Familientrio:Was tun, wenn sich die Erzieherin einmischt?

Die Kindergärtnerin findet den Vater zu distanziert zu seiner Tochter - und sagt ihm das deutlich. Soll er sie in ihre Grenzen weisen? Drei Experten antworten.

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Die Frage

Tagesmutter im Alltag

Quelle: picture alliance / dpa

Neulich sprach mich die Erzieherin unserer fünfjährigen Tochter an. Ich sei zu meinem Kind oft zu distanziert und umarme es zu wenig. Und ob ich seit der Trennung von meiner Frau denn genug Kontakt zu meiner Tochter habe. Geht sie damit nicht zu weit? Soll ich sie in ihre Grenzen weisen und wenn ja, wie? Christian T., Berlin

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Kirsten Boie

Kirsten Boie

Quelle: Christian Charisius/dpa

Die Erzieherin hat vermutlich gefragt, weil ihr nicht die fehlenden Umarmungen, sondern etwas am Verhalten Ihrer Tochter aufgefallen ist. Vielleicht hat sie etwas gesagt, und die Erzieherin macht sich Sorgen. Dann ist es gut und mutig, Sie anzusprechen. Allerdings spielt die Art, wie sie das tut, also ihr Ton, eine große Rolle: Das können Sie ansprechen! Sagen Sie: Es gibt Familien, in denen man sich ständig umarmt, und es gibt Familien, in denen eine große Herzlichkeit herrscht, ohne ständigen körperlichen Kontakt. Wenn Sie glauben, Ihre Beziehung ist liebevoll und Ihre Tochter empfindet das auch so, müssen Sie sich nicht angegriffen fühlen. Einfach lächeln und sagen, Sie lieben Ihre Tochter und sehen sie, so oft Sie dürfen.

Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugendbüchern, darunter die allseits bekannten und geliebten Geschichten "aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk".

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Jesper Juul

Jesper Juul

Quelle: Anne Kring

Ich bin von der Form der Verantwortlichkeit dieser Pädagogin beeindruckt! Nachdem ich aber weder ihre Stimmlage noch ihren Gesichtsausdruck gesehen habe, als sie das zu Ihnen sagte, fällt es mir schwer, Sie bei Ihrem nächsten Schritt zu beraten. Egal ob Sie sich moralisch oder persönlich verletzt fühlen, Sie sollten ihr sagen, dass ihr Verhalten Sie so verstört hat, dass es Ihnen schwerfällt herauszufinden, auf welche Beobachtungen sie ihre Aussage stützt, und dass sie diese bitte erklären soll. Das könnte aus professioneller Sicht komplett unqualifiziert sein; in diesem Fall sollte die Erzieherin darüber noch einmal nachdenken und ihre Meinung erst dann sagen, wenn Sie dazu bereit sind. Akzeptieren Sie niemals negative Kritik. Keine Form von Kritik, egal woher sie kommt, hat je elterliche Fähigkeiten verbessert oder deren Kindern geholfen. Hat sie hingegen gute Gründe aus professioneller Sicht, sollte Ihnen bewusst sein, dass die meisten Menschen sich schwertun, ihre Bedenken zu äußern und deswegen nichts sagen - was noch schlimmer ist. Diese Unsicherheit kann daher zu etwas ungeschickten Formulierungen führen, für die sie Ihr Feedback braucht.

Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internatio- naler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.

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Collien Ulmen-Fernandes

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Quelle: Anatol Kotte

Mir kommt das genauso übergriffig vor, unabhängig davon, ob das nun stimmt oder nicht. Vielleicht nehmen Sie die Erzieherin mal in den Arm und fragen, wie es ihr geht. Sonst hängt die Dame vermutlich demnächst ein Bild von Ihnen an das schwarze Brett: DIES IST HERR T.! HERR T. IST JETZT GETRENNT! HERR T. UMARMT SEINE TOCHTER NICHT OFT GENUG! Ich denke, es ist durchaus berechtigt, ihr offen zu sagen, dass hier die Grenzen der Erzieherinnentätigkeit erreicht sind, nämlich wenn die Erzieherin den Erziehungsanspruch auf die Eltern ausdehnt. Woher möchte sie wissen, dass Sie Ihre Tochter zu wenig umarmen, ohne Ihrem Alltag beizuwohnen? Sollten reale Beobachter Ihres Alltags Ähnliches äußern, muss man einen solchen Hinweis unbedingt ernst nehmen. Da ich jedoch nicht davon ausgehe, dass Ihre Ex-Frau Sie tagtäglich mit Kind im Kindergarten abliefert und Sie dort den ganzen Tag der intensiven Beobachtung durch die Erzieherin ausgesetzt sind, kann man hier nur sagen: Grenze ganz klar überschritten!

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin, Model und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

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© SZ.de/olkl
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