Fußball:Ziemlich kaputt

Unsaubere Geschäfte, mögliche Bestechung: Der Weltverband des Fußballs hat riesige Probleme - und wird sie wohl so schnell nicht los.

Von Claudio Catuogno

Vor zweieinhalb Monaten hat es ein alter Mann auf die Titelseiten fast aller Zeitungen geschafft: der Schweizer Sepp Blatter, 79. Das ist ein Alter, in dem die meisten Menschen längst in Rente sind. Sepp Blatter hingegen ist immer noch der wichtigste Mann im Fußball: der Präsident des Fußball-Weltverbands Fifa. Aber dann, Anfang Juni, kündigte er an, dass er zurücktreten werde. Nicht, weil er sich zu alt fühlte. Sondern, weil er das Gefühl hatte, dass ihm viele Menschen nicht mehr zutrauen, die Probleme zu lösen, die es in der Fifa gibt.

Und es gibt eine Menge Probleme. Als sich im Mai die wichtigsten Fifa-Leute in Zürich trafen, wurden gleich sieben von der Polizei verhaftet. Ermittler in der Schweiz und in den USA werfen ihnen vor, dass sie sich haben bestechen lassen: Wenn die Fifa zum Beispiel entschied, wo eine Weltmeisterschaft stattfindet, sollen sie Geld dafür genommen haben, dass sie für ein bestimmtes Land stimmen. Wenn die Übertragungsrechte für Fußballspiele an Fernsehsender verkauft wurden, sollen sie ebenfalls heimlich mitkassiert haben. Und Sepp Blatter? Dem hat man nie nachweisen können, dass er dabei persönlich mitgemacht hat. Aber es gibt sogar ein Gerichtsurteil, in dem steht, dass Blatter von zwielichtigen Geschäften wusste. Er war 17 Jahre lang der Chef, er trägt die Verantwortung. Sein Rücktritt wurde deshalb von vielen als "überfällig" bezeichnet, auch von Wolfgang Niersbach, dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bunds (DFB).

Die Luft ist raus - Fußball mit CSU-Logo

Den Spaß am Fußball wollen sich Fans und Profispieler in aller Welt nicht vermiesen lassen. Aber viele ärgern sich über die Skandale bei der Fifa.

(Foto: Tobias Hase/dpa (Bearbeitung: SZ))

Aber nun, zweieinhalb Monate später, heißt der Präsident der Fifa immer noch Sepp Blatter. Der alte Mann hat es nicht eilig, sein Büro zu räumen. Als sich der Fifa-Vorstand vor Kurzem in Zürich traf, um einen Termin für die Neuwahl festzulegen, schaffte es Blatter, den Zeitpunkt so weit wie möglich hinauszuzögern. Bis zum 26. Februar 2016 ist er noch Präsident. Was macht er bis dahin? Das fragen sich jetzt viele. Er wird vermutlich seinen Schreibtisch aufräumen. Und es wäre kein Zufall, wenn dabei ein paar Unterlagen verschwinden würden, die viele Leute sehr interessieren. In denen zum Beispiel steht, wie viel Blatter eigentlich verdient. Experten gehen davon aus, dass es jedes Jahr mehr als eine Millionen Euro sein dürfte. Aber genau weiß es niemand, die Fifa hält den Betrag streng geheim.

Zwei Männer haben inzwischen bekannt gegeben, dass sie Blatters Nachfolger werden wollen: Chung Mong-joon aus Südkorea und Michel Platini aus Frankreich. Beide sind jünger als Blatter: Chung ist 64, Platini ist 60 Jahre alt. Aber wären sie in der Lage, die Betrügereien zu beenden? Daran gibt es Zweifel. Chung ist an der Autofirma Hyundai beteiligt. Als es bei einer Abstimmung vor vielen Jahren mal darum ging, dass die WM 2002 nicht nur in Japan stattfindet, sondern auch in Chungs Heimatland Südkorea, hatte danach plötzlich ein brasilianischer Fifa-Mann ein Hyundai-Autohaus. Nur ein Zufall? Platini wiederum hat dafür gestimmt, dass die WM 2022 in Katar stattfindet, einem Mini-Land, in dem es im Sommer über 50 Grad heiß wird. Kurz darauf bekam sein Sohn einen tollen Job in Katar. Nur ein Zufall? Die Fifa wird einen neuen Chef bekommen, die Gepflogenheiten bleiben wohl die alten.

Fußball: Bei einer Fifa-Sitzung hat jemand mit Banknoten nach Sepp Blatter geworfen - als Zeichen des Protests.

Bei einer Fifa-Sitzung hat jemand mit Banknoten nach Sepp Blatter geworfen - als Zeichen des Protests.

(Foto: Reuters)

Schon gewusst?

Fifa

Wer in Deutschland einem Fußballverein beitritt, ist auch Mitglied des deutschen Fußball-Bunds DFB. Und der DFB ist einer von 209 nationalen Verbänden, die der Fifa angehören. Sie wählen alle vier Jahre den Fifa-Präsidenten. Der Verband jedes Landes hat eine Stimme. Der DFB mit fast sieben Millionen Mitgliedern hat bei Wahlen genauso viel zu sagen wie der kleine Verband der Fidschi-Inseln, der 30 000 Mitglieder vertritt. Das würden manche Leute gerne ändern. Die wichtigste Aufgabe der Fifa ist es, die Weltmeisterschaften zu organisieren. Dabei verdient sie viel Geld. Ein Teil fließt an die Mitgliedsverbände zurück. Aber natürlich lassen sich auch die Fifa-Chefs gut bezahlen.

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