Musiker Fendrich und Ambros im Zwist:Schnee von gestern

Es geht um Drogen, Austropop und Männerfreundschaften. Wolfgang Ambros und Rainhard Fendrich giften sich an und Österreich schaut zu. Mit der öffentlichen Selbstzerfleischung der einstigen Bandkollegen dürfte auch ein geplantes Comeback vom Tisch sein.

Cathrin Kahlweit

Was gute Freundschaft für ihn bedeute, das erläutert Wolfgang Ambros kurz und knapp: "Nichts, was mich mit dem Fendrich verbindet". Dann erzählt er zahlreichen Journalisten in zahlreichen Medien weiter von seinem aufregenden Leben, dass Katzen sieben hätten - er aber offenbar über zwölf Leben verfüge. Er sei mal als Kleinkind fast in der Regentonne ertrunken und habe mal Tollkirschen gegessen, Autounfälle habe er überlebt, Malaria und Krebs auch.

Fendrich bricht mit Ambros

Da war die Welt noch in Ordnung. Jetzt kündigen sich Rainhard Fendrich und Wolfgang Ambros gegenseitig die Freundschaft auf.

(Foto: dpa)

Da ist so ein kleiner Streit mit "dem Fendrich" eigentlich nicht der Rede wert. Dennoch redet ganz Österreich vor allem darüber: Warum der Ambros Wolfgang, legendärer Liedermacher, Gelegenheitsrocker und Liebling aller Après-Ski-Fans wegen seines Mitbrüll-Hits "Schifoan", so über den Fendrich Rainhard, Liedermacher, Gelegenheitsrocker und Liebling aller Frauen wegen seines Hits "Weilst a Herz hast wie a Bergwerk", warum also der Ambros so über den Fendrich hergezogen ist.

Ob er damit, nicht ganz uneigennützig, eventuell seine Biographie ein bisschen ins Gespräch bringen wollte? Die ist nämlich am Freitag erschienen. Oder ob er damit vielleicht seine eigene Rolle in der Musikszene aufwerten wollte? Wo doch der Ambros, der Fendrich und der einstmals dritte im Bunde, der 2007 an Krebs verstorbene Barde Georg Danzer, früher mal das angesagteste Trio Österreichs waren. Wo sie doch als Austria 3 über die Grenzen des Landes hinaus bewiesen haben, dass die kleine Alpenrepublik Schmelz, Selbstironie und Witz mit Talent und Musikalität zu einer unschlagbaren Mischung verbinden konnte: dem Austropop.

Tempi passati. Der Ambros ist über den Fendrich hergezogen, öffentlich und ausführlich, und nun sagt der Fendrich in News: "Als Mensch habe ich vor ihm jeden Respekt verloren. Jemanden in einer solchen Art und Weise vorzuführen, ist extrem irritierend." Jedenfalls werde er nie wieder mit dem Wolfgang auftreten. Das war's dann wohl mit den Gerüchten über die Wiederauflage von Austria 3, die für den kommenden Februar mit einem neuen dritten Mann geplant war.

Und das sind die traurigen Fakten: Vor einigen Tagen erzählte Ambros in der Ö3-Sendung "Frühstück bei mir" frei von der Leber weg, wie Fendrich früher bei gemeinsamen Auftritten immer gekokst habe, vor allem vorher, und wie er und der Danzer dann auf der Bühne hätten kaschieren müssen, dass der Rainhard nicht so ganz auf der Höhe war. "Der Georg (Danzer) war außer sich und hat zu ihm gesagt: Hörst du jetzt endlich mit dem Dreck auf, ja? Weil wir ihn immer wieder erwischt haben mit irgendwem, ums Eck gebogen und dann rausgekommen, verstehst du, mit den Knopferlaugen."

Das habe das Trio, wie Ambros so schön sagt, "entdreit". Sie hätten den Fendrich dringend gebeten, nicht vor den Auftritten Drogen zu nehmen, aber "er hat's dann trotzdem getan. Aber das war dann ja auch schon wurscht. Wir haben eh die meiste Arbeit gemacht. Das waren der Georg und ich, wir haben die meisten Sachen gesungen und haben halt kaschiert, so gut des ging."

