Erziehungsfragen:Dürfen Eltern bestimmen, was Kinder kaufen?

Arme Kinder sind sozial benachteiligt

Dürfen Eltern vorschreiben, was ihre Kinder vom Taschengeld kaufen?

(Foto: Patrick Seeger/dpa)

Die drei Kinder dürfen frei über ihr Taschengeld verfügen. Doch der 13-Jährige kauft sich lauter Videospiele. Die Mutter will wissen: Darf ich das verbieten? Experten antworten.

Ein Leser fragt:

Unsere Kinder (8, 10 und 13 Jahre) bekommen alle drei Taschengeld, über das sie frei verfügen dürfen. Nun spart der Älteste eifrig und kauft sich ein schreckliches Computerspiel nach dem anderen. Ich will ihm das verbieten - andererseits ist es eben sein Geld und damit seine Entscheidung. Was kann ich tun? Carolin B., 45, München

Drei Experten antworten:

Kirsten Boie: Es gibt Dinge, die Sie aus gutem Grund ablehnen

Bundesweiter Vorlesetag

Kinder- und Jugendbuchautorin Kirsten Boie

(Foto: picture alliance / dpa)

Genau diese Probleme haben (fast) alle Eltern in der Pubertät ihrer Kinder: Wie weit darf ich mich noch einmischen? Wie viel Druck darf ich auf sie ausüben? Was darf ich ihnen noch verbieten, ohne ihre Entwicklung zur Selbständigkeit zu behindern? Zunächst einmal finde ich, dass Sie auch die Anschaffungen vom Taschengeld durchaus verbieten dürfen. Den Kauf einer Maschinenpistole würden Sie ja wohl auch kaum erlauben. Es gibt Dinge, die Sie aus gutem Grund ablehnen. Noch sind Sie verantwortlich für Ihren Sohn - immerhin so lange, bis er 18 Jahre alt ist! Für diese Grenze gibt es ja auch gute Gründe. Wichtig finde ich, dass Sie die Computerspiele nicht einfach so pauschal verbieten. Ihr Sohn sollte wissen, dass Sie sich jedes Spiel sehr genau ansehen und dann entscheiden, ob er es kaufen oder behalten kann. Bestimmt haben Sie Ihrem Sohn längst erzählt, warum es diese Art der Spiele in so großer Zahl gibt und dass sie für ihre Produzenten wahre Gelddruckmaschinen sind. Und natürlich hat ihn dieses Argument nicht das kleinste bisschen beeindruckt. Trotzdem: Selbst Jugendliche, die zunächst wüten und toben und den Eltern die schlimmsten Beschuldigungen an den Kopf schmeißen, erklären dem passenden Gesprächspartner gegenüber durchaus stolz, dass ihre Eltern sich schließlich um sie kümmern würden. (Trotzdem wäre ihnen das Spiel natürlich viel lieber als das Kümmern!)

Kirsten Boie

Kirsten Boie ist Schriftstellerin und Autorin von mehr als hundert Kinder- und Jugendbüchern, darunter die allseits bekannten und geliebten "Geschichten aus dem Möwenweg" oder die Abenteuer des kleinen "Ritter Trenk".

Jesper Juul: Lassen Sie ihn alleine entscheiden

Erziehungsfragen: Familientherapeut Jesper Juul.

Familientherapeut Jesper Juul.

(Foto: Franz Bischof)

Um Ihrem Sohn das jetzt noch zu verbieten, ist es viel zu spät. Das würde in der Struktur Ihrer Familie absolut nichts verbessern. Erklären Sie Ihrem Sohn daher, was Sie über den Kauf denken, und lassen Sie ihn dann aber alleine entscheiden. Sie beide werden es überleben!

Jesper Juul

Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark und Autor zahlreicher internationaler Bestseller zum Thema Erziehung und Familie.

Katia Saalfrank: Für Kinder ist es wichtig zu hören, was Sie denken

Katia Saalfrank

Diplom-Pädagogin Katia Saalfrank.

(Foto: picture alliance / dpa)

Sie haben hier einen klassischen inneren Konflikt, denn einerseits geben Sie Ihren Kindern Taschengeld, damit sie das Geld zur freien Verfügung haben, andererseits wird in Ihrer Frage deutlich, dass diese "freie Verfügung" eben doch nicht uneingeschränkt gilt und durch Sie definiert wird. Was ist Ihnen hier also wichtiger: Wollen Sie, dass Ihre Kinder nur bestimmte Dinge kaufen, und alles andere, womit Sie nicht einverstanden sind, verbieten? Oder wollen Sie Ihren Kindern mit der Taschengeldgabe einen Raum zu Autonomie und eigener Verantwortung zur Verfügung stellen? Wenn Sie das Erstere bevorzugen, wird es immer wieder zu solchen Konflikten kommen, und wahrscheinlich geraten Sie auch schnell an verschiedenen Stellen in einen Machtkampf mit Ihren Kindern. Dies können Sie verhindern, wenn Sie die zweite Variante wählen. Hier steht den Kindern das Taschengeld ganz klar zur freien Verfügung, und Sie können als Eltern diese Erfahrungen begleiten. Sie können mit Ihren Kindern über ihre Planungen sprechen und sich austauschen. Gut ist, wenn Sie im Gespräch nicht abwertend oder abfällig werden. Für Kinder ist es wichtig zu hören, was Sie als Mutter denken und fühlen. Selbst dann, wenn sie schließlich oft anders handeln, als wir Eltern es uns wünschen.

Katia Saalfrank

Katia Saalfrank ist Pädagogin, Musiktherapeutin und wurde als Fachberaterin in der Sendung "Die Super Nanny" bekannt. Heute arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis in der Eltern- und Familienberatung.

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: