Gesunde Mimik:Sexy oder hysterisch?

Lachen ist gesund, doch wir tun es einfach zu wenig. Forscher mahnen zu mehr Heiterkeit und entdecken noch ganz andere Seiten des Phänomens.

Lachen ist gesund. Es lockert die Muskeln, sagen Experten, befreit aufgestaute Emotionen, setzt Glückshormone frei und stärkt das Selbstbewusstsein. Kinder beherrschen diese Gefühlsäußerung am besten. Sie lachen laut wissenschaftlicher Untersuchung rund 400 Mal am Tag. Erwachsene dagegen kommen im Schnitt nur noch auf 15 Lacher.

Charlize Theron; AP

Nicht immer habe Lachen etwas mit Freude zu tun, sagen Forscher. Zum Beispiel auf dem Roten Teppich.

(Foto: Foto: AP)

"Das ist viel zu wenig. Viele wissen gar nicht, was ihnen dadurch verloren geht", sagt Ikechukwu Simeon Omenka. Der 52-Jährige aus Nigeria ist Lach-Trainer in Lindau, wo derzeit die 58. Psychotherapie-Wochen stattfinden. Die Organisatoren erwarten zu dieser Fachtagung bis zum 25. April rund 4000 Teilnehmer. Omenka passt wie kaum ein anderer dorthin. Denn Schwerpunkt ist das Thema "Lachen".

Omenka ist jede Art von Lachen willkommen. "Der Körper kann nicht unterscheiden, ob es ein echtes oder falsches Lachen ist. Er profitiert von beiden Formen." Unter dem Motto "Lachen ohne Grund" bietet Omenka den Teilnehmern während der ersten Fortbildungswoche in jeder Mittagspause Übungen zur Entspannung an.

Gesangsähnlich oder galoppierend hysterisch

Am ersten Tag kommen knapp 100 Frauen und Männer, um unter Anleitung zu lachen. Sie scheinen zunächst skeptisch, als sie auf Kommando ein "Hahaha, hohoho, hihihi" von sich geben sollen. Doch es dauert nicht lange, bis Omenka sie mit seinem Lachen ansteckt und das aufgesetzte, falsche Lachen in ein echtes übergeht. Eine Teilnehmerin kann gar nicht mehr aufhören und lacht auch noch, als sie den Saal verlässt. Sie will am nächsten Tag auf jeden Fall wieder mitlachen.

"So kann Fortbildung richtig Spaß machen." Ärzte, Psychologen und Therapeuten aus vielen europäischen Ländern, aber auch aus Israel und den USA, sind zu der zweiwöchigen Fachtagung an den Bodensee gekommen. "Soviel ich weiß, ist dies weltweit die größte Fortbildungsveranstaltung zur Psychotherapie", sagt Professor Manfred Cierpka, Wissenschaftlicher Leiter des Kongresses. Das Interesse des Fachpublikums werde von Jahr zu Jahr größer.

"Aber mit 4000 Teilnehmern ist das Limit erreicht. Mehr geht nicht mehr." Nach Angaben der Organisatoren werde bereits jeder zur Verfügung stehende Seminarraum auf der Lindauer Insel genutzt.

In diesem Jahr stehen die Themen "Lachen" und "Weinen" im Mittelpunkt der Veranstaltung. Mit diesen Phänomenen können sich die Teilnehmer in mehr als 300 Vorträgen, Seminaren und Diskussionsrunden auseinandersetzen. "Lachen und Weinen hängen sehr stark mit Emotionen zusammen. Und die sind zentraler Bestandteil der Psychotherapie", sagt Cierpka. Doch nicht immer habe Lachen etwas mit Freude zu tun.

Oft tauche es auch in Verbindung mit Ärger, Angst, Verachtung oder Trauer auf. "Es ist wichtig, hinter dieses Lachen zu sehen." Experte in Sachen Emotionsforschung ist Professor Rainer Krause von der Universität Saarbrücken. Er legt in seinem Vortrag "Das Lachen des Forschers" die Grundlage für das Leitthema der ersten Woche. Dabei geht er auf den Unterschied zwischen echtem und falschem Lachen ein und beschreibt, wie prägend der Ausdruck von Freude für Neugeborene ist. "Ein Kind sucht in den ersten sechs Monaten bis zu 30.000 Lächelbegegnungen mit der Mutter." Viel Freude bereitet der Wissenschaftler den rund 1000 Besuchern im Saal der Inselhalle mit seiner lebhaft dargestellten Mimikanalyse.

Aber auch seine Erkenntnisse über geschlechtsspezifisches Lachen amüsieren das Publikum. Das hochfrequente stimmhafte Lachen einer Frau etwa wirke auf Männer sehr unterschiedlich. Dies reiche von "gesangsähnlich erotisierend" bis hin zum Ausdruck "galoppierender Hysterie".

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