Ernährung:Der Bauch gibt's vor

Nicht jeder kann essen, worauf er Lust hat. Immer mehr Menschen leiden unter der Darmkrankheit Morbus Crohn. Warnsignale und Ernährungshinweise.

Essen, worauf sie Lust hat - das ist für Antje Müller* aus Kiel keine Selbstverständlichkeit. "Rohkost, fettiges Essen und Obst sind für mich schwer verträglich", sagt sie. Die 30-Jährige aus Kiel leidet seit dreizehn Jahren an Morbus Crohn, einer unheilbaren Darmerkrankung, bei der sich der Verdauungstrakt immer wieder entzündet.

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Wenn der Magen rebelliert: Für Morbus-Crohn-Kranke ist gerade Ballaststoffreiches und Gesundes - Obst, Rohkost und Hülsenfrüchte - nur schwer verträglich.

(Foto: Foto: iStockphotos)

Sie zählt wie die ähnliche Colitis ulcerosa zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Die Krankheit verläuft oft in Schüben: Phasen mit häufigen Durchfällen, Fieber sowie Schmerzen und Krämpfen im Unterbauch wechseln sich mit Zeiten relativer Beschwerdefreiheit ab.

Der Krankheitsverlauf ist aber von Patient zu Patient unterschiedlich und kann sich auch verändern. Allgemeine Ernährungstipps zu geben, fällt deshalb schwer. "Die Patienten durchlaufen verschiedene Stadien, in denen sie unterschiedlich gut essen können", erklärt Christine Hinsky, Ernährungsberaterin am Klinikum rechts der Isar in München.

Auf bestimmte Lebensmittel verzichten müssten Patienten aber nicht unbedingt. "Die Krankheit wird nicht durch falsche Ernährung ausgelöst", sagt Irmtraut Koop, Gastroenterologin und Chefärtzin am Amalie-Sieveking-Krankenhaus in Hamburg. Nachgewiesen sei lediglich, dass Rauchen eine Morbus-Crohn-Erkrankung verschlechtert.

Verantwortlich sind vermutlich genetischische Veranlagung und Umweltfaktoren. Die beiden CED-Typen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa verlaufen dabei ähnlich. Morbus Crohn kann den gesamten Verdauungstrakt befallen, Colitis ulcerosa tritt dagegen meist nur im Mastdarm auf. Neben Durchfall, Schmerzen oder Krämpfen leiden die rund 300.000 Erkrankten in Deutschland auch an psychischen Problemen.

Appetit vergangen

Betroffene sollten wie gesunde Menschen auch auf eine ausgewogene Ernährung achten. Die Patienten müssten zudem selber austesten, welche Lebensmittel sie gut vertragen und welche nicht. Treten nach dem Verzehr bestimmter Speisen beispielsweise häufiger Beschwerden auf, sollten diese besser erst einmal gemieden oder nur in geringen Mengen verzehrt werden. "Es gibt Phasen, da vertrage ich Paprika, aber auch welche, in denen ich sie nicht vertrage", erläutert Müller.

Hilfreich ist in solchen Fällen auch eine Ernährungsberatung. Christine Hinsky empfiehlt Betroffenen eine Ernährung mit sogenannter leichter Vollkost. Hierbei werden Lebensmittel gemieden, die den Darm reizen oder Unverträglichkeiten hervorrufen. Dazu gehören vor allem ballaststoffreiche Lebensmittel, aber auch viele Kohlsorten und Hülsenfrüchte.

Die Patienten müssen jedoch selber ausprobieren, was sie vertragen und was nicht. "Es geht darum, aufmerksam zu bleiben und ein Gespür für den eigenen Körper zu entwickeln", sagt Müller. Neben der Wahl der Zutaten komme es auch auf die Zubereitung an. Hinsky rät hier zu schonenden Methoden, etwa das Dämpfen.

Antje Müller kann dies bestätigen: "Gedämpftes Gemüse vertrage ich in der Regel besser." Ganz auszuschließen ist eine Ernährungsanpassung allerdings nicht. "Bei bestimmten Krankheitsverläufen ist dies unausweichlich", erläutert Koop. Ballaststoffe müssen bei Engstellen im Darm zum Beispiel gemieden werden - ansonsten drohen Beschwerden bis hin zum Darmverschluss. Wenn der letzte Teilabschnitt des Dünndarms befallen ist, sind außerdem oxalsäurehaltige Lebensmittel, etwa Kakao, Schokolade oder auch Spinat und Rhabarber, zu meiden.

Bei diesem Krankheitsverlauf wird ansonsten, bedingt durch Fehlfunktionen im Darm, mehr Oxalsäure vom Körper aufgenommen. Diese trägt dann zusammen mit Kalzium zur Bildung von Nierensteinen bei. Auch in den sogenannten Schubphasen gestaltet sich die Ernährung schwierig.

"Wenn man sich den ganzen Tag mit Durchfall oder Bauchkrämpfen rumschlägt, verspürt man wenig Lust auf Essen", sagt Müller. Eine Gewichtsverlust und Defizite wie Eisenmangel können dabei die Folge sein. In Einzelfall ist dann eine Ernährung mit Trinknahrung oder über eine Sonde notwendig.

(*Name auf Wunsch der Betroffenen geändert.)

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