Erfahrungsberichte:Proberitt auf dem Schweinehund

Ernährungsumstellung

Und, was macht Ihr innerer Schweinehund?

(Foto: dpa)

Vegetarisch? Vegan? Zuckerfrei? Bio und regional? Irgendwas würden die meisten gerne an ihrem Ernährungs- oder Einkaufsverhalten ändern. Wir haben SZ.de-Mitarbeiter und -Leser gebeten, davon zu berichten. Selbstversuche von der Öko-Kiste bis zum selbstgebackenen Brot.

Kein Fleisch mehr essen? Endlich konsequent Bio und regional einkaufen? Auf Alkohol verzichten? Viele sind mit ihrem Ernährungs- und Einkaufsverhalten unzufrieden. Deswegen haben wir SZ.de-Mitarbeiter und -Leser gebeten, zu ändern, was sie schon lange stört. Und dann darüber zu schreiben. Erfahrungsberichte von der Öko-Kiste bis zum selbstgebackenen Brot.

Recherche

"Erst das Fressen, dann die Moral - wie sollen wir uns künftig ernähren?" Diese Frage hat unsere Leser in der vierten Abstimmungsrunde unseres Projekts Die Recherche am meisten interessiert. Dieser Text ist einer von zahlreichen Beiträgen, die sie beantworten sollen. Alles zur Recherche zu Fressen und Moral finden Sie hier, alles zum Projekt hier.

Essen aus der Kiste

Das habe ich aus diesem Grund geändert: Ich habe aufgehört, mein Obst und Gemüse im Supermarkt zu kaufen und mir stattdessen eine Öko-Kiste bestellt. Inspiriert haben mich meine Nachbarn, die sich die Box seit mehr als einem Jahr liefern lassen - und der Wille, ökologisch korrektere und gerne auch regionale Lebensmittel zu konsumieren und damit der Umwelt weniger zuzumuten.

Das war leicht: Die Bestellung. Anruf genügt, ein paar Daten werden aufgenommen, wenn man Glück hat, steht die Kiste noch am selben Tag vor der Tür. Man kann sich für eine Standard-Schnupperkiste für 15 Euro entscheiden, dann ist die Überraschung beim Auspacken größer, oder man wählt die Bestandteile selbst aus. Ich habe die erste Variante gewählt - dementsprechend erhebend ist das Gefühl, als ich abends das Obst und Gemüse inspiziere, das in einer grünen Kiste vor mir liegt: Zwiebeln aus Bayern, Äpfel und ein Bund krause Petersilie aus Baden-Württemberg, Kräuterseitlinge aus einem nicht näher definierten deutschen Bundesland, Lauch aus Frankreich, Salat aus Spanien, italienische Orangen und eine Mango aus Peru.

Womit wir beim Stichwort wären. Ich habe mich von meiner ersten Öko-Kiste auch deshalb überraschen lassen, um zu schauen, was überhaupt möglich ist. Der Eindruck: ziemlich viel. Ich wundere mich, dass es eine Frucht aus Peru in die Kiste schafft, deren Anbau ökologisch gewesen sein mag, deren mehr als 10 000 Kilometer weiter Transport nach Deutschland die Öko-Bilanz aber ziemlich vermiesen dürfte - auch wenn die Dame von der Öko-Kisten-Firma mir versichert, dass ihr Unternehmen darauf achtet, keine Flugware zu beziehen und nur sehr wenig exotische Früchte einzukaufen. Die Lösung des Problems, die darin liegt, eine reine Regionalkiste zu bestellen, führt zu Punkt drei.

Das war schwer: Die Regionalkiste, das sagt mir der Mitarbeiter schon bei der Bestellung, enthält Äpfel, ein bisschen Salat "und dann ist man sehr schnell bei Kraut und Rüben". Im Winter wächst eben nicht viel in Münchner Breiten. Bei vielen Kunden sei der Wunsch nach regionalen Produkten da, dennoch herrsche in der kalten Jahreszeit schnell Ernüchterung über die mangelnde Auswahl (Tipps zum regionalen Einkaufen lesen Sie hier). Als ich einen ersten Blick in die Kiste werfe, sehe ich neben ein bisschen grünem Salat, ein paar Äpfeln und Möhren vor allem Grau und Braun: Rote Bete, Topinambur, Wurzelpetersilie - ich muss erst einmal googeln, was sich daraus machen lässt. Suppe, Eintopf, Salat, so hatte ich mir das vorgestellt. Ich probiere ein wenig herum und bin einigermaßen zufrieden mit dem Ergebnis. Nur die Vorstellung, mich einen ganzen Winter lang auf diese wenigen Obst- und Gemüsesorten zu beschränken, ist nicht besonders erfreulich.

Das hat es gebracht: Die Erkenntnis, wie gering die Auswahl an Nahrungsmitteln ist, die winters in der Region angebaut werden, ist durchaus lohnend. Mir ist dadurch erst bewusst geworden, wie viel weitgereistes Obst und Gemüse ich normalerweise kaufe. Vielleicht keine Mangos aus Peru, aber doch Salat aus dem europäischen Ausland, der mehrere hundert bis tausend Kilometer im Lastwagen hinter sich hat. Darauf werde ich in Zukunft besser achten. Die Wochen mit der Kiste haben außerdem meinen Küchenhorizont erweitert. Zu was passen Kräuterseitlinge? Wie verarbeitet man Topinambur? Fragen, die ich jetzt beantworten kann - auch dank der Rezepte, die in jeder Öko-Kiste liegen. Manchmal muss man beim Kochen eben zu Kreativität gezwungen werden. Nur wie man Rote Bete so hinbekommt, dass sie auch mir einigermaßen schmecken, habe ich nicht herausgefunden.

