Genmanipulierter Leinsamen:Verbraucher als Versuchskaninchen

Vor allem in Backwaren und Müsli sind die kleinen braunen Samen enthalten. Nun wurde in Deutschland gentechnisch veränderte Leinsaat gefunden.

Er ist klein, oval, hat eine braune Schale und seit kurzem keinen guten Ruf mehr: In Deutschland ist gentechnisch veränderter Leinsamen gefunden worden. "Wir gehen davon aus, dass es sich um ein europaweites Problem handelt", sagte der baden-württembergische Verbraucherschutzminister Peter Hauk in Stuttgart nach dem Fund entsprechender Ware.

Der Leinsamen, vor allem in Backwaren und Müsli enthalten, kommt vermutlich aus Kanada und ist in der Europäischen Union nicht zugelassen. Eine Gesundheitsgefahr für Verbraucher besteht laut Hauk zwar nicht, die Funde stellten jedoch eine "unakzeptable Verbrauchertäuschung" dar. Auch Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner forderte, die Leinsamen vom Markt zu nehmen. "Dafür gibt es klare rechtliche Regelungen, für deren Umsetzung die Bundesländer zuständig sind", sagte die CSU-Politikerin.

Nachdem die Behörden einen Tipp bekamen, untersuchten sie im Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg Proben aus dem Bäckereigroßhandel, dem Einzelhandel und aus Drogeriemärkten. Von 41 untersuchten Proben enthielten 16 geringe Spuren der Verunreinigungen. Alle gentechnisch manipulierten Proben stammten aus konventionellem Anbau, sämtlicher Leinsamen aus Bio-Anbau war einwandfrei.

Der Verband Deutscher Großbäckereien in Düsseldorf bestätigte die Funde. "Diese Leinsaat ist zwar gesundheitlich unbedenklich, gleichwohl stellt ihre Lieferung einen klaren Verstoß gegen die strikten Lieferbedingungen der Großbäckereien und gegen das geltende EU-Recht dar", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Martell. Unter den Mitgliedern des Verbandes sei der Ärger groß, denn die Großbäckereien hätten sich verpflichtet, beim Backen keine gentechnisch veränderten Stoffe zu verwenden.

Die Deutschen als Versuchskaninchen

Wie der gentechnisch manipulierte Leinsamen nach Europa und Deutschland gelangte, ist unklar. Hauk sagte, er gehe nicht von illegalem Anbau aus, "sondern eher von einem schludrigen Umgang bei Logistik und Verpackung". Die Vertriebswege müssten nun geklärt werden. Bei dem gentechnisch veränderten Flachs handle es sich um die Linie FP 967, die den Handelsnamen CDC Triffit trägt. Die Hersteller sind bis jetzt jedoch nicht bekannt.

Die Umweltorganisation Greenpeace betonte, dass die entdeckte Gen-Leinsaat in der EU nicht zugelassen sei, "schon gar nicht als Lebensmittel". Sie sei lediglich im Jahr 2000 in Kanada kommerziell angebaut worden, erklärte Greenpeace-Gentechnik-Experte Alexander Hissting. Seit 2001 ist auch dort der Anbau verboten, in Europa war die Sorte nie zugelassen worden.

"Ohne es zu wissen ist die deutsche Bevölkerung zu Versuchskaninchen geworden", sagte Hissting. Einmal mehr sei bewiesen, dass in der Natur freigesetzte gentechnisch veränderte Konstrukte sich unkontrolliert verbreiteten und nicht rückholbar seien. "Spätestens jetzt ist klar, dass die Gentechnikindustrie ihre künstlichen Geschöpfe nicht im Griff hat", sagte Hissting. Der einzig wirksame Schutz sei ein weltweites Anbauverbot von Genpflanzen.

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