Liebe Verena S., wenn Sie, wie ich, ein bisschen bewandert sind in Sachen Hochzeitsfilme, wenn Sie das breite, blühende Feld der Hochzeitscomedy ein bisschen kennen, dann wissen Sie: Jede Hochzeit ist ein Spiegelbild ihrer neurotischen Hauptpersonen, ein absurdes, oft überspanntes Theaterstück der Eitelkeiten, und es bietet allüberall die Chance für Peinlichkeiten. Wo sonst gibt es so herrliche Diskrepanzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit?
Diese Hochzeit fängt ja schon mal toll an: Eigentlich ist sie ungewollt, da zu teuer, dann aber muss sie doch wieder sein, da gesellschaftlich erwartet. Ich empfehle Ihnen, sich schon vor der Veranstaltung einen persönlichen Begrüßungssekt zu genehmigen; dann empfehle ich, sich in eine Art mentale Vogelperspektive zu begeben und das eitle Treiben eher aus einer Balzac-Erzählperspektive wahrzunehmen. Seien Sie bitte nur eines nicht und nie: beleidigt. Denn von beleidigten Gastgebern und Gästen gibt es auf der Welt schon genug, und es würde mich nicht wundern, wenn mancher Krieg in Wirklichkeit durch die Verletzung eines unausgesprochenen sozialen Hochzeitscodes entstanden ist.
Also, noch mal: Fahren Sie auf jeden Fall hin, betrinken Sie sich vorher, halten Sie sich aus allen Streitigkeiten raus, und gönnen Sie sich vor Ort ein extragroßes Stück Hochzeitstorte.
Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".