Und deswegen mache ich weiter damit: Ich werde das Projekt Öko-Kiste mindestens ein paar Wochen weiterführen. Weil ich Inspiration daraus ziehe. Weil es praktisch ist, wenn frische Bio-Lebensmittel direkt vor die Tür geliefert werden. Und weil ich den Inhalt selbst zusammenstellen kann. Vielleicht experimentiere ich nächstes Mal ein bisschen, nehme die Regionalkiste als Basis, bestelle Wurzelpetersilie und Topinambur ab und gönne mir dafür eine Orange aus Italien. Das ist nicht Bayern, aber auch nicht Südamerika, und damit könnte mein ökologisches Gewissen ganz gut leben. Dabei werde ich allerdings aufpassen müssen, dass ich nicht zu viel will - ganz billig ist die Öko-Kiste nämlich nicht.

Felicitas Kock, Mitarbeiterin Panorama, Leben und Stil

Abstinenz auf Zeit

Das habe ich aus diesem Grund geändert: Jeden Tag gibt es eine andere Ausrede für geistigen Leerlauf: zu wenig geschlafen oder zu viel, leerer Bauch oder pappsatt, kein Kaffee oder einer zuviel. Täglich ist mein Hirn im Notbetrieb - und täglich genehmige ich mir ein Gläschen Bier oder Wein. Zufall oder Zusammenhang? Einmal bräsig ist in Ordnung. Immer bräsig kann nicht sein. Ich will wieder geistig wach sein und agil. Und deshalb entscheide ich mich ein paar Wochen vor der Weihnachtszeit, auf hirnzellenzersetzenden Glühwein und Bier erst mal zu verzichten. Abstinenz mit open end.

Das war leicht: Das Aufhören. Als mein eigenes Versuchsobjekt sage ich mir: Halte einen Monat durch. Durch meinen Kopf spuken Zeiträume wie ein Vierteljahr, doch das erzähle ich keinem. Drei Monate, das wäre ja Wahnsinn.

Das war schwer: Schwierig ist fortan nicht mein Blutalkoholwert von 0,0 Promille, sondern der Pegel der anderen. "Was, kein Bierchen?" "Wie bitte, Apfelschorle?" Solche Fragen werden zu zuverlässigen Begleitern. Wobei das Unverständnis meiner Bekannten auch neuen Gesprächsstoff bietet. Zumindest für ein paar Minuten: Ich erkläre meinen Verzicht als Experiment. Ich will schlauer werden, haha. Doch ich meine es ernst.

Was trinkt man eigentlich, wenn man kein Bier trinkt? Ich muss in der Karte nachschauen: Wasser, Saft, Limonade. Zum ersten Mal kommen mir Bestellungen wie "Eine große Holunderschorle, bitte" über die Lippen. In meiner Welt ist die Kumpelverabredung "auf ein Bier" eine gängige Wendung. "Auf eine Holunderschorle" wäre ungefähr so passend, wie in einem veganen Restaurant nach Mettigel zu fragen. Meine Lösung: Ich verabrede mich "auf ein Bier" und trinke dann Saft. Oder Kinderpunsch.

Das hat es gebracht: Nach ein paar nüchternen Wochen habe ich in mich hineingehorcht. Bin ich wacher, geistig spritziger? Nö, dafür müde wie immer. Also erstmal weiter experimentieren. Aber dann, eines Abends in der U-Bahn, ertappe ich mich: Die Gespräche waren gut, die Gedanken flogen nur so umher, der Abend war sensationell. Ich bin euphorisch, an meine Abstinenz habe ich seit Stunden nicht gedacht. Wenn das so ist, kann ich das Trinken bleiben lassen, denke ich mir.

Und deswegen mache ich weiter damit - mit Ausnahmen: Ehe ich mich versehe, sind drei Monate vergangen. Ich war stundenlang nüchtern in Kneipen und es war super. In Clubs, in denen ich es früher nur volltrunken ausgehalten habe, reicht jetzt gute Musik. Als Versuchsleiter und Versuchsobjekt in einem prüfe ich meinen geistigen Zustand erneut. Einfallslos? Bräsig? Nach einem Vierteljahr Holunderschorle und Tee bin ich zwar immer noch müde. Aber immer öfter auch geistig wach. Und so erkläre ich mein Experiment nach mehr als einem Vierteljahr ohne Bier und Wein für gelungen. Und nach den guten Erfahrungen setze ich es auch gerne fort. Allerdings mit einer Änderung: Ausnahmen sind künftig erlaubt.

Jakob Schulz, Mitarbeiter SZ.de-Newsdesk

Endlich fleischlos leben

Das habe ich aus diesem Grund geändert: Ich wollte versuchen,ob ich (wie einige meiner Freunde) vegetarisch leben kann. Nachdem ich fast zweieinhalb Jahre lang eine vegetarische Mitbewohnerin hatte und wir da zu Hause fast ausschließlich ohne Fleisch und Fisch gekocht haben, habe ich gemerkt,dass mir diese Ernährungsform sehr gut tut: Ich hatte schönere Haare, war weniger müde und abgeschlagen.

Das war leicht: Vegetarisch essen fiel mir vor allem tagsüber in der Arbeit leicht. Mein Mittagessen habe ich mir immer selbst mitgenommen. Mal Müsli mit Obst, mal einen Salat oder etwas Warmes vom Vorabend. Auch Einkaufen und Kochen war kein Problem: Ich habe mich auf Nudeln, Reis, frisches Gemüse und Milchprodukte konzentriert und viele Rezepte und Ideen von meiner ehemaligen Mitbewohnerin übernommen, um möglichst vielfältige Gerichte zuzubereiten.

