Energieverbrauch:Selbstversuch Stromsparen

Energieverbrauch: Einfach mal Abschalten.

Einfach mal Abschalten.

(Foto: Grafik Jessy Asmus/SZ.de)

Immer online, alle Geräte auf Standby. Warum Ausmachen so schwierig ist - und Wegwerfen manchmal gut für die Umwelt.

Von Barbara Vorsamer

Im Wohnzimmer blinkt der Router, auf dem Receiver dreht sich ein Rädchen. Aus der Steckerleiste daneben ragen diverse Aufladekabel, immer bereit, alle Handys. Tablets und Laptops des Hauses mit neuer Energie vollzutanken. Ein alter Werbespruch aus den Achtzigern kommt mir in den Sinn: Im Prinzip geht alles. Aber ohne Strom geht nichts.

Wie wahr. Heute noch wahrer als in den Achtzigern. Ein wackliges WLAN reicht, um mich an den Rand der Handlungsunfähigkeit zu bringen. Was ohne Strom passieren würde, will ich mir gar nicht ausmalen.

Was ich aber tatsächlich wissen will: Wie viel verbrauchen die ganzen Geräte, die da im Standby-Modus vor sich hin leuchten? Sollte ich das Handy öfter ausschalten? Mir eine andere Nutzung angewöhnen? Oder schaue ich gerade in die falsche Richtung - und den größeren Anteil der Energie verbrauchen Kühlschrank, Herd und Waschmaschine?

Beides stimmt. Laut Bundesverband für Energie- und Wasserwirtschaft entfallen im Schnitt 27 Prozent des Stromverbrauchs in deutschen Haushalten auf Informationstechnik, TV und Audio. Das ist der größte Anteil, er entfällt aber meistens auf eine ganze Reihe von Geräten: Fast jeder besitzt Radio, Fernseher, Tablet, Handy, Laptop - unter Umständen mehrfach. Das läppert sich.

Kühlschrank, Herd und Waschmaschine besitzt man meist nur je einmal, trotzdem sind die Geräte für durchschnittlich 17 Prozent (Kühl- und Gefrierschrank), 13 Prozent (Waschmaschine) oder elf Prozent (Herd) der Stromrechnung verantwortlich.

1. Schritt: Stromverbrauch überprüfen

Um herauszufinden, was in unserem Haushalt der größte Stromfresser ist, leihe ich mir ein Strommessgerät von den Münchner Stadtwerken (SWM). Das misst direkt an der Steckdose, wie viel Energie gerade fließt.

Ich stecke es als erstes an den Kühlschrank. Hier muss ich 24 Stunden messen, um eine Aussage treffen zu können, erklärt mir Stefan Memminger, Leiter der SWM-Energieberatung, weil Kühlschränke nicht kontinuierlich kühlen, sondern in Wellen. Das Ergebnis: 1,2 Kilowattstunden am Tag. Das sind 438 Kilowattstunden im Jahr oder 114 Euro, was ein Viertel unserer jährlichen Stromrechnung ausmacht.

Moderne Kühlschränke verbrauchen davon gerade mal ein Drittel. Also sofort austauschen? Memminger rechnet mir vor, dass wir mit einem neuen Kühlschrank zwischen 50 und 70 Euro im Jahr sparen könnten, dieser aber in der gewünschten Größe 550 bis 1400 Euro kosten würde. "Finanziell rentiert sich das nicht", findet der Experte.

Finanziell vielleicht nicht - aber für die Umwelt? Wäre es ökologisch sinnvoll, einen noch voll funktionsfähigen Apparat auf den Sperrmüll zu werfen und einen neuen Kühlschrank zu kaufen? Tatsächlich ist das der Fall: Schon nach ein bis zwei Jahren hat sich dem Öko-Institut Freiburg zufolge ein neuer Kühlschrank energetisch amortisiert. Wer wissen will, ob und wann sich neue Geräte für Geldbeutel und Umwelt lohnen, kann seinen Haushalt hier durchchecken.

2. Schritt: Nur aus ist aus

Als nächstes kommt das Messgerät an die Leiste mit den diversen Handy-, Tablet- und Laptop-Aufladekabeln. Drei Tage lang laden wir alles, was einen leeren Akku hat, nur an dieser Steckdose auf, das Gerät addiert. Auf 0,3 Kilowattstunden. Nicht viel, sagt Memminger und mich überrascht das.

Schließlich hatte ich ein schlechtes Gewissen wegen meiner exzessiven Smartphone-Nutzung. Ich bin immer online, habe für jeden Quatsch eine App und richtig aus mache ich das Handy nie. Dabei ist laut Yvonne Zwick vom Rat für Nachhaltige Entwicklung "Nur aus ist aus" die wichtigste Regel beim Stromsparen: "Kaufen Sie sich Stromleisten mit Kippschalter und vermeiden sie überflüssiges Standby", sagt sie.

Standby ist aber nicht gleich Standby. Wenn ich mein Smartphone mit 66 Prozent Akku neben die Couch lege und schlafen gehe, hat es am nächsten Morgen 64 Prozent. Wenn ich nichts mache, macht es auch nichts: Ortungsdienste sind für die meisten Apps deaktiviert, Push-Nachrichten darf nur die SZ-App senden und automatisch aktualisiert wird gar nichts. Hier gibt es noch mehr Tipps, wie das Handy wenig Strom verbraucht.

Auch der Kabelsalat an der Steckerleiste erweist sich als unproblematisch. Das Strommessgerät verrät mir, dass da kaum Energie fließt - macht also nichts, sieht nur unordentlich aus. Nur das Laptopkabel zieht Strom auch dann, wenn der Rechner längst aufgeladen ist oder gar nicht mehr angeschlossen ist.

