Eröffnung des Barbie-Dreamhouse in Berlin:Ein einziger Blondinenwitz

Barbie Dreamhouse Experience Opens In Berlin

Eine Reporterin hat sich für ihren TV-Bericht als Barbie gestylt.

(Foto: Getty Images)

Schubladen, die nicht aufgehen, aufgemalte Klaviertasten, digitale Cupcakes: Barbies Welt ist oberflächlich, nichts in ihrem Berliner Dreamhouse ist echt. Bis auf den brennenden Protest, der sich während der Eröffnung vor dem pinken Palast formiert - gegen ein beschränktes Frauenbild.

Von Judith Liere, Berlin

Helles, lautes Quieken. "Mama, Mama, guck, da ist ein rosa Schuh!" Das kleine Mädchen rennt los, hält seine Hand in den Wasserstrahl, der aus einem mannshohen, pinkfarbenen Highheel fließt. "Mama, guck, eine rosa Tür!" Das Mädchen rennt weiter. Es wird viel rennen und viel quieken in der nächsten Stunde. Auf dem Highheel-Brunnen wird später eine halbnackte junge Frau stehen, die ein brennendes Barbie-Kreuz gen Himmel reckt und auf deren bloßen Brüsten der Satz "Life in plastic is not fantastic" steht. In Berlin hat das Barbie-Dreamhouse eröffnet. Und deshalb herrscht Aufregung an allen Fronten.

Drinnen, in der quietschrosa Welt, merkt man nichts von den Protesten draußen am Schuh-Brunnen. Hier ist alles süß und harmonisch. Hier sind nur Freunde, die den Weg durch das 2500 Quadratmeter große Haus weisen. "Friend" steht auf den T-Shirts der Mitarbeiter, die lächeln, erklären, auf Knöpfe drücken, Glitzerschminke und Tüllröckchen ausgeben, in die Hände klatschen und "Wooo-hooo" rufen, wenn die Eltern eines der kleinen Mädchen zehn Euro extra spendiert haben, damit das Kind auf einer Bühne mit einem Mikrofon in der Hand stehen darf.

Die Freunde sind alle komplett in schwarz gekleidet, wahrscheinlich damit man sie besser sieht. Denn sonst ist fast alles rosa. Was nicht rosa ist, ist pink. "Alissa, da, ein pinker Pudel, willste dich mal neben dem fotografieren lassen?", fragt eine Mutter ihre Tochter. Alissa, geschätzte vier Jahre, stellt sich neben den Plastikpudel, posiert gekonnt mit eingeknickter Hüfte und lächelt. Auf Barbies Terrasse, hat dann auch ein Vater einen Gegenstand entdeckt, neben dem er sich fotografieren lassen möchte: einen pinken Grill. "Das ist sogar ein echter Weber-Grill", begutachtet er.

Digital Cupcakes backen

Mit großen Worten hatte der Veranstalter EMS Entertainment "Barbie - The Dreamhouse Experience" angekündigt, als eine "noch nie da gewesene, interaktive Erlebnisausstellung" mit "dem Einsatz neuester Technologie". Wer nun genau das erwartet, dürfte enttäuscht werden.

Die Interaktion beschränkt sich im Wesentlichen auf ein pinkfarbenes Armband, auf dessen Chip man am Eingang seinen Namen speichern kann und mit dem man im Haus ein paar Touchscreens bedienen kann. Auf denen kann man digital Cupcakes backen, in Barbies Poesiealbum schreiben, eine Postkarte erstellen - immer nach dem selben Prinzip: Objekte von der Seitenleiste in die Mitte ziehen, fertig. Für die Kinder, die mit Ipads geschickter umgehen können als ihre Eltern, dürfte das nicht so aufregend sein.

Auch die mechanischen Spielereien sehen eher so aus: Man drückt auf einen Knopf und ein Brett klappt um, so dass da, wo vorher ein Topf stand, nun ein Toaster steht. Da hat inzwischen fast jedes staatliche Museum spannendere interaktive Dinge zu bieten.

Oberflächliche Welt

Barbies Welt ist eine oberflächliche, auch im wörtlichen Sinne. Wenig kann man direkt anfassen oder benutzen, alles ist hinter Plastikscheiben griffsicher verstaut. "Warum kann man die Schubladen nicht aufmachen?", sagt ein Mädchen und rüttelt vergeblich an einem Plastikgriff. Weil sie nur aufgemalt sind, genauso wie die Tasten am pinken Konzertflügel, der in Barbies Wohnzimmer steht. Selbst klimpern kann man hier nicht, aber vier Knöpfe drücken, die dann unterschiedliche Melodien abspielen.

In Barbies begehbarem Kleiderschrank liegen Sonnenbrillen, Schuhe, Schals und Ketten hinter Plastikscheiben, anprobieren oder anfassen kann man nichts. Sogar der rosafarbene Teppichläufer, der hier liegt, ist nicht echt, sondern nur auf das Linoleum gemalt.

Ein paar Dinge befremden. In Barbies Badezimmer etwa steht eine Toilette: Wenn man auf einen Knopf drückt, rauscht die Spülung, der Klodeckel öffnet sich und ein großer rosafarbener Plastikdelfin schaut heraus. Außerdem gibt es einen Kleiderschrank mit einer durchsichtigen Tür, in den man sich hineinstellen kann. Es sieht aus, als würde man gleich gebeamt werden, aber es tut sich nichts. Nachfrage bei einem der "Friends", Antwort: "Die Kinder kennen den Schrank aus der Serie, weil Barbie sich darin beglitzern lässt. Für die ist das toll, sich darin fotografieren zu lassen." Aha.

Die "Serie" sind Barbie-Zeichentrickfolgen, die man im Internet ansehen kann. Auf dieser Serie basiert das inhaltliche Konzept des Hauses, sie läuft auch an vielen Bildschirmen im Haus. Darin wird Barbie als albernes Paris-Hilton-Dummchen dargestellt, das sich von Ken "Babe" nennen lässt. Von den emanzipierten Berufen der Puppe als Astronautin oder Pilotin ist in den Geschichten und auch im Traumhaus nichts zu finden.

Gegen ein auf Aussehen, Konsum und Backen beschränktes Frauenbild protestieren die Demonstranten vor dem Haus. Als die barbusige Aktivistin der Gruppe Femen, die mit dem brennen Barbie-Kreuz im Schuhbrunnen stand, von der Polizei abtransportiert wurde, kam es zum Gerangel, bei dem ein Kinderwagen halb umfiel.

Bis Ende August bleibt das Barbie-Haus in Berlin, danach soll es durch weitere Städte touren. Den Veranstalter lässt der Protest kalt. "Die Kernzielgruppe ist die der sechs- bis zwölfjährigen Mädchen, nicht die der Mittzwanziger mit soziodemografischen Messages", sagte Geschäftsführer Christoph Rahofer in einem Interview.

Den anvisierten Mädchen scheint es zu gefallen. Was eigentlich genau? "Am besten fand ich, dass alles rosa war."

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