Nun ist die Tatsache, dass Rainhard Fendrich drogenabhängig war, spätestens seit 2006 öffentlich; damals geriet der Sänger in eine Razzia, wurde festgenommen, machte einen Entzug und eine Therapie, und startete im Jahr darauf sein Comeback. Er sei seither clean, sagt er.

Fendrich soll andere "verpfiffen" haben

Deshalb ist auch der zweite Teil des Ö3-Interviews mit Ambros fast noch unfreundlicher: Darin betont der Ex-Freund, dass Fendrich zahlreiche Menschen "verpfiffen" habe, "und dann hat er noch ein Konzert gespielt in der Stadthalle und hat die Leute umarmt, die er vorher schon verpfiffen hat. Das hat ihm so mancher nicht vergessen."

Allerdings stand damals, als Fendrich aufflog, auch in allen österreichischen Medien nur mühsam verschlüsselt, von wem die Wiener Society mit Koks versorgt wurde, und wen man bisweilen an der Seite von notorisch drogenabhängigen Musikern und anderen Prominenten sah. Fendrich habe "gesungen wie ein Zeiserl", war zu lesen, und er selbst ließ sich gern damit zitieren, wer ihn "fallweise auf ein Naserl eingeladen" habe.

Dass Wolfgang Ambros das nun alles wieder hervorgekehrt hat unter dem Teppich des Vergessens, will Rainhard Fendrich ihm nicht vergeben. In seiner aktuellen Replik dementiert er empört, dass sein Drogenkonsum je ein Problem auf der Bühne gewesen sei: "Wenn wir gespielt haben, war ich immer voll da. Ich habe nie in meinem Leben ein Konzert geschmissen."

Was nur bedingt stimmen kann, wenn man zur Recherche etwa alte Musikkritiken der Münchner Abendzeitung heranzieht. Da steht zum Beispiel über einen Auftritt von Austria 3 auf dem Tollwood-Festival: "Auch wenn Rainhard Fendrich im verschlabberten Outfit den Einsatz verpasst, gab es Szenenapplaus . . ." Egal, Fendrich ist mit Ambros eh durch: "Wenn ich draufkomme, dass einer nie mein Freund war, obwohl ich ihn dafür gehalten hab, ist es aus."

Die Wiener Gesellschaft hat jetzt immerhin ein schönes neues Tratsch-Thema. Auf der überfüllten "Muschelgala" im Naturhistorischen Museum - dort wird von Starköchen für die High Society und für einen guten Zweck die Muschelsaison kulinarisch eröffnet - zieht die Prominenz begeistert über Ambros und Fendrich her.

Reportern des Nachrichtenmagazins News gaben die Befragten allzu gern Auskunft: "Der Ambros hat das doch gar nicht nötig", hieß es da, "Unter Kollegen macht man das nicht." Andererseits sei da sein neues Buch, und "wenn du verkaufen willst, musst du mit irgendwem abrechnen."

Neben dem eher unterhaltsamen Austausch von Unfreundlichkeiten zwischen den beiden Pop-Größen hat die Angelegenheit indes einen überaus ernsten Hintergrund, denn Ambros, der selbst gern und viel trank und auch andere Drogen konsumierte, redet in seinem Ö3-Interview vehement gegen eben diesen Drogenkonsum an. Wie er kaputtmacht, wie er die Seele frisst, wie er den Körper zerstört, wie er Freundschaften und Karrieren eliminiert.

Ambros und Fendrich - das beteuern und betonen sie beide - haben daraus gelernt; Danzer hatte diese Chance nicht mehr, er hat sich regelrecht zu Tode geraucht. Die österreichischen Pop-Titanen sind am Koks beinahe zugrunde gegangen, ähnlich wie der deutsche Liedermacher Konstantin Wecker.

Kleiner Nachtrag: Ambros sagte nach dem Wirbel um sein Interview, Ö3 sei schuld, der Sender habe den Teil des Gesprächs nicht gesendet, in dem er, Ambros, sage, dass das alles mit dem Fendrich ja Schnee von gestern sei, vergeben und vergessen. Der gesamte Wortlaut des Interviews, umgehend vom ORF veröffentlicht, gibt diese - als Vorwurf an Dritte getarnte - Entschuldigung allerdings nicht her.

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