Umweltsünde Sky-Receiver

Während ich also beruhigt bin, dass mein Smartphone und ich nicht am Klimawandel schuld sind, fällt mein Blick ein anderes Gerät, das immer vor sich hin arbeitet: Der Receiver, in unserem Fall von Sky. 13 bis 15 Watt fließen hier durch, auch wenn die Box gar nichts macht und das ist viel. Alle Umweltexperten raten daher dazu, sie zumindest über Nacht komplett vom Stromnetz zu trennen. Kein Problem.

Am nächsten Tag braucht der Receiver jedoch eine halbe Stunde um hochzufahren. Dass das mehr Energie bräuchte als ein paar Stunden Standby stimmt Memminger zufolge zwar nicht. Doch alltagstauglich ist es nicht, immer 30 Minuten zu warten bis der Fernseher geht.

Das Unternehmen selbst warnt auf seiner Homepage explizit davor, das Gerät auszuschalten. Selbst vom Energiesparmodus rät Sky ab und droht mit einem langsam startenden Receiver. Von der Möglichkeit, einen individualisierten Energiesparmodus einzustellen, wissen vermutlich nur Nutzer, die sehr ausführlich in der Gebrauchsanweisung geblättert haben. Ist ja schön, dass es möglich ist, einzelne Funktionen abzustellen oder für bestimmte Tageszeiten zu deaktivieren - aber viel zu kompliziert.

Eigentlich schreibt eine EU-Ökorichtlinie vor, dass Geräte im Standby nicht mehr als ein Watt verbrauchen dürfen. Doch Sky windet sich, das umzusetzen und unterscheidet zwischen Deep Standby - das, was man nur mit einem Dutzend Klicks und der Anleitung in der Hand hinbekommt - und Standby - das, was das Gerät macht, wenn man auf den roten Knopf der Fernbedienung drückt. In Zeiten von Netflix, AmazonPrime und anderen Streaming-Diensten ist ein Festplattenrecorder, der permanent Filme und Serien auf Vorrat herunterlädt, aber sowieso veraltet.

Apropos Streaming: Der Wlan-Router ist noch so ein daueraktives Gerät in den meisten Haushalten und benötigt zwischen acht und elf Watt. Ökologisch korrekt wäre es daher, ihn auszuschalten, wenn man ihn nicht benötigt. Doch wann soll das sein? Schnell mal ins Netz gehe ich eigentlich ständig. Wenn der Router aus ist, belastet das nur mein mobiles Datenpaket (und damit auch die Umwelt, denn surfen über das Mobilfunknetz verbraucht viel mehr Strom als über das Wlan). Hier ist die Regel "Nur aus ist aus" nicht praktikabel - zumindest nicht für mich.

3. Schritt: Neu kaufen statt mehr verbrauchen

Da nutze ich das Internet lieber, um mich über energieeffiziente Kühlschränke zu informieren. Bei uns muss ein neuer her und bei Großgeräten wie Kühlschrank, Waschmaschine, Trockner oder Herd ist es gut investierte Zeit, vor dem Kauf CO2-Bilanzen und Stromkosten zu vergleichen. Gute Adressen dafür sind EcoTopTen, CO2Online oder die Initiative EnergieEffizienz.

Mein Design-Traum, ein apfelgrüner Standkühlschrank in Retro-Optik, ist dadurch gleich wieder vom Tisch. Diese können mit High-Tech-Geräten der Effizienzklasse A+++ einfach nicht mithalten. Auf andere moderne Features verzichte ich jedoch, zum Beispiel auf Biofresh-Zonen und antibakterielle Beschichtung. Umweltexperten zweifeln die Wirksamkeit der Beschichtung an und befürchten negative Effekte der enthaltenen Silberionen aufs Wasser. Biofresh-Zonen kühlen bestimmte Bereiche des Kühlschrank auf null Grad herunter, was natürlich zusätzliche Energie benötigt. Unnötig, sagt Yvonne Zwick vom Nachhaltigkeitsrat. Sieben Grad im Kühlschrank reichen.

Die No-Frost-Funktion bei Kühlschränken hat Vor- und Nachteile. Ja, sie benötigt zusätzlichen Strom, dafür muss nie abgetaut werden. Das ist bequem und schließlich verbrauchen auch vereiste Tiefkühltruhen zusätzliche Energie. Ein Gegenargument ist, dass die No-Frost-Funktion recht laut sein kann.

Es gibt also einiges zu bedenken und wir besuchen mehrere Händler, bevor die Wahl auf eine graue Kühl-Gefrier-Kombination für knapp 1000 Euro fällt. Den Herstellerangaben zufolge werde wir künftig nur noch 43 Euro im Jahr Strom für den Kühlschrank zahlen müssen, die CO2-Bilanz gibt das Öko-Institut Freiburg mit 114 Kilogramm im Jahr an.

Ob sich das auf unserer Stromrechnung bemerkbar macht? Selbst wenn nicht: Wenn ich die Daten unseres Haushalts beim Stromspiegel (ein Vergleichstool des Umweltministeriums) eingebe, stelle ich fest: Wir sind im grünen Bereich. Das Handy darf an bleiben. Glück gehabt.

Drei Tipps zum Nachmachen:

  • Bescheid wissen: Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihren Verbrauch, lesen Sie die Gebrauchsanweisungen gründlich.
  • Nur aus ist aus: Nicht benötigte Geräte abschalten oder zumindest nicht benötigte Funktionen deaktivieren.
  • Was Neues muss her? Besonders bei großen Geräten lohnt es sich, gründlich zu recherchieren und vielleicht auch etwas mehr zu bezahlen.
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