Empfehlung der Ärzteverbände:Auch deutsche Frauen sollen Billig-Implantate entfernen lassen

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Drei Ärzteverbände empfehlen deutschen Frauen, die minderwertigen Brustimplantate der Firma PIP vorsorglich entfernen zu lassen. Die Frauen hätten jedoch keinen Grund zur Eile - auch weil nicht klar ist, wer die Kosten tragen wird.

Auch deutsche Mediziner empfehlen nun den Frauen, die Billig-Brustimplantate des französischen Herstellers PIP erhalten haben, die Konsequenzen zu ziehen. Drei Ärzteverbände raten den Betroffenen zur "Entfernung ohne Eile".

Ein Silikonkissen der Firma PIP: Auch in Deutschland sollen die Implantate nun herausoperiert werden. (Foto: REUTERS)

Die Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC), die Deutsche Gesellschaft für Senologie (DGS) und die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) beriefen sich in einer gemeinsamen Erklärung vom Freitag auf die Empfehlung der französischen Expertenkommission. Diese hatte den 30.000 betroffenen Französinnen Ende des vergangenen Jahres zur Entfernung der mangelhaften Silikonkissen geraten.

Frauen, die die minderwertigen Implantate im Körper behielten, riskierten, dass die Polster rissen und damit komplizierte Eingriffe nötig machten, schreiben die deutschen Mediziner. Sie haben zudem Anzeichen dafür, dass die Implantate verstärkt "ausschwitzen", also Silikon durch die Hülle hindurch in den Körper abgegeben.

Wegen der Rissbildung waren Vertrieb und Verwendung von PIP-Brustimplantaten bereits im April 2010 europaweit untersagt worden. Zwischenzeitlich war darüber hinaus bekannt geworden, dass die Firma illegal minderwertiges Industriesilikon verwendete. Es ist flüssiger und kann durch feine Risse in der Hülle leichter in das umliegende Gewebe eindringen. Wie sich dieses Silikon auswirkt, ist noch nicht geklärt. Die deutschen Ärzte sprechen von einer "potenziellen, bis heute kaum bekannten Toxizität".

Zurzeit untersucht das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Risiken, die von den Implantaten ausgehen. "Wir haben die Risiken im Blick", sagt Sprecher Maik Pommer. Noch könne das Institut die Gefahrenlage aber nicht abschließend beurteilen.

Ungeklärte Kostenfrage

Die Ärzte warnten in ihrem Appell davor, dass die Kostenfrage beim weiteren Vorgehen nicht entscheidend sein dürfte. "Schließlich sind die Kassen in jedem Fall in der Pflicht, wenn es eine medizinische Indikation gibt", hieß es in der Erklärung. Allerdings müssten sich jene Patientinnen "angemessen beteiligen", die die Implantate im Rahmen einer Schönheitsoperation einsetzen ließen. Sofern kein gravierendes Problem mit den Implantaten bestehe, sollten Frauen zunächst die Klärung der Kostenfrage abwarten, raten die Mediziner.

In Deutschland waren bis Ende vergangenen Jahres insgesamt 19 Fälle von gerissenen PIP-Brustimplantaten gemeldet worden, die Gesamtzahl der Patientinnen mit den minderwertigen Implantaten ist nicht bekannt. In Frankreich registrierten die Behörden mehr als 1000 gerissene PIP-Brustimplantate. Zugleich hatten sie die insgesamt 20 Krebsfälle bei Frauen mit PIP-Implantaten gemeldet. Ein Zusammenhang zwischen den Tumorerkrankungen und den Implantaten ist allerdings nicht sicher.

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