Familientrio:Darf eine Frau sich an ihrem untreuen Ehemann rächen?

Ihr Mann hat sie jahrelang betrogen, jetzt ist er gebrechlich und auf Hilfe angewiesen. Darf seine Frau es ihm heimzahlen und ihn in ein Pflegeheim geben? Drei Experten antworten.

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(Foto: jmdphoto / photocase.de)

Marlene L. aus Lüneburg fragt: Meine Freundin hat eine lange, unglückliche Ehe geführt. Ihr Mann ist ständig fremdgegangen. Jetzt ist er alt und gebrechlich geworden und braucht ihre Hilfe - und sie rächt sich, indem sie ihn ins Heim steckt. Darf sie das? Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de​

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(Foto: Stefanie Fiebrig)

Da sag ich erst einmal: Eijeijei. Eijeijeijeijei. Aber das hilft gar nicht. Obwohl, mir hilft es schon, wenn ich es eine Weile sage: Eijeijei, die Menschen. Die erste Frage ist für mich naheliegend, ob sie es tatsächlich rein rechtlich darf. Ist sie denn sein Vormund? Stand im Ehevertrag: "Gehst du fremd, pflege ich dich nicht"? Er hat ihre Übereinkunft, ihre Intimitäten lange und oft verletzt, und nun will sie auch mal. Warum nicht? Frauen sind immer viel zu nett. Eigentlich fällt ihr das zu spät ein. Sie hätte ihn schon vor 30 Jahren ins Heim stecken sollen. Die Mutter eines Freundes hat sich mit über 80 Jahren scheiden lassen, als der Mann im Sterben lag. Sie hat gesagt: "Nee, das mach ich nicht." Und dann hat sie ihn sterben lassen und ist selbst bald gestorben. Ob sie das durfte, war ihr wurscht. Sie wollte in Ruhe ohne ihn sterben und war zum Pflegen zu alt. Durfte der Mann Ihrer Freundin denn fremdgehen? Nein. Darf sie ihn ins Heim stecken? Ich murmel zum Abschied leise Vielleicht, und sonst verfalle ich lieber wieder ins "Eijeijeijeijei, die Menschen." Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit Tochter, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke und Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt den Deutschen Jugendliteraturpreis.

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(Foto: Anne Kring)

Ihre Freundin hat sich dafür entschieden, bei ihm zu bleiben. Sie hat damit auch entschieden, all die Jahre Erniedrigungen und Einsamkeit zu ertragen. Wie es jetzt weitergehen soll, da der Mann alt und gebrechlich geworden ist, wird für sie ebenfalls eine schwere und einsame Entscheidung gewesen sein. Ich rate Ihnen deshalb, dass Sie Ihre Freundin so viel wie nur möglich unterstützen, ganz egal, was sie mit dem Mann macht. Diese Entscheidung hängt nicht von moralischen Erwägungen ab, sondern ganz allein davon, wie sie den Rest ihres eigenen Lebens verbringen will. Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internatio- naler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.

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(Foto: Anatol Kotte)

Jetzt könnte ich: "Ja", schreiben, den Rest der Fläche hier frei lassen, damit Kinder dort etwas hineinmalen können. Ich will dieses Ja aber noch begründen. Erstens: Ja, weil ihr Mann sich glücklich schätzen darf, dass er sich nach dem ständigen Fremdgehen überhaupt noch in einer engen Beziehung zu Ihrer Freundin befindet. Er darf glücklich sein, dass ihn überhaupt noch jemand irgendwohin steckt - er könnte ihr ja auch total egal sein. Und ja, weil es selbst unter anderen Umständen immer vertretbar ist, sich im Alter Hilfe zu suchen, selbst wenn der Mann Ihrer Freundin sich immer moralisch einwandfrei verhalten hätte. Jetzt aber umso mehr, da die Situation eine ganz spezielle ist. Der ultimative Grund, warum der Fremdgeh-Opa aber unbedingt in einem Heim wohnen sollte: Während er zu Hause, bei seiner Frau, durch seine bloße Anwesenheit ungute Gefühle auslöst, weil er's nun mal "verkackt" hat mit der Ehe, kann er im Heim seiner liebsten Beschäftigung nachgehen. Bekanntlich werden ja Frauen älter als Männer, und die Heime sind voller älterer Witwen, die sich über Aufmerksamkeit freuen. Wo, wenn nicht hier, kann ein alternder Gigolo glücklich und vital seine letzten Jahre verleben? Es gibt also überhaupt gar keinen Grund für ihre Freundin, ein schlechtes Gewissen zu haben. Ich hätte es nicht anders gemacht. Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

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