichen Streitereien als Quelle der Transzendenz, als Chance zum Erreichen einer höheren Beziehungsbewusstseinsebene zu nutzen. Das müsste doch zu schaffen sein in so einer spirituellen Beziehung. Unter Umständen könnten die beiden den Irrsinn als Konzept namens Conscious Recoupling vermarkten - als bewusste, wenn nicht gar bewusstseinserweiternde Rückkopplung. Was immer das sein mag - solange es nicht im Ohr schmerzt.

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