Das war schwer: Die Verführungen beim Essengehen! Ich gehe sehr gern essen und bin etwa einmal die Woche abends in einem Lokal. Wenn ich auf der Speisekarte ein tolles Gericht mit Fisch oder Rindfleisch entdeckt habe, konnte ich sehr schwer widerstehen. Ich habe auch einmal nicht durchgehalten, am Buffet waren die Rindfleischstreifen mit Rucola einfach zu verführerisch.

Das hat's gebracht: Die Erkenntnis, dass ich mich auch allein sehr gut vegetarisch ernähren kann, aber auch, dass es in manchen Lokalen außer Kässpätzle und Salat recht wenig fleischlose Speisen gibt. Finanziell habe ich keinen Unterschied bemerkt, die Ausgaben für die vegetarische Verpflegung waren etwa genauso hoch.

Darum mache ich weiter: Ich versuche, die vegetarische Ernährung weiterhin beizubehalten, weil es aus ökologischer Sicht sinnvoll ist, auf Fleisch zu verzichten. Der gesundheitliche Aspekt überzeugt mich ebenfalls. Und es macht finanziell keinen Unterschied: Also, warum nicht?

Christine Novakovic, Leserin

Den zuckersüßen Teufelsberg überwinden

Das wollte ich ändern - eigentlich: Ich habe es nicht geschafft. Die zehn Tage, an denen ich ganz auf Zucker, zumindest aber auf Süßigkeiten verzichten wollte, habe ich nicht durchgehalten. Mein Selbstversuch, der Zuckersucht und damit meinem Übergewicht zu entkommen, ist dennoch nicht klang-und-sanglos gescheitert. Ich esse seitdem wesentlich weniger Zuckersüßes.

Das fiel mir leicht: Es war kein Problem, tagsüber keinen Zucker anzufassen - vom Morgen bis zum späten Nachmittag war ich zuckerfrei.

Das fiel mir schwer: Bis zum Abend durchzuhalten. Vor allem, wenn ich vor schwierigen Texten sitze und mir die Kreativität fehlt. Schon am ersten Abend habe ich gesündigt. Dann habe ich es drei Tage und Nächte ausgehalten. Als aber Stress und Frust zu groß wurden, ging ich noch spät am Abend zum nächsten Nachtkiosk, um mit einer Tafel Schokolade die Nerven zu beruhigen. Ich habe jetzt bewusst keine Süßigkeiten mehr im Kühlschrank.

Das hat es gebracht: Immerhin zwei Kilo weniger - wegen des Verzichts auf Süßigkeiten und auch dank der vielen Suppen (ohne Zucker), Kaffee ohne Zucker, Äpfel und Käsesticks. Und noch etwas: Mir ist deutlich geworden, dass der Erfolg meiner gewollten Ernährungsumstellung nicht von der Kenntnis wissenschaftlicher Ernährungsstudien und dem Zählen der Kilokalorien abhängt, sondern eine tiefenpsychologische Analyse erfordert: "Warum esse ich das jetzt?"

Deswegen mache ich weiter - jetzt erst recht: Trotz der Totalausfälle habe ich es immerhin fünf Tage ausgehalten, keine Süßigkeiten zu essen. Auf Zucker konnte ich maximal drei Tage hintereinander verzichten. Mittlerweile habe ich mir einen Knabber-Ersatzstoff besorgt: Gut gefallen mir Möhren, die ich mal roh, mal mit einem Joghurtdressing esse. Weil sich mein Gewicht schon reduziert hat, werde ich weitermachen.

Andreas Burkert, Leser

Nicht nur vegetarisch, sondern vegan

Das wollte ich aus diesem Grund ändern: Seit ich zwölf Jahre alt bin, lebe ich vegetarisch. Schon damals fand ich es gemein, dass Tiere ein Leben in dunklen Ställen fristen, nur um auf einem Teller zu landen. Als schwierig habe ich diese Lebensweise nie empfunden - es gab ja selbst im eingefleischtesten Wirtshaus eine große Auswahl an Beilagen. Dabei ist mir schon länger bewusst, dass es eigentlich nicht wirklich konsequent ist, nur auf Fleisch und Fisch zu verzichten. Auch die Herstellung von Milchprodukten und Eiern verursacht - gewissermaßen als Kollateralschäden - leidende und tote Tiere und trägt zur globalen Umweltzerstörung bei, wenn auch weniger als die Produktion von Mastfleisch. Also startete ich jetzt einen Versuch starten: vegan essen.

Das war leicht: Statt zu verzichten, habe ich tierische Lebensmittel einfach durch vegane Alternativen ersetzt. Das klappt erstaunlich gut: Nussmus statt Butter, vegane Aufstriche statt Käsebrot, Sojamilch und -joghurt ersetzen die Kuhmilchprodukte. All das schmeckt zwar nicht genau so wie das tierische Pendant, aber ich vermisste zumindest in den ersten Tagen nichts. Tofu und Linsen versorgten mich mit Eiweiß, Trockenfrüchte wurden meine Schokolade und ich entdeckte eine neue Lieblingskombination zum Frühstück: Vollkornbrot mit Erdnussmus und Quittengelee.

