Glaubensbekenntnis:Bela B

Bela B.
(Foto: Henning Kaiser/dpa)

Mit bürgerlichem Namen heißt er Dirk Albert Felsenheimer, ist 1962 in Berlin geboren und Schlagzeuger der Band "Die Ärzte". Er nennt sich selbst nicht sehr religiös, aber er beobachte viele Glaubensrichtungen aus Neugierde.

Protokoll von Cathrin Schmiegel

Ich bin nicht besonders religiös, aber ich beobachte viele Glaubensrichtungen erst mal nur aus Neugierde. Überall auf der Welt haben sich die Menschen einen Idealgott geschaffen, der sie in schlechten Zeiten tröstet. Das ist ein starker Beweggrund und steht sinnbildlich für etwas, an das auch ich bedingt glaube: an eine abstrakte Kraft, die wir uns nicht erklären können. Ich persönlich will das auch gar nicht. Für mich kommt sie am ehesten im Schaffen zum Ausdruck. Wenn du Künstler bist und aus dem Nichts heraus einen Song schreibst, eine Sinfonie, oder wenn du ein Bild malst: Da setzt du etwas in die Welt, das einem Wunder gleicht und etwas in dir oder anderen auslöst - ein Glücksgefühl, eine Erkenntnis, vielleicht eine Epiphanie. Die beschreiben Leute auch, wenn sie in einer Messe sitzen.

Ich habe solche Momente vielleicht am ehesten auf einem Konzert. Dort findet man den Hedonismus, den Rockmusik im besten Fall präsentieren sollte. Der Gott, den wir dort anbeten, ist die Musik, in meinem Fall einfach Rock. Es gibt eine ganz tolle Band aus den USA. Sie heißt Slim Cessna's Auto Club. Deren Auftritte laufen ab wie baptistische Gottesdienste. Mitten im Konzert knien sich alle hin. Ich habe auch mitgemacht und fand es super. Es hat mich gepackt. Diese drei Minuten, die ein Song idealerweise hat, schütteln vielleicht dein ganzes Leben durch. Für mich ist das eine sehr positive Art von Religion.

Dieses Gefühl habe ich aber nicht nur bei Musik: Ich bin auch ein großer Filmfan. Wenn ich einen tollen Film sehe, der mich alle paar Minuten überrascht, ist das auch eine Art Erleuchtung. Wobei ich sagen muss, dass ich ein Freund der Trivialkunst bin. Ich sehe eine Tiefe in Dingen, wo andere mir den Vogel zeigen. Diesen Hang zum Gag haben wir auch bei den Ärzten. In dem Spruch eines Fans wurden wir selbst zu Angebeteten: "Es gibt nur einen Gott, BelaFarinRod". Das haben dann auf T-Shirts drucken lassen. Wir sehen uns deshalb natürlich weder als Götter noch als Religion. Trotzdem wollen wir den Leuten ein positives Lebensgefühl mitgeben, bevor wir sie nach unseren Konzerten ausgelaugt in die Wirklichkeit entlassen.

In meinen Songs selbst geht es nicht oft oder nur am Rande um Religion. Ein Titel, bei dem ich auf der Single-Auskopplung mitgewirkt habe, ist "Pizza" von der Antilopen Gang. Auf sehr ironische Art handelt der Song auch vom Glauben. Die Band singt davon, dass wir an irgendwas glauben müssen, weil alles um uns herum immer düsterer wird. Deren Angebot ist dann eben Pizza: Bevor du an gar nichts glaubst, kannst du genauso gut an die Pizza glauben.

Mehr als ich beschäftigt sich mein Bandkollege Farin Urlaub mit Religion. Bei "Waldspaziergang mit Folgen" von den Ärzten findet der Protagonist ein Stück Holz und macht es zu seinem Gott. Dass ich Farin getroffen habe, im "Ballhaus Spandau" in den Achtzigern, war natürlich auch so ein schicksalhafter Moment. Ob das jetzt als Epiphanie durchgeht, kann ich nicht sagen. Was wäre gewesen, wäre ich an dem Abend krank gewesen?

Bela B, mit bürgerlichem Namen Dirk Felsenheimer und geboren 1962 in Berlin, ist Schlagzeuger der Band "Die Ärzte". Am 17. Februar erscheint sein Soloalbum "Bastard".

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