Entspannungstechniken:Hula fürs Hirn

Im Alpha-Zustand soll der Mensch vollkommene Entspannung erfahren. Doch wie erreiche ich den? Eine Playlist zum Relaxen - als Kontrast zum Techno des Tages.

Stefan Becker

Wellenreiten im Winter: Das funktioniert nur auf Hawaii, denken Sie vielleicht, und die Sehnsucht wird groß: rauschendes Meer, warmer Sand, sanfte Klänge. Diese kleine, heile Welt aber trägt jeder in sich und für eine flotte Reise dorthin bedarf es keines stressigen und jetlag-lastigen Langstreckenflugs - ein paar Minuten intensiver Ruhe reichen und plötzlich ist alles alpha.

Entspannungstechniken: Ein paar Minuten intensiver Ruhe - und alles ist alpha.

Ein paar Minuten intensiver Ruhe - und alles ist alpha.

(Foto: Foto: Getty Images / iStockphotos)

Zwischen acht und zwölf Hertz

Alpha-Wellen, so heißen die messbaren Gehirnströme mit einer Frequenz zwischen acht und zwölf Hertz, die den Menschen üblicherweise erst im Tiefschlaf heimsuchen, wenn der Geist wirklich ruht und abgekoppelt vom Alltag die vielen verschiedenen Wahrnehmungen der Sinne sortiert, speichert und auch verwirft.

Der Hula fürs Hirn funktioniert als Kontrast zum Techno des Tages, denn dann liegt der Takt im Kopf stressbedingt meist zwischen 25 oder 35 Hertz. Jeder kennt diese nervliche Anspannung, wenn das Hirn raucht oder niemand mehr weiß, wo ihm der Kopf überhaupt steht. Gerade im Winter, wo der Fluss der Energie sowieso schon durch fehlendes Licht und mangelnde Bewegung gebremst wird, kann psychischer Stress leicht krank machen: Der herrschende Sympathikus torpediert das Immunsystem, wo es nur geht und bis nichts mehr geht.

Den Rest kennt jeder von der Reklame: Müde, abgeschlagen? Dagegen gibt es natürlich Mittel in Hülle und Fülle. Das Beste aber hat die Natur selbst kreiert - den Alpha-Zustand. Wer auf der Welle surft, entspannt komplett und ermöglich dem Parasympathikus, dass er den Körper wieder ins Gleichgewicht bringt. Dort wollen ja eigentlich auch alle hin, doch sieht die eigene Work-Life-Balance meist schon bei Sonnenuntergang eher bescheiden aus.

Neue kreative Höhen

Und für den Alpha-Zustand als ständigen Begleiter spricht noch mehr: Während der Körper entspannt, den Puls herunterfährt und mehr Blut durch die Adern schickt, was wiederum wohlige Wärme produziert, bleibt der Geist hellwach und erklimmt gar neue kreative Höhen, ganz nebenbei und völlig unangestrengt. Das liege allein an der Welle, sagen die Mediziner, denn in der Frequenz arbeiten die beiden Gehirnhälften endlich gleichberechtigt, das Ende einseitiger Dominanz.

Links die Logik und rechts das Gefühl fröhlich vereint, mehr geht nicht - und so geht's: "Der einfachste Weg, um in den Alpha-Zustand zu kommen, ist die Entspannung mit Musik", sagt Doppel-Doktor Michael Despeghel. "Zum Beispiel rufen die "Goldberg-Variationen" eine Art meditativen Zustand hervor. Die physiologische Erklärung ist einfach: Diese Kompositionen haben eine "Bach-Stimme" und die klingt langsamer als der menschliche Puls. Während wir dieser Musik lauschen, versucht der Körper seinen Funktionsrhythmus dem Taktschlag anzugleichen.

Das Ergebnis: Der Körper entkrampft und entspannt völlig".

Hula fürs Hirn

Hier die Alpha-Playlist des Präventiv-Mediziners passend zu Weihnachten:

Johann Sebastian Bach: Aria zu den Goldberg- Variationen, Largo aus Konzert für Klavier und Streichorchester Nr. 5 F-moll., Largo aus Konzert für Cembalo solo in F-dur, und die Aria Orchestersuite Nr. 3 in D-dur.

Arcangelo Corelli: Alle langsamen Sätze aus Concerti grossi op. 6, Nr. 1-12.

Georg Friedrich Händel: Alle langsamen Sätze aus Concerti grossi op. 6, Nr. 1-12. Largo aus Konzert für Viola, Streicher und Basso continuo in G-dur.

Antonio Vivaldi: Largo aus "Winter" - die vier Jahreszeiten, Largo aus Konzert D-dur für Gitarre, Streicher und Basso continuo. Flautinokonzert in E-moll. op. 44, Largo.

Natürlich funktioniert die Mini-Meditation auch lautlos. Damit wirklich Stille eintritt, setzen Sie sich bequem hin und schließen die Augen. Dann wiederholen Sie ständig ein simples und sinnfreies Wort - das Mantra. Wem partout nichts einfällt, der probiert es mit dem Klassiker "Omm", denn fürs Denken soll ja keine Zeit verschwendet werden.

Auch die weich-wogenden Hula-Klänge sind geeignet, aber dabei nicht mit den Gedanken in die Karibik schweifen! Eine andere Variante achtet auf den Atem, ruhiges und tiefes Ein- und Ausatmen, kein Gedanke an Nichts und plötzlich sind Sie auf Alpha und surfen ins Glück.

Süddeutsche Zeitung Wohlfühlen 04/2007

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