Familientrio:Darf ich die Spielsachen meiner Kinder ausmisten, ohne sie zu fragen?

Wenn die Dinge nicht mehr funktionieren oder verwendet werden, landen sie im Müll - auch ohne Absprache mit den Kindern. Ist das richtig? Drei Meinungen.

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Kinderzimmer Unordnung Puppe liegt am Boden Puppenkleidung *** Nursery disorder doll lies on floo

Quelle: imago/allOver

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Laura K. aus Bamberg​ fragt:

Die Zimmer meiner Kinder sind voller Sachen, die entweder kaputt sind oder nicht mehr verwendet werden: Dreirädrige Autos, ungeliebte Kuscheltiere. Ich miste von Zeit zu Zeit mit meinen Kindern aus, aber manchmal entsorge ich auch Sachen, ohne sie zu fragen. Mein Mann findet das nicht in Ordnung. Hat er recht?

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de.

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Quelle: Stefanie Fiebrig

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Meine Mutter erzählt heute noch, dass sie mal in meinem Kinderzimmer ausgemistet hat, und Wochen später hätte ich gefragt, wo das kleine Bild mit dem Igel sei. Bestimmt war das wichtig für mich, aber heute kann ich mich nicht an das Bild erinnern. Andererseits vermisse ich bis heute einen grünen Bären namens Poli, den ich selbst für ein rumänisches Waisenhaus gespendet habe. Vielleicht vermisse ich den Bären nur, weil er weg ist. So, Tränen wegwischen! Ich finde es in Ordnung, von 100 Pferdebildern 20 wegzuwerfen, von Überraschungseierschnickschnack fast alles, einfach Dinge, die das Kind ohnehin nicht mehr auf dem Schirm hat. Wichtig finde ich, dass man aussortieren und aufräumen zusammen übt, und das tun Sie.

Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit Tochter, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke sowie Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt 2016 den Deutschen Jugendliteraturpreis.

Jesper Juul

Quelle: Anne Kring

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Ich tendiere dazu, Ihrem Mann recht zu geben. Es gibt zwei Alternativen, wie Sie vorgehen können: Eine wäre zu sagen: "Okay, wenn du einen besseren Weg hast, dann zeig mir nächstes Mal, wenn ich mal wieder etwas Ordnung ins Kinderchaos bringen will, wie du es machen würdest. Wenn er Sie nämlich nur kritisiert, behandelt er Sie genauso unfair wie Sie die Kinder. Also sagen Sie ihm nächstes Mal, wenn wieder aufgeräumt werden muss, Bescheid. Er mag dann die Notwendigkeit aufzuräumen infrage stellen, aber das ist nicht das Thema. Es geht darum, wie man mit Kindern redet, wenn deren Verhalten einen stört. Ein zweiter Weg wäre, ihn zu fragen, was an Ihrer Art ihn stört und wie er es ändern würde. In diesem Fall wie in tausend anderen Fällen auch geht es nicht darum, was die Kinder tun, sondern wie wir als Erwachsene mit unserer eigenen Frustration umgehen, ohne ihre Grenzen zu verletzten.

Jesper Juul ist Vater, zweifacher Großvater und Familientherapeut in Dänemark. Er hat zahlreiche Erziehungsratgeber geschrieben, darunter den in 14 Sprachen übersetzten Bestseller "Dein kompetentes Kind".

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Quelle: Anatol Kotte

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Tatsächlich ist das ein Übergriff, den ich seit meiner Kindheit nicht verstanden habe, als plötzlich gewisse Zettel und Magazine und unüberschaubare Konstrukte fehlten, ohne dass irgendwer mit dem Besitzer, also mir, sprach. Ein No-Go. Diebstahl. Wovon auch immer. Wenn ich eine "Wild und Hund" aus dem Kiosk klaue, ist das, obwohl es sich um ein wertloses Schrottmagazin handelt, ein Diebstahl. Unabhängig von der Verwendungsidee und dem aktuellen Zustand (verknotet, zerschunden, vergammelt) eines Spielzeugs handelt es sich ja um das Eigentum des Kindes. Okay, kann sein, dass ich es dem Kind gekauft habe - aber ich habe es ihm geschenkt und höchstwahrscheinlich auch Anerkennung und Dank dafür geerntet; dann kann ich das Besitzverhältnis um so weniger ignorieren. Ich weiß, dass Kinder fürchterlich anzusehende Konglomerate von Ex-Gebrauchsgegenständen, Legomännchenbeinen, Eulenaugen und undefinierbaren Fäden bauen. Sie dann und wann abzureißen, verlangt das hygienische Grundverständnis. Aber doch bitte nicht allein; und außerdem: Mit diesem hygienischen Grundverständnis müsste man 80 Prozent der deutschen Städte abreißen, die irgendwann in den 60ern und 70ern da so zusammengemüllt worden sind. Und da würde man schließlich auch zuvor die Besitzer fragen.

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

© SZ vom 07.04.2018/ick
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