"Er sagt, sie sagt":Das Ding muss weg

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Wohin mit scheußlichen Souvenirs der Schwiegereltern? Er versucht es mit Taktgefühl, sie hält ihn für feige.

(Foto: iStock)

Manche Urlaubsmitbringsel werden zum Politikum, wenn sie von den Schwiegereltern kommen. Er setzt auf Diplomatie, sie hält ihn für feige. Dann ist die Frage: Lieber Ärger mit der Frau oder mit der Mutter?

Von Violetta Simon

Gerade verabschieden sich die Schwiegereltern, die kürzlich aus dem Thailand-Urlaub zurückgekehrt sind. Sobald die Tür sich schließt, geht sie ins Wohnzimmer und stellt sich mit verschränkten Armen vor ein bizarr anmutendes Gemälde, das an der Wand lehnt.

Sie: Mein Gott, ist das übel. Sieht aus, als hätte es ein Schimpanse mit seinem linken Fuß gemalt.

Er: Das war ein Elefant. Und er hat es mit seinem Rüssel gemalt. Sagt meine Mutter.

Sie: Wie auch immer. Ab damit in den Keller.

Er: Meinst du nicht, wir können es vorerst hinter der Tür aufhängen? Dann sticht es nicht so ins Auge.

Sie: Bist du irre? Ich werde nicht eine Nacht lang unsere Wohnung mit dieser Abscheulichkeit teilen. Schlimm genug, dass du es überhaupt angenommen hast!

Er: Wir könnten das Bild hinter die Couch schieben und wenn sie kommt, auf unser Sideboard stellen.

Sie: Das ist mal wieder typisch: Nur keinen Ärger mit Mutti riskieren.

Er: Was soll ich ihr denn sagen?

Sie: Na, die Wahrheit: Dass unsere Wohnung kein Sammellager für billigen Kitsch ist.

Er: Wie stellst du dir das vor?

Sie: Herrgott, du bist 43 Jahre alt! Kannst du dich noch immer nicht gegen sie durchsetzen?

Er: Hier geht es doch nicht darum, sich durchzusetzen. Es geht um Rücksicht. Und um Taktgefühl.

Sie: Ich nenne so etwas Feigheit. Und Rücksicht nimmst du schon gar nicht, jedenfalls nicht auf mich.

Er: Jetzt tu' doch nicht so, als wärst du anders! Die Freude, wenn deine Nichte dir ein Bild malt, ist doch auch nur geheuchelt. Und wie entzückt du getan hast, als sie dir diese selbst getöpferte Schreibmaschine geschenkt hat - wenn sie es nicht erklärt hätte, würde ich heute noch denken, auf deinem Schreibtisch liegt ein mumifizierter Hundehaufen. Warum sagst du dem Mädchen nicht, dass sie uns mit ihrem Unrat verschonen soll?

Sie: Meine Nichte ist vier! Sie würde es nicht verstehen, warum ich mich nicht freue, wo sie sich doch so viel Mühe gegeben hat.

Er: Siehst du? Und genau so ist es mit meiner Mutter.

Sie: Dass ich nicht lache! Das Zeug ist der reinste Plunder, und sie weiß das. Die macht sich einen Spaß daraus, zu sehen, wie du dich windest. Und du bedankst dich auch noch brav, statt dich zu wehren. Mit dem Ergebnis, dass sie jedesmal, wenn sie aus dem Urlaub kommen, eine andere Geschmacklosigkeit anschleppt.

Er (lässt seinen Blick über die Regale schweifen, in denen Teelichter, Quarzsteine, Vasen und Kerzenleuchter stehen): Ich finde ja, dass hier auch so schon genug Kram herumsteht. Und der ist eindeutig nicht von meiner Mutter.

Sie: Also bitte, das sind Accessoires. Die machen den Raum wohnlicher.

Er: Aha. Und warum dürfen dann die Souvenirs von meiner Mutter hier nicht stehen?

Sie: Weil sie den Raum nicht schöner machen, sondern verunstalten. Vergangenes Jahr war es ein Zimmerbrunnen. Davor ein schielendes Plüsch-Opossum aus dem Leipziger Zoo. Ganz zu schweigen von der blinkenden Gondel aus Venedig.

Er: Aber die Pilgerwurst aus Marktl am Inn war nicht schlecht, hast du selbst gesagt. Erinnerst du dich?

Sie: Stimmt. Die war okay. Weil man sie aufessen konnte.

Schweigen.

Er: Das Bild ist wirklich furchtbar.

Sie: Mit Abstand das Scheußlichste, was deine Eltern jemals mitgebracht haben.

Er: Noch schlimmer als der Wandteller aus Madrid.

Sie: Du meinst den mit der Flamencotänzerin, die einen echten Stoffrock trägt?

Er: Genau. Wo ist der eigentlich?

Sie: Habe ich damals gleich in die Spülmaschine gesteckt. Es sollte nach einem Unfall aussehen.

Er: Also wirklich. Du bist unmöglich.

Sie: Ich fürchte, dieses Bild wird ein ähnliches Schicksal ereilen.

Er: Und was solll ich ihnen sagen, wenn sie uns nächstes Mal besuchen?

Sie: Erzähl' meinetwegen, ein Kunsthändler hätte es dir abgeschwatzt. Oder man hätte bei uns eingebrochen und es entwendet.

Er: Das glaubt sie mir nie, dass jemand diesen Plunder klaut.

Sie: Siehst du? Jetzt gibst du es endlich zu: Sie weiß es auch.

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