Erziehungsfragen:Darf sich das Gespräch nur um Kinder drehen?

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Ein Treffen unter Freunden. Wenn sich das Gespräch nur um den Nachwuchs dreht, nervt das diejenigen ohne Kind. (Foto: Jo.Sephine / photocase.com)

Verminter Abend: Darf man im Freundeskreis über das Dauerthema "Kind" reden, obwohl einige ohne Nachwuchs dabei sind? Oder müssen Eltern schweigen? Experten antworten.

Leserin Nina I., 39, aus München fragt:

In meinem Freundeskreis gibt es wenige Kinderlose. Wenn wir uns sehen, dreht sich das Gespräch daher viel um den Nachwuchs. Die ohne Kind nervt das. Doch eine Freundin, die mit drei Kindern zu Hause ist, meint, wenn sie darüber nicht mehr reden dürfe, müsste sie schweigen. Was können wir tun?

Drei Experten antworten:

Kirsten Boie: Helfen kann gegenseitige Sensibilität

Das Problem, das Sie beschreiben, taucht in allen Freundeskreisen irgendwann mal auf. Helfen kann hier nur gegenseitige Sensibilität. Denn es macht ja zum Beispiel einen großen Unterschied, ob ein Paar freiwillig kinderlos geblieben und einfach nur genervt ist von diesem Dauerthema. Oder ob sich das Paar seit Jahren nach einem Kind sehnt und diese Gespräche über die Kinder der anderen daher kaum ertragen kann, weil dabei ständig an ihren eigenen tiefsten Wunden gerührt wird. Einerseits müssen die kinderlosen Paare begreifen, dass die Kinder für Eltern über viele Jahre das Thema sind, das ihnen emotional am nächsten liegt und sie deswegen so beschäftigt. Wenn sie das nicht ertragen können, werden sie vermutlich von selbst irgendwann den gemeinsamen Treffen fernbleiben. Andererseits sollte es natürlich auch für Eltern noch andere Themen geben als nur ihre Kinder. Sie können also ganz bewusst darauf achten, dass diese auch bei den Zusammenkünften besprochen werden, indem Sie diese Themen selbst anschneiden oder in das Gespräch einsteigen, wenn andere das tun.

Jesper Juul: Es geht nicht anders

Meiner Erfahrung nach ist es unmöglich, so etwas zu regeln. Es ist so, als wolle man mit einer Fußballmannschaft zu Abend essen, aber von ihnen erwartet, dass am Tisch nur über Literatur gesprochen wird.

Katia Saalfrank: Alles eine Frage der "Dosierung"

In der Regel ist es so, dass Menschen in ähnlichen Lebenssituationen einen intensiven Austausch miteinander erleben können - eben, weil sie auf gefühlt größeres Verständnis und vielleicht auch auf die innigere Empathie stoßen oder auch, weil sie hören können, wie andere mit bestimmten Situationen, die sie selbst kennen, umgehen. Gerade bei der Erziehung von Kindern kann das sehr hilfreich sein. Vielleicht können Sie aber all Ihre Gedanken im Freundeskreis offen ansprechen und gemeinsam überlegen, wie Sie als Gruppe damit umgehen wollen? Vielleicht ist es den Freunden, die nicht über eigene Erfahrungen als Mutter oder Vater verfügen, nur manchmal zu viel und Sie finden zusammen eine Art "Dosierung" für die Kinderthemen. Vielleicht ist auch ein Zeichen sinnvoll, mit dem diejenigen, denen es zu viel wird, signalisieren können: Jetzt ist es genug. Dann haben andere Themen auch mal die Chance, "auf den Tisch" zu kommen. Gutes Gelingen.

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de.

© SZ vom 31.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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