Getränkemixtur aus Frankreich:Einer geht noch

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Trinken ohne Kater und Reue? In Frankreich wird ein Getränk verkauft, das Blutalkohol angeblich schneller abbaut. Mediziner sind entsetzt.

Stefan Ulrich

Trinken und fahren, Rausch ohne Reue und kein Kater am Morgen, viele hoffen schon lange auf einen Zaubertrank, der das möglich macht. Jetzt kommt in Frankreich ein Getränk auf den Markt, das Zecherträumen zu entstammen scheint. "Outox - the Safety Drink" heißt das Elixier. Es wird unter anderem in 0,25-Liter-Dosen zum Preis von 3,99 Euro verkauft.

Die französische Verkehrswacht warnt - trotz Outox - vor bedenkenlosem Alkoholkonsum: "Alkohol ist die erste Todesursache im Straßenverkehr." (Foto: iStockphoto)

Die Herstellerfirma verspricht nicht weniger als ein "revolutionäres Getränk" und verheißt: "Dieser Drink beschleunigt den Abbau des Alkoholspiegels im Blut bedeutend und erlaubt es, schneller wieder in den Normalzustand zu geraten." Das Rezept für den wundersamen Trank will das Unternehmen am Freitag in Paris verraten. Ärzte und Verkehrsexperten sind schon jetzt entsetzt.

Jedes Jahr sterben in Frankreich nach vorsichtigen Schätzungen 20.000 Menschen an den direkten Folgen chronischen maßlosen Trinkens. Zwar ist der gesamte Alkoholkonsum seit 1960 so stark zurückgegangen wie in keinem anderen europäischen Land. Nur: Die Ausgangsbasis war so hoch, dass Frankreich weltweit noch immer einer der Staaten ist, in denen am meisten getrunken wird.

Gerade schwappt eine Modewelle namens "Riesen-Aperitif" - über das Land, bei der sich junge Leute übers Internet zu Freiluftpartys verabreden und teils bis zur Klinikreife betrinken. Die Zeitung Le Monde fragt gallig, ob Outox künftig diese gigantischen Gelage sponsern will.

"Wunderprodukte" verleiten Autofahrer zum Trinken

Fachleute finden das neue Getränk im übertragenen Sinne wenig berauschend. Sie warnen, Outox könne die Menschen dazu verführen, Alkohol zu trinken und sich danach sorglos ans Steuer zu setzen. Zudem könnten Trinker glauben, die schädliche Wirkung des Alkohols auf ihren Körper durch Outox zu vermindern. "Alkohol ist die erste Todesursache im Straßenverkehr", warnt die französische Verkehrswacht.

"Solche Wunderprodukte sind gefährlich, weil sie Autofahrer dazu verleiten zu trinken, statt sich zu enthalten." Auch Marie Favrot von der französischen Agentur für Lebensmittelsicherheit Afssa, mahnt: "Dieses Getränk kann ein falsches Gefühl der Sicherheit geben." Die Afssa sei sehr gegen Produkte mit solchen Verheißungen. "Sie konterkarieren alle Aktionen gegen Alkohol am Steuer."

Mediziner betonen zudem, bisher habe noch kein Zaubertrank den Alkoholspiegel maßgeblich gesenkt. Der Fruchtzucker, den solche Getränke in der Regel enthielten, könne allenfalls dazu führen, dass die Aufnahme des Alkohols ins Blut etwas verzögert werde. Die Firma Outox und ihre Werbeagentur Infinités Communication halten dagegen, man solle das Getränk nicht kritisieren, bevor man es kenne.

Aufklärung statt Wunderdrinks

Die Agentur weigerte sich auf Anfrage, schon jetzt die Rezeptur zu enthüllen. Sie sagte aber, Outox dürfe nicht mit einem Getränk gleichen Namens verwechselt werden, das in manchen Ländern schon vereinzelt verkauft worden sei. Die Firma Outox International habe die Rechte an diesem Produkt erworben, die Zusammensetzung überprüft und verändert. "Das ist ein neues Getränk." Seine Wirkung sei von unabhängigen Wissenschaftlern getestet worden.

"Die medizinischen Studien sind überzeugend", verspricht Maurice Penaruiz, der Firmenchef von Outox. Am Freitag will er sie enthüllen. Die Fachwelt aber bleibt skeptisch. "Wenn jemand ein Produkt erfindet, das wirklich in der Lage ist, den Blutalkoholspiegel zu senken, verdient er den Nobelpreis", spottet Alain Rigaud, der Präsident der Nationalen Vereinigung gegen Alkohol- und Drogensucht.

Die französische Verkehrswacht setzt derweil nicht auf Wunderdrinks, sondern auf Aufklärung - durch das Video "Insoutenable" ("Unerträglich") im Internetportal Youtube. Es zeigt entsetzlich realistisch, was geschehen kann, wenn betrunkene Jugendliche Auto fahren. Die Botschaft: Wer trinkt und fährt, erlebt den Kater am nächsten Morgen womöglich nicht mehr.

© SZ vom 17.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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