Erinnerungen an Prominente:Heiliger Schweiß

Promi-Müll mit Wertsteigerungsfaktor: Ob die Stützstrümpfe von Queen Victoria oder ein Notizzettel von John Lennon - Pop-Reliquien von Stars bringen bei Versteigerungen Millionen.

Claudia Fromme

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Versteigerung von Michael Jackson Memorabilia

Quelle: dpa

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Promi-Müll mit Wertsteigerungsfaktor: Ob die Stützstrümpfe von Queen Victoria oder ein Notizzettel von John Lennon - Pop-Reliquien von Stars bringen bei Versteigerungen Millionen.

Es muss der Schweiß sein. Anders kann man sich nicht erklären, warum Menschen 230.000 Euro für ein Stück Stoff bezahlen. Ein weißer Handschuh aus der Garderobe Michael Jacksons wurde vor einer Woche umgerechnet für diese Summe versteigert. Tags darauf ging eine Heilsarmeejacke von John Lennon aus dem Jahr 1966 für 166.000 Euro weg.

Im Bild: Michael Jacksons Glitzerhandschuh.

THE SHIRT WORN BY BRAZILIAN FOOTBALL LEGEND PELE IS DISPLAYED AT CHRISTIE'S AUCTION HOUSE IN LONDON

Quelle: REUTERS

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Und als bislang teuerstes Fußballtrikot kam vor Jahren Pelés Leibchen vom WM-Finale 1970 unter den Hammer. Am Ende brachte es 180.000 Euro. Vollgeschwitzt natürlich, matchworn heißt das im Fachjargon, was den Wert einer Devotionalie in dem Maße steigert wie Tagesstempel seltene Briefmarken.

Im religiösen Kontext nennt man es Berührungsreliquie, wenn ein Heiliger in Kontakt mit profanen Dingen gekommen ist. Nun ist Pelé, auch wenn er unter dem Namen Fußballgott firmiert, weit davon entfernt, ein Heiliger zu sein, ebenso wie Michael Jackson oder John Lennon. Doch unterscheidet Pelé viel von seinen Mitstreitern. Er lebt noch. Nun wünscht man ihm ein langes Leben, gleichwohl ist das nicht dienlich für den Absatz im Auktionswesen. Im weltlichen Bereich treibt der Tod den Wert profaner Reliquien massiv in die Höhe. Kurzum: Wäre Pelé tot, hätte das Trikot noch mehr gebracht. Popreliquien als Ersatzreligion der Spekulanten.

Auction House Prepares To Sell Queen Victoria's Stockings

Quelle: Getty Images

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"Es ist die einmalige Chance, sich ein Stück Geschichte zu sichern", sagt Martin Nolan von Julien's Auctions aus Los Angeles, der gerade eine Röntgenaufnahme von Albert Einsteins Kopf (30.000 Euro) und ein Pillenglas, das in der Nacht von Marilyn Monroes Tod neben ihrem Bett gefunden wurde (13.000 Euro), versteigert hat. Derart historisches Bewusstsein ist löblich, aber natürlich geht es um: Geld. "Memorabilien sind in Rezessionszeiten attraktiver als etwa Immobilien - sie steigen fast immer im Wert", sagt Nolan. Natürlich hat der Auktionator auch etwas davon: In der Regel zehn Prozent des Verkaufspreises. So wundert es nicht, dass sich spezialisierte Häuser wie Julien's in Hollywood und Bonham's in London massiv ins Gespräch bringen, um das Interesse an den Auktionen zu schüren.

Im Bild: Die Stützstrümpfe von Queen Victoria.

JOHNNY CASH JUMPSUIT FETCHES USD50,000 AT AUCTION

Quelle: AFP

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War der Handel mit popkulturellen Posten zuvor Sache lokaler oder spezialisierter Auktionshäuser, verdienen heute die Großen mit. Christie's, Marktführer bei Kunstauktionen, veranstaltet wie auch Sotheby's seit den 80er Jahren Spezialauktionen zu den Bereichen Musik, Film und Sport. Wie viel Prozent ihres Umsatzes sie damit machen, ist nicht zu erfahren. Man kann aber davon ausgehen, dass es sehr lukrativ ist. Selten schließt eine Auktion unter einem mehrstelligen Millionenbetrag. "Es ist ein relativ neuer Markt, der aber Jahr für Jahr kontinuierlich wächst und im Wert stark steigt", sagt Stephanie Connell von Bonham's Auctions. Dabei will jeder mitverdienen.

Im Bild: Ein Blaumann, den einst Johnny Cash trug.

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Natürlich stehen bei jeder Auktion Fans in der ersten Reihe, doch mehr und mehr müssen die sich mit den Auktionskatalogen begnügen, die inzwischen auch Sammlerwert besitzen. Fans dienen Auktionshäusern oft als Dekor der Authentizität, aber letztendlich können sie oft nur die Brosamen auflesen, die kleinen Positionen. Auch sind die Orte meist weise gewählt. Die Gitarre "Tiger" von Jerry García von Grateful Dead, die aus der Werkstatt von Doug Irwin stammt und die er bis zu seinem Tod 1995 spielte, wurde 2002 im ehemaligen Studio 54 in Manhattan versteigert. Es ist die teuerste Rockgitarre, die je in eine Auktion kam, inklusive Provision ging sie für 957.000 Dollar weg, heute 662.000 Euro. Ein anonymer Bieter hatte den Zuschlag bekommen.