Das war schwer: In der SZ-Kantine mittags etwas zu essen zu finden. Die Hauptgerichte kommen ohnehin nicht in Frage, also suchte ich mir Beilagen aus. Aber sind die Kartoffeln nicht in Butter geschwenkt? Ist in der Gemüsesuppe ein Schuss Sahne? Und was steckt alles in der Soße? Jedes Mal musste ich nachfragen und landete danach immer wieder an der Salatbar - ohne Joghurtdressing, versteht sich. Während dieser Woche komplett auf Tierisches zu verzichten, habe ich auch nicht geschafft: Obwohl meine Handtasche immerhin vegan ist, sind meine Schuhe aus Leder, mein Schal ist aus Wolle und sogar ein Teil der Bücher in meinem Regal wurde vermutlich mit Knochenleim gebunden.

Das hat es gebracht: Durch den Selbstversuch bin ich sensibler geworden, wo wir uns tierischer Produkte bedienen (das mit den Büchern war ein kleiner Schock). Außerdem habe ich mal wieder neue Kochrezepte ausprobiert und in mein noch ausbaufähiges Repertoire aufgenommen. Dass Cappuccino auch mit Sojamilch einen cremigen Schaum bekommt und Nussmus eine echte Alternative zu Butter ist, habe ich zu schätzen gelernt. Und wenn ich das nächste Mal keine Eier für den Kuchen zu Hause habe, weiß ich, dass ich stattdessen auch gut einen Löffel Apfelmus zum Backen verwenden kann.

Ich mache damit weiter - zumindest teilweise: Kaffee oder Tee werde ich weiterhin mit Soja- statt Kuhmilch trinken, schmeckt mir inzwischen einfach besser. Auch auf Eier, habe ich gemerkt, kann ich ohne Probleme verzichten. Schwierig wird es, das muss ich gestehen, bei Käse. Ein feiner Brie oder Chèvre - und ich schmelze dahin. Davon werde ich wohl auch in Zukunft ab und zu ein Stück genießen.

Karin Janker, Mitarbeiterin Bildung und Karriere

Kein Essen mehr in die Tonne

Das will ich aus diesem Grund ändern: Trotz guter Vorsätze haben wir immer wieder mehr braune als gelbe Bananen im Obstkorb, Tomaten mit Flokati-ähnlichem Überzug im Kühlschrank oder seit Tagen offenen und sich deswegen im fortgeschrittenem Verfallsprozess befindlichen Joghurt. Jeder Deutsche wirft pro Jahr mehr als 80 Kilo Lebensmittel weg - ich will nicht mehr dazu beitragen.

Das war leicht: Reste schon am nächsten oder übernächsten Tag aufessen, genauer in den Kühlschrank schauen, Vorräte besser lagern und beim Frühstück weniger den eigenen Gelüsten als der Vernunft folgen (und damit die Frischkäsebox sorgfältig leerkratzen und die Vernichtung des schon fast fließenden Camemberts nicht noch einen Tag aufschieben) - alles, wenn überhaupt, nur Luxusprobleme.

Das war schwer: Eigentlich nur die Beantwortung der Frage, ob auf den Boden gefallenes Essen (ist mit einem Dreijährigen im Haushalt eher die Regel als die Ausnahme) auch der neuen Leitlinie unterliegt. Oder die nach dem Umgang mit der Frühstücks-Bananenmilch, die man in morgendlicher Hektik doch vergessen hat und die am Abend als bräunliche Brühe anklagend auf dem Küchentisch steht. Die Antwort erspare ich mir und Ihnen. Ansonsten braucht es nur eine Umstellung der eigenen Gewohnheiten und mehr Aufmerksamkeit.

Das hat es gebracht: Bewusster Umgang mit den Lebensmitteln in der Küche spart Geld und Gewissensbisse. Außerdem muss man vermutlich weniger häufiger Müll rausbringen, aber das habe ich nicht statistisch erfasst. Und ich weiß jetzt genauer, was man wie lagern kann und muss - zum Beispiel Bananen nicht neben anderem Obst, weil sie Ethylen absondern, die benachbarte Früchte eher faulen lassen. Zumindest dann, wenn die Bananen schon gelb sind. Wenn sie noch reifen sollen, vertragen sie sich dagegen gut mit ebenfalls Ethylen verbreitenden Äpfeln.

Darum mache ich weiter: Weil es eigentlich kein guter Vorsatz ist, sondern eine Selbstverständlichkeit und eine moralische Frage angesichts von Monokulturen, Massentierhaltung, Lebensmittelknappheit in vielen Teilen der Welt. Und weil nur die eigene Bequemlichkeit und Unachtsamkeit im Weg stehen.

Sabrina Ebitsch, Projektleiterin Die Recherche

Brot selbst backen

Das habe ich aus diesem Grund geändert: Neugier und meine wachsende Abneigung gegen allzu industriell, lieblos und ungesund hergestellte Lebensmittel trieben mich vor gut einem halben Jahr dazu, mein eigenes Brot zu backen. Ich wollte auf Hilfsmittel wie Backpulver oder Hefewürfel verzichten, Roggenmehl mit Wasser mischen und abwarten, bis sich Leben darin entwickelte. Nein, kein Schimmel, ich zog meine eigene Sauerteigkultur heran und habe seitdem schon mein zwanzigstes eigenes Natursauerteigbrot nur aus Wasser, Mehl und Salz gebacken. Für den gewissen Kick mal mit Nüssen, verschiedenen Saaten und Gewürzen.

