Gedankenspiele:Was macht man beim Philosophieren?

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Sabine Riedel philosophiert mit Kindern. Dafür gibt sie eigene Kurse, in denen sie die Dinge hinterfragt. Sie stellt gern Fragen - und die Welt auf den Kopf. Ein Gespräch.

Interview von Georg Cadeggianini

Kastanien können alles sein: Mäuse, Murmeln, Wurfgeschosse – oder schicke Vögel mit Angeberfeder. (Foto: Sandra Stolle)

SZ: Frau Riedel, Sie organisieren Philosophie- Kurse für Kinder. Was ist das, Philosophieren?

Sabine Riedel: Fragen und staunen. Vor allem aber staunen.

So einfach? Das klingt nach schwebendem Straßenkünstler.

Ich versuche das mal mit Kastanien zu erklären. Wenn die Gedanken Kastanien wären, dann geht es beim Philosophieren nicht darum, daraus das tollste Männchen zu bauen. Sondern erst mal darum, sie zu sehen. Sie liegen ja gerade überall herum. Zu bestaunen: die Oberfläche, die Farbe, das leicht Glitschige.

Am Ende bleiben sie dann einfach in der Jackentasche ...

Vielleicht, als Handschmeichler. Beim Philosophieren geht es darum, offen zu bleiben für das, was damit passiert: Vielleicht spielt man auch mit ihnen, benutzt sie als Murmeln, als Boule-Kugeln. Vielleicht wird auch ein Männchen daraus.

Ihre Kurse sind ab fünf Jahren, basteln Sie da also?

Auch. Vor allem kommen wir ins Fragen: Was ist ein Freund? Muss ich in die Whatsapp-Gruppe, in der die halbe Klasse drin ist? Warum bin ich auf der Erde, wenn ich eh irgendwann sterben muss?

Große Fragen also, auf die Sie da Antworten finden.

Es geht vor allem ums Suchen und nicht so sehr ums Finden. Die interessanten Fragen sind doch die, auf die es nicht unbedingt die eine richtige Antwort gibt, sondern mehrere.

Warum sollen Kinder das tun?

Kinder tun es ohnehin die ganze Zeit: Die Dinge infrage stellen, manchmal auch auf den Kopf.

Wenn Kinder das ohnehin ständig tun, warum sollen sie dann extra einen Kurs besuchen?

Weil es für das Nachdenken nur selten Raum und Zeit gibt.

Wenn es trotzdem nicht so von selbst läuft: Wie kommt man am schnellsten ins Fragen?

Ein guter Trick ist, Dinge anders zu machen. Einen neuen Weg zur Schule nehmen zum Beispiel, einen Alles-anders-als-sonst-machen-Tag einführen, sich für den anderen ein Tier überlegen. Warum bist du für mich ein Dachs, Tintenfisch, Wiedehopf? Die besten Zutaten sind viel Zeit - und wenig Input.

Funktioniert das immer? Wenn ich mich morgens fertig mache, was soll ich da tun: Die Schuhe verkehrt rum anziehen?

Das eher nicht. Aber vielleicht mal Mamas Schuhe probieren: Warum passen die nicht? Was bedeutet wachsen? Wie will ich leben, wenn ich in diese Schuhe passe?

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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