Zunächst mal muss man sagen, Ihr Sohn ist nicht allein mit dem Neon-Ding: Der Fußballer Neymar macht das, und Lehrer, die in den Ferien zum Canyoning fahren. Sie alle tragen Neonfarben. Die können ganz unterschiedliche Botschaften transportieren, zum Beispiel: "Ich bin noch aktiv", oder "Ich möchte mich als Fußgänger im nächtlichen Verkehr kenntlich machen". Aber bei Ihrem Sohn tippe ich auf das klassisch jugendliche: "Guck mal, hier bin ich".
Generell finde ich ja Leute toll, die mit ihrem Style aus der Mehrheitsgesellschaft ausbrechen. Am sympathischsten ist mir immer der Grunge unter den Katholiken, der Dicke unter den Athleten und der Discounterkleidungs-Träger am Rosenthaler Platz in Berlin. Ich kenne Ihren Style zwar nicht, aber Sie stammen aus München, haben einen zehnjährigen Sohn und lesen die SZ. Ich tippe bei Ihrem Style auf eine gut dosierte Mischung von "Pep" und "Chic".
Damit sind Sie unter Müttern in München nicht allein. Im Gegenteil: Wenn Sie unterwegs sind, fallen Sie vermutlich nicht auf, anders als Ihr Sohn. Und damit hat er, wie ich finde, einen ersten, ungefährlichen Akt des Widerstands geleistet. Er hat Charakter bewiesen, indem er etwas trägt, das die Mehrheit für hässlich hält - und zwar mit Stolz. Glückwunsch!
Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".