Das war schwer: Eines wurde mir schnell klar: Wenn man sich auf eine so neue Methode einlässt, braucht man eine gute Anleitung (persönliche Buchempfehlung: Martin Pöt Stoldt, Der Sauerteig - das unbekannte Wesen). Heutzutage kommt alles gekühlt, in steril anmutenden Plastikverpackungen daher und ist in wenigen Minuten zubereitet. Da können eine eingetrocknete Kruste oder ein ungewohnter Geruch nach 24 Stunden Zimmertemperatur schon mal dazu verleiten, die Kultur zu entsorgen, obwohl alles in bester Ordnung ist. Und man braucht ein wenig Organisation: Um einen Sauerteig zu führen, muss man alle paar Stunden mal kurz eingreifen. Ich, als vollzeitbeschäftigter Großstädter, habe mit dem Timing zwischen Schlaf und Arbeit so meine Schwierigkeiten, aber es funktioniert auch mit einigen Ungenauigkeiten ziemlich gut.

Das war leicht: Wenn man aber ein bisschen Routine entwickelt hat, ist das Ganze wirklich keine Kunst und macht auch kaum Arbeit. Man mischt Mehl und Wasser und achtet darauf, die Sauerteigkultur schön warm zu halten, bei etwa 25 bis 30 Grad.

Das hat es gebracht: Das Brot schmeckt mindestens so gut wie beim Bäcker und ich bin hellauf begeistert, wie haltbar es ist. So manches Reststück ist bei mir zehn Tage alt geworden; keine Spur von Schimmel und immer noch weich und halbwegs saftig. Früher habe ich Brot nur nach dem Aussehen gekauft. Wie Roggen schmeckt oder Weizen, wie dunkel ein Vollkornbrot ohne Färbemittel überhaupt sein kann, wie eine Brotkruste rustikal aufgebrochen oder seidig glänzend gelingt, das alles war mir nicht bewusst.

Und deswegen mache ich weiter damit: Ich backe weiter, weil Brot für mich vom Nahrungsmittel zum Lebensmittel geworden ist. Man lernt viel und Spaß macht es auch. Ich rechne inzwischen Brotrezepte mit Hefe in Sauerteig-Rezepte um und experimentiere mit den wildesten Zutaten. Ein Apfel-Zwiebel-Brot habe ich beispielsweise beim Bäcker noch nicht gesehen, ist aber der Wahnsinn! Demnächst probiere ich einen hefefreien Hefezopf und Muffins - getrockneter, gemahlener Sauerteig soll als Backpulver-Ersatz taugen.

Hinrich Schmoch, Leser

Radikal - aber machbar

Das habe ich aus diesem Grund geändert: Meine Schilddrüsenunterfunktion hat mich diesen Winter besonders geärgert. Ich habe mit den Medikamenten geschludert, die Symptome waren anstrengend. Zwei Infekte haben mich schachmatt gesetzt, als ich auf dem Sofa rumliegend - mehr ging nicht - mit schlechter Laune beschloss, dass es so nicht weitergeht. Alle zwei, drei Monate ein Infekt, immer wieder Energielöcher, das wollte ich nicht mehr.

Zwei Bücher später war die Strategie klar: Ernährungsumstellung. Eine vernünftig klingende Ärztin empfiehlt zur Selbsthilfe bei Autoimmunkrankheiten den Verzicht auf Fleisch, Gluten, Molkereiprodukte, Soja, Mais und Zucker (und damit Alkohol). Erstmal für drei Wochen, Gluten für immer. Ich habe mir die strikten drei Wochen verordnet, erweitert um den Verzicht auf jegliche tierische Nahrungsmittel, Aromastoffe - also fast alle industriell verarbeiteten Nahrungsmittel (inklusive meiner heissgeliebten Tees). Das Danach habe ich mir offen gelassen.

Das war leicht: Die Entscheidung für die drei Testwochen ist mir leicht gefallen. Es gab ja genug gute Gründe dafür. Fleisch-, Fisch- und weitestgehend eifreier Vegetarier war ich schon vor den drei Testwochen. Der erweiterte Verzicht auf tierische Produkte ist mir nicht schwer gefallen. Nur Käse liebe ich, da war die Abstinenz wenig erfreulich. Ich habe ein Rezeptbuch entdeckt, das mir geholfen hat, meinen Speiseplan abwechslungsreicher zu machen. Die Zutatenlisten haben zu völlig neuen Eínkaufserlebnissen geführt. Die Grundausstattung findet sich auch in jedem größeren Supermarkt, aber um trotz Verzicht auf Gluten (gibt es ein Leben ohne Pasta?) noch Abwechslung zu bekommen, kommt man um Bioläden nicht herum. Das war am Anfang immer eine kurzweilige Entdeckungsreise (Galgant! Mandelmus! Erdnussmus Crunchy! Amaranth gepoppt!).

Das war schwer: Am schwersten ist mir der gefühlte Genussverzicht gefallen. Keine Pasta, kein Weißbrot, kein Käse, kein Wein, keine Süßigkeiten... der bewusste Das-genieße-ich-jetzt-Moment hat mir gefehlt. Die Umstellung kostete nicht nur Zeit aufgrund ausufernder Essensbeschaffung und -zubereitung, sie hat mir auch eine Freizeitaktivität unmöglich gemacht, die ich liebe: essen gehen. Nach dem ersten Salat in der Kneipe, den ich mir selber angemacht habe, weil im Standarddressing Zucker ist, habe ich beschlossen, dass essen gehen so keinen Spaß macht.

