Gebräuchliche Impfungen:Windpocken (Schafblattern, Varizellen)-Impfung

Bei der Aktiven Impfung wird ein Lebendimpfstoff unter die Haut injiziert. Er kann gleichzeitig mit anderen Lebendimpfstoffen, etwa der Masern-Mumps-Röteln Impfung gegeben werden. Bei der passiven Impfung werden dem Organismus fertige Antikörper gegen Windpocken zur Verfügung gestellt. Sie werden von Plasma-Spendern gewonnen, die durch aktive Impfung oder durchgemachte Krankheit einen hohen Antikörper-Spiegel besitzen.

Die Ständige Impfkommission in Deutschland (STIKO) empfiehlt, die Impfung für alle Kinder im Alter von 11 bis 14 Monaten, entweder gleichzeitig mit der ersten MMR-Impfung (Masern-Mumps-Rötelnkombinationsimpfung) oder frühestens 4 Wochen nach dieser. Neu ist die Kombination der MMR mit der Impfung gegen Windpocken (Feuchtblattern, Varizellen) als MMR+V oder MMRV (ab Verfügbarkeit). Die Windpockenimpfung wird auch (in Österreich seit 2005) für ungeimpfte 9- bis 17Jährige, die zuvor noch nicht an Windpocken erkrankt waren, empfohlen. In Analogie zur MMR-Impfung werden zwei Einzeldosen im Mindestintervall von 6 Wochen empfohlen.

Frauen mit Kinderwunsch, die nicht sicher Varizellen gehabt haben, sollten ihren Immunstatus feststellen lassen und, wenn sie gegen eine Infektion nicht immun sind, sich impfen lassen, weil eine Infektion mit dem Krankheitserreger innerhalb der ersten 20 Schwangerschaftswochen zu Fehlbildungen des Kindes führen kann.

Erreger und Krankheitsbild

Windpocken werden vom Varizella-Zoster-Virus, der zur Gruppe der Herpesviren gehört, verursacht. Sie sind hoch ansteckend und brechen bei jedem empfänglichen Menschen in der Umgebung eines Virenträgers aus. Die Viren breiten sich anscheinend über die Atemluft weitläufig aus Infektionsquellen sind Nasen-Rachensekret, Stuhl und Harn von Windpockenkranken. Die Viren vermehren sich in den inneren Organen, etwa in Leber und Milz. Am 12. Tag des Krankheitsverlaufes bilden sich dann die typischen Hautpusteln und Krusten. Infektiös sind die Erkrankten nur eine relativ kurze Zeitspanne. Sie beginnt etwa zwei Tage bevor sich die Hautausschläge bilden und endet etwa mit dem fünften Tag nach Pustelbildung.

Verläufe, die so unauffällig sind, dass sie übersehen werden, liegen bei Windpocken unter fünf Prozent. Häufigstes Erkrankungsalter ist vier bis fünf Jahre. Bei gesunden Kindern verlaufen die Windpocken in den allermeisten Fällen völlig komplikationslos. Bei Erwachsenen sind die Komplikationen deutlich erhöht. An erster Zelle steht die Varizellen-Lungenentzündung, danach die Gehirnhautentzündung. Dieselben Viren sind auch für Erkrankungen an Gürtelrose (Zoster) verantwortlich. Zwar bildet das Immunsystem bei einer Windpockenerkrankung Antikörper gegen das Virus, die können die Keime aber nur in Schach halten, nicht völlig ausrotten. Nach Abklingen der Windpocken bleiben die Viren deshalb im Körper: Sie ziehen sich in die Nervenwurzeln des Rückenmarks ("Spinalganglien") zurück.

Verschiedene Auslöser können dazu führen, dass die Viren überhand nehmen und wieder aktiv werden.Bis zu zehn Prozent der Erwachsenen haben keine Windpocken durchgemacht und sind nicht immun. Schwangere, die nicht immun sind, haben in der 8. bis 21. Schwangerschaftswoche eine ca. 1%ige Gefahr, dass es zu Fehlbildungen des Ungeborenen kommt. Gefährdet sind auch Babys, die keine Abwehrkörper gegen Windpocken von ihrer Mutter vererbt bekamen. Sie können bereits als Babys erkranken und haben ein noch höheres Kompflikationsrisiko als Erwachsene.

Wirkprinzip der Impfung

Aktive Impfung Der Windpocken-Impfstoff wurde zunächst für abwehrgeschwächte Kinder mit Leukämie entwickelt. Der Impfstamm wird durch die Passage des Virus in Meerschweinchen-Gewebe abgeschwächt und dann in menschlichen Zellkulturen vermehrt. Der Impfstoff wird unter die Haut injiziert. Er kann gleichzeitig mit anderen Lebendimpfstoffen, etwa der Masern-Mumps-Röteln Impfung gegeben werden.

Die Schutzrate beträgt bei Kindern bis zum zwölften Lebensjahr nach einer Impfung 97 Prozent, bei älteren Personen nur noch 90 Prozent. Der tatsächliche Schutz gegen die Infektion liegt nur bei etwa 70 Prozent, vor einer schweren Erkrankung aber bei 90 Prozent. Die Schutzdauer liegt bei sechs bis zehn Jahren. Die Varizellenimpfung kann innerhalb von 72 Stunden eingesetzt werden, wenn durch Kontakt mit einer erkrankten Person die Gefahr einer Ansteckung bestanden hat.

Passive Impfung Bei der passiven Impfung werden dem Organismus fertige Antikörper gegen Windpocken zur Verfügung gestellt. Sie werden von Plasma-Spendern gewonnen, die durch aktive Impfung oder durchgemachte Krankheit einen hohen Antikörper-Spiegel besitzen. Die so genannten Varizella-Zoster-Immunglobuline werden im Allgemeinen gut vertragen. Sie sind aber sehr teuer und werden deshalb nur bei abwehrgeschwächten Patienten im dringenden Verdachtsfall einer erfolgten Infektion durchgeführt. Außerdem bei schwangeren Frauen mit negativem Antikörper-Titer und bei Frühgeborenen.

Gegenanzeigen, Nebenwirkungen

Die Verträglichkeit des Impfstoffes ist bei gesunden Kindern sehr gut. Bei etwa 10 Prozent der Geimpften kommt es zu einer leichten bis moderaten Temperaturerhöhung. Gegenanzeigen sind akute fieberhafte Erkrankungen, Erkrankungen des Immunsystems und Schwangerschaft.

Die neu empfohlene Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C im 2. Lebensjahr sollte nicht gleichzeitig mit der MMR+V bzw. MMRV-Impfung erfolgen, sondern mit einem Abstand von mindestens vier Wochen.

Experten:Univ. Prof. Dr. med. Herwig Kollaritsch (Tropenmedizin, Reisemedizin, Impfwesen), Dr. med. Gert Vetter (Allgemeinmedizin)

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