Gebräuchliche Impfungen:Grippe-Impfung (Influenza-Impfung)

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Inge Smolek

Die Impfung kann in den Monaten September bis November jährlich durchgeführt werden. Bei der erstmaligen Impfung werden Kinder mit zwei Injektionen binnen vier Wochen, Erwachsene mit einer Dosis grundimmunisiert. Die Verträglichkeit wird als sehr gut angegeben.

Erreger und Krankheitsbild

Grippeviren gehören zur Familie der Orthomyxoviridae. Sie werden von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion übertragen, die Inkubationszeit beträgt wenige Stunden bis drei Tage. Sie befallen vor allem die Zellen der Schleimhaut des Atmungstraktes und vermehren sich dort. Dadurch verursachen sie schwere Entzündungen. Die Grippe schwächt die allgemeine Abwehrkraft. Das begünstigt den Befall mit anderen Erregern, die Folge können schwere Komplikationen sein.

Grippeviren bestehen aus einem zentralen Innenkörper, der von einer Fettmembran umgeben ist. Die Hülle wird an der Innenseite noch von einer Eiweiß-Schicht verstärkt. Nach der Bauweise werden drei verschiedene Haupttypen des Influenza-Virus unterschieden (Typen A, B, C ). Größere Epidemien gehen vor allem vom Virustyp A, selten vom Typ B aus. Typ A ist außerdem bekannt für die relative Instabilität seiner Oberflächenstruktur. Dies erschwert die Bekämpfung durch Vorbeugemaßnahmen, denn wenn sich der Epidemiestamm ändert, wirkt die Impfung nur noch sehr eingeschränkt.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) verfolgt deshalb über ein weltweites Informationsnetz die aktuelle Beschaffenheit des Erregers und stimmt darauf den Antigengehalt der aktuell empfohlenen Impfstoffe ab. In den letzten Jahren hat die Prognose der WHO stets die richtigen Stämme für die Impfstoffzusammensetzung getroffen, 2003 lag man ganz knapp daneben, erzielte mit dem produzierten Impfstoff aber trotzdem einen Schutz.

Theoretisch kann auch ein tierischer Influenzavirus, beispielsweise von Geflügel, auf den Menschen überspringen und eine völlig neuartige Untergruppe bilden. Dieses Phänomen nennt man Antigenshift. Sie könnte durch das Fehlen jeglicher Abwehrbereitschaft weltweite Epidemien (Pandemien) auslösen. Der letzte bedeutende Antigenshift entstand im Winter 1918 und forderte weltweit ein Vielfaches der Opfer des eben zu Ende gegangenen Weltkrieges. Damals grassierte die so genannte "Spanische Grippe" vor allem unter jungen Leuten. Unmittelbare Todesursache war meist Lungenentzündung.

Wirkprinzip der Impfung

Eine überstandene Grippe hinterlässt für die meisten Erkrankten eine viele Jahre andauernde Immunität gegen den Erreger. Allerdings nur gegen genau diesen oder einen sehr ähnlichen Virustyp. Die Immunabwehr wehrt sich mit einer ganzen Kaskade von Schutzreaktionen gegen die Viren. Mit spezialisierten Antikörpern wird sowohl der Reifungs- und Wachstumsprozess der Viren als auch ihre Teilungsaktivität unterdrückt, oder die gesamte befallene Wirtszelle aufgefressen.

Die Impfung versucht dieses vielseitige Prinzip nachzuahmen. Die Schutzeffekte, die sie bieten kann, sind aber verglichen mit einer wirklichen überstandenen Influenza-Infektion hinsichtlich Dauer und Belastbarkeit wesentlich schwächer. Die Schutzquote liegt im Durchschnitt über alle Altersgruppen bei etwa 45 Prozent. Aber wenn sich jemand regelmäßig jedes Jahr impfen lässt, wird die Schutzrate ständig etwas besser. Je älter die geimpfte Person ist, desto höher ist auch die Gefahr eines Versagens der Schutzwirkung.

Allerdings erkranken Geimpfte in der Regel wesentlich weniger stark als Ungeimpfte. Studien ergaben eine Reduktion tödlicher Grippeverläufe bei Risikopersonen um 90 Prozent. Eine Grippe kann man von der Impfung nicht bekommen, und eine versehentliche Impfung in der Inkubationszeit spielt keine Rolle und führt nicht zu einem schwereren Krankheitsverlauf. Deshalb ist eine Impfung auch während einer bereits ausgebrochenen Epidemie noch sinnvoll.

Alle erhältlichen Influenza-Impfstoffe sind Totimpfstoffe und enthalten Antigene von den drei wichtigsten Influenzastämmen, in manchen Impfstoffen sind sogar vier Stämme enthalten. Die für die Herstellung verwendeten, auf Hühnereiern gezüchteten Viren sind in ihrer Struktur völlig intakt, wurden allerdings mit einem Hilfsstoff, beispielsweise Formaldehyd, abgetötet. Manchmal werden dazu ganze Viren verwendet. Diese so genannten Ganzvirusimpfstoffe sind besonders gut wirksam, aber am ehesten mit Nebenwirkungen verbunden. Wegen der besseren Verträglichkeit kommen vorwiegend Viren-Spaltprodukte, so genannte Spaltvirusimpfstoffe, auf den Markt.

Dafür werden die Viren in ihre Einzelbestandteile aufgespaltet. Es werden auch so genannte Subunit-Impfstoffe angeboten, die besonders hoch gereinigt sind und daher besonders gut verträglich - aber etwas weniger wirksam sind. Wegen der geringeren Schwermetallbelastung werden heute vermehrt Impfstoffe ohne Aluminium-Komponente verwendet.

Lebendimpfstoff Derzeit wird intensiv mit einem Lebend-Viren-Impfstoff experimentiert. Von ihm wird erwartet, dass er eine ähnlich starke Abwehrreaktion auslösen könnte wie die echten Viren. Dadurch sollte sich auch eine wesentlich längere Schutzwirkung entfalten. Da Grippeviren aber extrem häufig mutieren, ist die Standardisierung eines Impfstoffes schwierig und die Gefahr von echten Grippefällen in der Folge einer Impfung recht hoch. Deshalb wurden bislang noch keine Lebendimpfstoffe zugelassen und eine Markteinführung ist auch noch für längere Zeit nicht in Sicht.

Gegenanzeigen, Nebenwirkungen

Die Impfung sollte in den Monaten September bis November durchgeführt werden. Bei der erstmaligen Impfung werden Kinder mit zwei Injektionen binnen vier Wochen, Erwachsene mit einer Dosis grundimmunisiert.

Die Verträglichkeit wird als sehr gut angegeben. Bei etwa 10 Prozent aller Geimpften wird eine geringe Hautrötung und eine leichte Verhärtung an der Injektionsstelle beobachtet. In seltenen Fällen kann leichtes Fieber mit Muskelschmerzen auftreten. Bei Allergie gegen Hühnereiweiß sollte die Impfung unterbleiben.

Gesundheitspolitische Ziele

Grippeepidemien können mit den heute zur Verfügung stehenden Impfstoffen nicht vermieden werden. Für Personen über 60 Jahren oder für geschwächte Personen mit erhöhter Krankheitsanfälligkeit bietet die Impfung jedoch einen vergleichsweise guten Individualschutz gegen schwer verlaufende Krankheitsfälle.

Experten: Univ. Prof. Dr. med. Herwig Kollaritsch (Tropenmedizin, Reisemedizin, Impfwesen), Dr. med. Gert Vetter (Allgemeinmedizin)

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