Das Gleiche gilt für feierliche Anlässe im Büro. Auf die freudestrahlende Mitteilung "ich habe für dich sogar vegetarische Brotaufstriche gemacht" (aus Käse, auf Weißbrot), sagen zu müssen "oh je, das tut mir leid, das esse ich gerade nicht" ist sehr unangenehm. Dieses Gefühl, als irgendwas zwischen zickigem Model und esoterischer Grünkerntante wahrgenommen zu werden, war auch nicht schön. Mittagessen in der Kantine ist weiter zusammengeschrumpft, jetzt gibt es mittags nur noch Riesenportionen Salat mit Unmengen an Kernen.

Das hat es gebracht: Zum Glück hat vieles an der Umstellung entschädigt: Mein Körpergefühl hat sich verbessert, ich fühle mich fitter. Völlegefühl nach dem Essen gibt es nicht bei dem eingeschränkten Speiseplan, mein Öko-Gewissen ist aufpoliert. Ich habe zumindest das Gefühl, Haut und Haar sind hübscher, das Bindegewebe fester, die Nasennebenhöhlen sind freier. Krank war ich auch nicht seit ich anders esse, das werde ich aber weiter beobachten.

Trotz exzessivem Nussgenuss (statt Brötchen) und stetigem Verzehr hausgemachter Süßigkeiten mit Honig und Agavensirup als Zuckerersatz (statt allen anderen Süßigkeiten) sitzen die Hosen nach drei Wochen lockerer. Auch nicht zu verachten ist das Wissen, dass man auch ohne die gängigen Kohlenhydrate vortrefflich Fressanfälle haben kann. Die fühlen sich dann irgendwie gesünder an.

Ansonsten haben die drei strengen Wochen gebracht:

  • die Bestätigung, dass man sich nach drei Wochen an (fast) alles gewöhnt
  • die Gewissheit, etwas, das ich will, tatsächlich durchziehen zu können
  • Dankbarkeit für Fruktose, Kakobutter, Kakao, Buchweizenflakes und Kokosnuss in jeder Darreichungsform
  • nach 15 Jahren mal wieder das unvergleichliche Gefühl, eine komplizierte Essensminderheit zu sein
  • dank der Kocherei bestimmt eine höhere Stromrechnung

Und deswegen mache ich weiter - aber lockerer: Die starren Regeln werden gelockert - für den Genuss und zur Vermeidung von allzu großem Aufwand. Ich werde weiterhin versuchen den Kohlenhydratanteil bei meiner täglichen Nahrungsaufnahme zu Gunsten von Gemüse geringer zu halten. Zucker steht weiter auf der schwarzen Liste, allerdings ohne Verkrampfen beim versteckten Zucker in Dressings oder Soßen in Restaurants. Weißbrot möchte ich auch nicht mehr als Standard-Nahrungsmittel sehen.

Zuhause möchte ich auf Molkereiprodukte verzichten, im Urlaub oder beim Essengehen erlaube ich mir aber Käse oder Cremesuppe. Mittlerweile habe ich auch mal wieder Alkohol getrunken - und festgestellt, dass ich den auch weiterhin einschränken möchte. Ein Genussglas hin und wieder ja, aber so, dass es am nächsten Tag kein Matschgefühl gibt. Alles in allem möchte ich mir einen bewussteren Lebensstil bewahren: hin und wieder etwas gönnen, aber die meiste Zeit gesund und gemüselastig essen.

Leserin, anonym

Herausforderung Low Carb

Das wollte ich aus diesem Grund ändern: Ich ernähre mich schon immer gern und viel von Kohlenhydraten - Nudeln, Kartoffeln, Reis und Brot kommen bei mir oft mehrmals täglich auf den Tisch. Die schlauen Ernährungsbücher halten das sowohl für eine einseitige als auch eine wenig figurbewusste Ernährung. Die Experten sind sich einig, dass es sinnvoll ist, den Anteil von Kohlenhydraten an der Nahrung zu senken und dafür mehr Eiweiß zu sich zu nehmen - sie nennen das "Low Carb Diät".

Mein Problem: Steinobst kann ich nicht essen, weil ich darauf allergisch bin und aus moralischen Gründen verzichte ich seit mehr als einem Jahr weitestgehend auf Fleisch. Seitdem esse ich deswegen noch mehr Kohlenhydrate als vorher. Schätzungsweise 70 bis 80 Prozent meiner Ernährung besteht aus Kohlenhydraten. Ein einwöchiger Selbstversuch ohne bedeutet für mich: Ich muss mir für einen Großteil meiner Ernährung Alternativen überlegen - durchaus eine Herausforderung.

Das war leicht: Nichts. Absolut gar nichts. Auf Kohlenhydrate zu verzichten, fällt viel schwerer als auf Fleisch zu verzichten. Nudeln, Kartoffeln, Reis und Brot hat man immer zuhause, kosten nicht viel, kann man in 15 Minuten zubereiten und mit verschiedenen Zutaten abwechslungsreich gestalten. Wie finde ich andere Nahrungsmittel, die so unkompliziert sind?

Das war schwer: Mein erster Schritt bestand darin, herauszufinden, welche Lebensmittel eigentlich kohlenhydratefrei sind. Erkenntnis: Es bleibt nicht viel übrig, was mir gut schmeckt, kein Fleisch ist und für das man nicht allzu lange am Herd steht. Regelrecht schockiert war ich, dass sogar Bohnen, Linsen, Erbsen und Karotten in einer Low-Carb-Diät nichts zu suchen haben! Ich habe dann doch noch einige Nahrunsgmittel entdeckt, mit denen ich mich eine Woche lang anfreunden konnte: Salat, Zucchini, Blumenkohl, Pilze, Spinat, Mozzarella, Hüttenkäse, Nüsse, Beeren. Wirklich schwierig war es allerdings, außer Haus zu essen. Unsere Kantine im Büro hat eine große Salatbar, aber es war fast unmöglich, etwas Essbares zu finden, wenn man sich abends in einem Restaurant mit Freunden trifft.