"Es gibt aber immer noch viele Fans, die kaufen", beschwichtigt Stephanie Connell von Bonham's. Gleichwohl werden fast nie Namen bekannt. Angeblich soll Madonna für 5,3 Millionen Euro vor zwei Wochen ein Cartier-Armband aus dem Besitz der flamboyanten Wallis Simpson gekauft haben. Verbürgt ist das aber nicht.

Im Bild: die Original-Hauspantoffeln von Bernard Madoff.

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Oft auch verschwinden Preziosen für Jahre in Tresoren, bis sie bei guter Marktlage wieder auftauchen. Das Armband der Gattin von Edward VIII. hat 1987 noch umgerechnet 942.000 Euro gekostet. Die weiße Fender Stratocaster, die Jimi Hendrix in Woodstock malträtierte, machte 1990 schmale 225000 Euro, heute würde sie ein Vielfaches bringen. Kritiker mahnen, dass vieles besser in Archiven aufgehoben wäre als bei Spekulanten.

Der Markt befeuert sich selbst und speist sich oft aus Fansammlungen, deren Besitzer mitunter Geld fürs Alter brauchen und die dann zu Spekulationsobjekten werden. Manche Künstler wollen noch zu Lebzeiten profitieren. Elton John ließ 20 seiner Luxuskarossen 2001 versteigern, Shirley Bassey 2003 mehrere Glitzerroben, James Brown trennte sich 2008 von Hausrat. Sicher kam ein hübsches Sümmchen zusammen, einiges diente wohltätigen Zwecken, aber richtig Geld bringen nur die Toten. Angeführt wird die Hitliste im Musikbereich von den Beatles, beim Film von Marilyn Monroe, berichtet Stephanie Connell von Bonham's. "Da kann man nichts falsch machen", erklärt sie.

Im Bild: Die Fender Stratocaster von Jimi Hendrix.

MARILYN MONROE AUCTION PREVIEW AT CHRISTIES NEW YORK

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Die Höchstmarke markiert immer noch das mit 6000 Perlen verzierte Seidenkleid, in dem Marilyn Monroe 1962 Präsident Kennedy ein Geburtstagsständchen brachte. Die getragene Robe wechselte 1999 für 1.267.500 Dollar den Besitzer, heute 877.000 Euro.

Bei den Beatles geht alles. John Lennon bringt am meisten, mit jeder Auktion steigen die Preise. Die Lyrics zu "Give peace a chance", die er 1969 beim Bed-in mit Yoko Ono aufschrieb, brachten 530.000 Euro im Jahr 2008.

Im Bild: Das hautfabene Kleid, das Monroe für Kennedy trug.

Lyrics By John Lennon And Jimi Hendrix Favourite Guitar Are Offered for Auction At Bonhams

Quelle: Getty Images

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Dieses Jahr verspricht ein sehr gutes Lennon-Jahr zu werden: Gründung der Band vor 50 Jahren, Auflösung vor 40, Lennons Ermordung vor 30. Im Juni ging sein Zettel mit den Liedzeilen zu "A day in the life" von 1967 für 830.000 Euro weg.

Der Zettel stammt aus dem Erbe des Roadmanagers. An diesem Mittwoch bietet Bonham's die handschriftlichen Lyrics zu "I'm only sleeping" an, die Lennon auf eine Telefonrechnungsmahnung kritzelte. Mindestens 390.000 Euro sind avisiert.

Wo Geld lockt, drohen Fälscher. Alle Auktionshäuser lassen Experten die Echtheit der Lose prüfen. Wenn möglich, werden Künstler selbst, Bandmitglieder oder Ex-Frauen befragt. Auch werden Graphologen bemüht, was nicht immer hilft. Im Auktionshaus Phillips in London redet man von einem "Minenfeld", gerade bei Autogrammen. George Harrison selbst enttarnte zu Lebzeiten eine angeblich von ihm bespielte Fender Stratocaster, die im Londoner Hard Rock Café hing.

Manchmal regelt sich der Irrsinn auch von selbst. Etwa wenn ein Auktionshaus mal wieder irgendeine Zahl in den Raum wirft, um die Beachtung für eine Auktion zu steigern. Vor drei Wochen rechnete Christie's mit 270.000 Euro für ein Originalkostüm Darth Vaders aus Star Wars. Die dunkle Seite der Marktmacht war zu dunkel: Nicht einmal das Startgebot von 180.000 Euro wollte jemand zahlen.

Im Bild: John Lennons Liedtext von I'm only sleeping, der an diesem Mittwoch unter den Hammer kommt.

© SZ vom 15.12.2010/pfau
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