Große Frauen: Maria Furtwängler:"Sie finden mich im Büro von Hubert Burda"

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Sie passt in kein Klischee, kein Raster, kein Muster. Nie ist sie das liebe Mädel von nebenan, nie der Vamp vom Dienst. Und doch löst sie ein, was von einem Star erwartet wird.

Günther Fischer

Kenne ich Sie? Sie stand einst mit mir im Aufzug, auf der Fahrt in den fünften Stock des Münchner Burda Verlags, war hübsch, freundlich, natürlich blond. Nur nebenbei erwähnte sie, dass sie heute Geburtstag habe. Dann käme ich doch später gratulieren, meinte ich forsch flirtend. "Gerne", so ihre lachende Antwort, "Sie finden mich im Büro von Hubert Burda, ich bin seine Frau." Sprach's und verließ den Lift.

Zur Zeit ist Maria Furtwängler in aller Munde. (Foto: Foto: dpa)

Kenne ich Sie? Nein. Ich denke, dass ich all die Interviewpartnerinnen, die ich Laufe der Zeit hatte - Sharon Stone oder Sandra Bullock zum Beispiel - besser kennen gelernt habe. Die standen mir in der Regel immerhin eine volle Stunde lang zur Verfügung und nicht nur fünf Minuten.

Die weitere Karriere der Frau meines Ex-Chefs verfolgte ich aus der Ferne. Ihre Auftritte in der TV-Serie "Die glückliche Familie" oder in den Rosamunde Pilcher-Dramoletten "Das Haus an der Küste" und "Herzflimmern" - geschenkt. Wichtiger wirken andere Lebensumstände: dass sie sich unter anderem auch in Frankreich zur Ärztin ausbilden ließ; dass die Großnichte des Dirigenten Wilhelm Furtwängler auch eine ausgebildete Sopranistin ist; dass sie bis heute für die Hilfsorganisation "Ärzte für die Dritte Welt" arbeitet, deren Kuratoriumspräsidentin und Vorstandsmitglied sie ist, und dass sie bei all dem auch noch zwei Kinder erzieht.

Vielleicht habe ich auch einfach ein Faible für starke, stark wirkende Frauen. Mich fasziniert ihr Auftreten im Umfeld der deutschen SchauspielerInnen: Sie passt in kein Klischee, kein Raster, kein Muster. Nie ist sie das liebe Mädel von nebenan, nie der Vamp vom Dienst. Selbst in Momenten größter Verletztheit - und das musste sie als Tatort-Kommissarin Charlotte Lindholm durchaus schon zeigen - bleibt ein Rest von Distanz, ein Kern, der unantastbar wirkt. In Liebesszenen hat ihre Stimme nichts Einschmeichelndes, manchmal nicht einmal etwas Warmes, oft bleibt ein bitterer Zug in den Mundwinkeln hängen. Mag auch die Umarmung noch so innig sein: Ganz, so die Botschaft ihres Körpers, werde ich dir nie gehören.

Das mag vielleicht allzu negativ klingen - es ist aber nicht so gemeint. Denn das Ergebnis dieser Furtwänglerischen Reserviertheit ist eine unglaubliche Aura, eine gewisse Entrücktheit und eine Art Strahlen - etwas, was ich sonst nur von Schauspielerinnen aus Hollywood kenne, vielleicht noch von der einen oder anderen französischen Actrice.

Es gibt nicht allzu viele Stars in Deutschland, und wenn es ein paar Namen zirkulieren, dann sind es immer wieder dieselben. Namen, die sich dann auch noch in diversen Magazinen und Talk-Shows breit machen. Die mir genau deswegen zu nahe rücken, von denen ich Dinge zur Kenntnis nehmen muss, die ich eigentlich nicht wissen will.

Maria Furtwängler geht auch da den besseren Weg. Sie dosiert ihre öffentlichen Auftritte, nur die Bambi-Verleihung des Hauses Burda ist Pflicht. All das führt dazu, das sie für mich momentan der einzige Filmstar ist, den es in Deutschland gibt, die einzige Schauspielerin, die das einlöst und bietet, was von einem Star, bewusst oder unbewusst, erwartet wird.

Vielleicht wäre es schön, ihr noch einmal im Lift zu begegnen. Aber es ist eigentlich ganz richtig, dass ich sie nicht so gut kenne. So bleibt mir mein Star erhalten.

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