Das hat es gebracht: Die ersten drei Tage hatte ich ständig das frustrierende Gefühl, nicht satt zu sein. Die letzten Tage war das kein Problem mehr. Ich habe gelernt, dass ich öfter Zwischensnacks aus Nüssen oder Obst einplanen muss. Meine Verdauung kam mit der Low-Carb-Ernährungsweise sehr gut zurecht, Völlegefühl und Müdigkeitsphase nach dem Mittagessen hatte ich an keinem der Tage. Und ich habe in der Woche etwa drei Pfund abgenommen - durchaus ein Motivationsfaktor, um weiterzumachen!

Und deswegen mache ich nicht so ganz weiter damit: Low Carb Diät und gleichzeitig Vegetarier sein - das geht für mich auf Dauer nicht jeden Tag, mir fehlt die Abwechslung. Aber ich habe mir vorgenommen, erst einmal zwei Tage pro Woche auf Kohlenhydrate zu verzichten. Das ist machbar und vielleicht sogar ein Einstieg in ein Leben ohne Kohlehydrate.

Claudia Urschbach, Mitarbeiterin Produktmanagement Content

Nur regional essen

Das haben wir aus diesem Grund geändert: Wir wollten versuchen, uns regional zu ernähren, um auf der einen Seite einheimische Betriebe zu unterstützen und andererseits die Umwelt zu schonen, indem wir weite Transporte vermeiden.

Das war leicht: Da es hier viele Märkte und Hofläden gibt, war es kein Problem geeignete Anbieter zu finden.

Das war schwer: Beim Einkaufen im Supermarkt ist die Auszeichnung leider oft nicht wirklich durchsichtig. Da steht zwar auf der Milchpackung, dass sie aus Bayern kommt. Trotzdem fragt man sich: Wurde sie nur in Bayern abgefüllt? Oder stammt sie tatsächlich von Kühen aus der Region? Und was bringt das alles, wenn der Karton aus China stammt? Auch bei Produkten wie Nudeln, Süssigkeiten, Mehl oder Zucker ist es schwer nachzuvollziehen, wo sie herkommen. Schwierig war es auch mit der Auswahl an Gemüse und Obst im Winter.

Das hat es gebracht: Gebracht hat es außer Frust und Lust auf anderes, frisches Obst und Gemüse nicht viel. Es war deprimierend, festzustellen, dass es fast nicht möglich ist oder wenig Unterschied macht, sich ausschließlich regional zu ernähren - außer man kauft alles direkt vom Hof und nutzt mitgebrachte Behälter.

Und deswegen machen wir nicht weiter: Insgesamt war es viel zu umständlich, zu einseitig und auch zu teuer.

Veronika Dziura, Leserin, und Familie

Kein Zucker, kein Fleisch, kein Käse

Das habe ich aus diesem Grund geändert: Ich habe nichts dagegen, Tiere zu essen. Ich habe nur etwas dagegen, millionenfach Muttertiere zu schwängern und ihnen dann ihr Ein und Alles wegzunehmen, das Ei, die Milch, das Kind. Das scheint mir ein recht gestörtes Verhältnis zur Mutter-Kind-Beziehung. Jagen finde ich vollkommen okay, etwa wenn mir jemand mit Pfeil und Bogen ein Wildtier schießen würde. Macht viel weniger Krach. Aber was das kosten würde! Das führte mich zum Experiment: Wie werde ich eine zuckerfreie Veganista?

Das war leicht: Dank eines guten Kochbuchs war es erstaunlich leicht, umzustellen. Besonders den Verzicht auf Käse und Milchprodukte hätte ich mir nicht so einfach vorgestellt. Ich liebe - nein, liebte - Quark, Joghurt, Ziegenfrischkäse über alles. Da verstummte aber dieser permanente Juckreiz an den Schienbeinen. Ich hatte es nicht einmal bemerkt, da leistete ich mir einen Ausrutscher und schlemmte Käse. Keine vier Stunden später wieder dieses eklige Jucken. Wie ist das möglich? Ein zweiter Test mit Käse bestätigte meinen Verdacht. Seither: keine Lust mehr auf Milchiges.

Auch Zucker habe ich aufgegeben. Smoothies und vor allem die Konfekt-Rezepte nur mit Früchten, Gewürzen und Nüssen sind so was von lecker. Die Supermarktregale können mit ihren Glitzerpackungen locken wie sie wollen, ich sehe die Schokoriegel gar nicht mehr. Ich mach jetzt alles selber, schmeckt viel, viel besser! Und ohne Zucker verschwand der Hunger zwischendurch. Ich werde und bleibe satt.

Das war schwer: Dieses ständige Alles-selber-Machen geht mir auf den Keks. Die Resultate sind himmlisch, ich geb's zu. Aber jeden Tag die Woche zwei- bis dreimal Berge von Früchten und Gemüse zu zerkleinern, nimmt soviel Zeit in Anspruch, dass anderes zu kurz kommt. Eine Küchenmaschine muss her! Und am besten eine Köchin dazu. Und dann das mit dem Vitamin B12. Ich will ja kein Schrumpfhirn. Doch Nahrungsergänzungsmittel finde ich erst recht doof. Zur Zeit sind sie meine Lösung, der heiße Tipp aber heißt Hefepaste. Soll gut schmecken. Na, ich weiß nicht.

