Glaubensbekenntnis:Kontra K

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Maximilian Diehn alias Kontra K, 1987 in Berlin geboren, ist Boxtrainer und Rapper. Sein Album "Gute Nacht" startete auf Platz eins der Albumcharts. (Foto: Niculai Constantinescu)

Der Rapper Maximilian Diehn alias Kontra K über Grenzsituationen, Scheitern, die Schönheit der Krise - und warum Verzweiflung für ihn der beste Motor ist.

Protokoll: Tahir Chaudry

Ich wurde nicht religiös erzogen. Mit meinen Eltern habe ich nie darüber gesprochen. Da wurde eher darüber geredet, ob ich von meiner Familie verstoßen werden sollte oder nicht. Mein Glaube entwickelte sich erst durch spätere Erfahrungen. In meinen Texten spielt die Hoffnung eine sehr wichtige Rolle. Woher das kommt? Aus der Verzweiflung. Das ist mein Motor. Wenn man sich in diesen Momenten vergegenwärtigt, wie viel im Leben schon mal schiefgegangen ist, schöpft man neue Kraft. Da ist eine Stimme in mir drin, die mir zuflüstert, dass es weitergeht und besser wird. Erst wenn man die Krise überwunden hat, merkt man: Irgendwie ist doch alles gut.

Welchen Ursprung die Stimme hat, kann ich nicht sagen. Ich habe oft in Grenzsituationen zu Gott gefunden. Zum Beispiel, wenn es einem so dreckig ging, dass man sich dachte: noch ein Tropfen im Fass, dann bin ich nicht mehr. Dann habe ich schon oft Gott angesprochen. Leider tut man das nicht in Momenten, wo alles gut ist. Ich versuche da aber mittlerweile von diesem puren Eigennutz wegzukommen und eine gewisse Regelmäßigkeit reinzubekommen. Ich habe drei Mal miterlebt, wie Menschen sterben. Das ist ein unglaublicher Moment, wenn die Seele den Menschen verlässt und die Hülle zurückbleibt. Wohin sie geht, weiß ich nicht. Das Leben nach dem Tod stelle ich mir so vor: keine Menschen, kein Beton, kein Dreck, nur die Schönheit der Natur und vollkommene Ausgeglichenheit.

Wenn ich von Gott spreche, dann mache ich mir kein Bild. Es ist keine menschliche Gestalt, kein Mann mit Bart, keine Frau, sondern etwas, was größer ist als wir Menschen. Gott ist für mich ein Licht, eine Energie. Es muss einfach eine Kraft geben, die das alles geschaffen hat. Gott wird für mich auch in der Natur sichtbar. Ich laufe durch den Wald, alles ist grün, der Regen hat die Erde nass gemacht und die Bäume tanken Kraft. Alles ist miteinander im Einklang. Ich habe Ehrfurcht vor der gesamten Schöpfung. Es geschehen viele schlechte Dinge auf der Welt, aber auch viele gute.

Würde es diese Zweiteilung nicht geben, wäre ich nicht der, der ich heute bin. Ich weiß, wie schlimm es sein kann, aber ich hatte ungeheures Glück in meinem Leben. Dafür bin ich Gott dankbar. Zu oft habe ich gesehen, dass Menschen den Wert dieser Welt nicht erkennen, sie deshalb nicht respektieren und schlimmstenfalls zerstören. Es darf für Geld gelogen, betrogen und manipuliert werden. Ich finde das abgrundtief eklig.

Ich versuche, ein immer besserer Mensch zu werden, aber bin noch weit weg davon. Ich glaube an Karma und habe erlebt, dass alles was du tust, irgendwann auf dich zurückschlägt. Wenn du dich schlecht verhältst, ziehst du schlechte Menschen an, die dir Schlechtes tun. Die Verhaltensregeln der Religionen wollen uns genau davor bewahren. Ich versuche, mich mit den Lehren der Religionen zu beschäftigen, würde es aber gerne mehr tun. Wir beschäftigen uns zu wenig mit alten Weisheiten, obwohl wir alle nach Orientierung suchen. Das Fernsehen wird uns die nicht geben können.

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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