Das hat's gebracht: Mein Hautbild hat sich fabelhaft verbessert, keine Creme mehr nötig, keine rauen Knöchel oder Ellbogen, keine Schuppen, weder an den Schienbeinen noch auf dem Kopf. Außerdem bin ich dieses inneres Dilemma los, mich von gestohlener Mutterliebe zu ernähren. Stattdessen erlebe ich eine neue Leichtigkeit im Denken, in der Wahrnehmung, als ob das Tor zur Welt sich ein wenig verbreitert hat - nur durch diesen Verzicht auf Zucker und aufs Tierische.

Und darum mache ich weiter: Ich sehe keinen Grund, auch nur einen Schritt zurückzugehen. Vielleicht ab und zu ein bisschen Fisch, um nicht zu verbohrt zu werden. Und bei Familienfesten mal ein Stück Fleisch. Beim letzten großen Treffen waren alle begeistert von meinem Salat mit Mandelmus-Mayo und dem Fruchtkonfekt. Und ich war begeistert von der zarten Entenbrust. Aber nach dem ersten kleinen Stück war ich schon satt. Mehr Salat, bitte.

Rebecca Mehler, Leserin

Milch selbst verarbeiten

Das habe ich aus diesem Grund geändert: Die industrialisierte Nahrungsmittelherstellung entwickelt sich meiner Meinung nach immer stärker in die falsche Richtung: Die Tierhaltung, die Antibiotika-Gabe, Nitrat-, Nitrit- und Pestizid-Einsatz auf den Feldern, Gen-Mais, künstliche Zusätze, Plastikverpackungen - all das hat mir mehr und mehr Sorgen gemacht. Deshalb habe ich den Versuch gemacht, einige halbfertige Produkte aus dem Supermarkt selbst herzustellen: Pizzateig, Bratwürste, Sauerteigbrot (siehe Seite 7), Chips und Nudeln habe ich schon getestet. Und mit ein wenig Organisation schafft man auch die Milchverarbeitung, mein neues Experiment, ganz gut.

Das ist leicht: Joghurt ist ziemlich einfach und auch als Einzelperson gut herzustellen. Milch erwärmen, einen Löffel Joghurt einrühren, ein paar Stunden warm stellen und nicht erschüttern. Das sind circa zehn Minuten Arbeit, auch für große Mengen. In der Testphase wird der Joghurt manchmal nicht stichfest, aber mit etwas Übung klappt auch das.

Das ist schwer: Bei den meisten anderen Milchprodukten ist das schon schwieriger, weil man die Milch in ihre Bestandteile zerlegen muss. Beispiel Butter: Mangels einer Zentrifuge muss man nicht homogenisierte Milch säuern und sie eine Weile stehen lassen, bis sich der Rahm oben absetzt und abgeschöpft werden kann. Viel ist das nicht, es bleibt viel Magermilch zurück. Aber den Rahm kann man dann zum Beispiel im Einmachglas so lange rhythmisch zum Lieblingssong schütteln, bis man erst Schlagsahne und später einen Teil Butter und einen Teil Buttermilch hat. All das sollte man nur nach Anleitung handhaben und schnell verbrauchen - und Hygiene-Standards beachten. Das nötige Zubehör bekommt man am ehesten im Internet.

Das hat es gebracht: Die eigene kleine Milchwirtschaft ist nicht ganz unkompliziert. Aber so bekommt man Produkte aus Milch artgerecht gehaltener Kühe, ganz frisch, unverpackt, natürlich und ohne Zusätze.

Darum mache ich weiter: Im Moment ist das Ganze noch ein Experiment - und eher ein durchaus zeitaufwändiges Hobby. Aber vielleicht werde ich mal einen großen Garten haben, mein eigenes Obst und Gemüse ernten, ein paar Hühner halten und drei Ziegen melken. Deshalb sammele ich heute schon das Knowhow fürs Selbermachen. Als nächstes versuche ich mich an eigenem Bier.

Hinrich Schmoch, Leser

Die Recherche zu Landwirtschaft und Ernährung: Kein Fressen ohne Moral

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  • Bio-Produkte Versuch, eine weiße Weste zu kaufen

    Wer glaubt, er erwirbt mit Siegeln automatisch ein reines Gewissen, irrt. Bei Öko-Fleisch, -Gemüse oder -Obst sind Gut und Böse nicht immer klar voneinander zu unterscheiden. Und je mehr man hinterfragt, desto verwirrender kann es werden. Ein Selbstversuch.

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    Ratten, Dreck, Keime: Kontrolleure finden Verstörendes in Gaststätten. Wer gegen Vorschriften verstößt, dürfen die Bürger aber nicht wissen. Wieso ist Deutschland Transparenz-Entwicklungsland und was bringen Restaurant-"Smileys" in anderen Ländern? Zeit, über Pranger zu reden.

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    In der EU werden kaum genmanipulierte Pflanzen angebaut. Dennoch ist Grüne Gentechnik in Supermärkten omnipräsent. Die fehlende Transparenz ist politisch gewollt.

  • Tomaten Gemüse Lebensmittel Die Recherche "Der Preiskampf findet da statt, wo die Masse ist"

    Tomaten sind das meistverkaufte Gemüse in Deutschland. Entsprechend sensibel reagieren die Kunden, wenn die Preise in den Wintermonaten steigen. Welche Kosten bei Produktion und Transport entstehen und warum es ganz einfach ist, gute und günstige Tomaten zu kaufen.

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    Wo werden die meisten Schweine gehalten? Wie viel Bio wird in Ihrer Gegend angebaut? Und wo schuften die meisten Saisonarbeitskräfte auf den Feldern? Der Agrar-Atlas gibt Antworten.

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