Elisabeth von Thurn und Taxis:"Das Schloss war mir lange peinlich"

Elisabeth von Thurn und Taxis: Elisabeth von Thurn und Taxis ist mittlerweile in London zuhause. Ab und zu schaut sie aber noch auf Schloss St.Emmeram in Regensburg vorbei.

Elisabeth von Thurn und Taxis ist mittlerweile in London zuhause. Ab und zu schaut sie aber noch auf Schloss St.Emmeram in Regensburg vorbei.

(Foto: Getty Images)

Elisabeth von Thurn und Taxis über adlige Ehemänner, gute Manieren und wieso sie nur ungern den milliardenschweren Familienbesitz erben würde.

Von Christoph Dorner und Laura Terberl

Das "Chiltern Firehouse" in London vereint Glamour und Geschichte - so wie die Gesprächspartnerin. Elisabeth von Thurn und Taxis, 34, lässt sich in der Lobby des Luxushotels in ein Sofa fallen. Sie hat gerade eine neue Sporthose gekauft, anderntags fliegt sie nach Kenia. Die Prinzessin führt ein Leben im Sauseschritt.

SZ: Frau von Thurn und Taxis, Sie laufen bald einen Halbmarathon. Sind Sie denn auch fit?

Elisabeth von Thurn und Taxis: Ich habe für die Vogue eine Kolumne darüber geschrieben, wie es sein muss, als Athletin an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Dafür habe ich ein sechswöchiges Trainingsprogramm absolviert. Danach dachte ich: Jetzt kann ich auch weiterlaufen.

Sie haben im Hyde Park in London trainiert, mitunter zwischen zwei Fashion-Shows.

Während der Fashion Week stand in meinem Programm eine Einheit über acht Kilometer. Also habe ich das voll durchgezogen und die High Heels kurz gegen Laufschuhe getauscht. Ich wollte gut vorbereitet sein. Es ist nicht irgendein Halbmarathon, den ich laufe. Er ist in den Bergen von Kenia, in solchen Höhen habe ich nicht trainiert.

Sie laufen durch ein Wildtierreservat. Bewaffnete Wärter passen auf, dass den Läufern nichts passiert. Sie hätten auch einfach beim Regensburg-Marathon starten können.

Ich finde die Idee, einfach nur stupide geradeaus zu laufen, Quatsch. Aber vor dieser Kulisse fand ich das spannend. Außerdem habe ich über den Lauf Spendengelder für ein Entwicklungsprojekt vor Ort gesammelt. Ich liebe Afrika und fühle mich mit Kenia sehr verbunden. Meine Mutter hat dort ein Haus, und wir sind häufig zu Besuch.

Alles nur geerbt

Erben ist schön. Erben ist ungerecht. Erben verpflichtet. Erben befreit. Nichts verändert Deutschland in den kommenden Jahren so stark wie die Milliarden, die von einer Generation an die nächste gehen. Was das Erben mit uns macht - ein Themenschwerpunkt der Volontäre der Süddeutschen Zeitung.

Ihre Karriere begann für eine Prinzessin ziemlich bescheiden. Für ein englisches Magazin schrieben sie die Kolumnen für Stars, die dafür keine Zeit hatten. Oder keine Lust.

Mein allererstes Praktikum war der Horror. Ich habe eigentlich nur in einem Schrank gesessen und Koffer für Modeshootings ein- und ausgepackt. Auch bei meinem späteren Job für das Magazin war es anfangs komisch, am Wochenende auf Riesenpartys zu gehen und dann Montagmorgen wieder im Büro sitzen zu müssen. Dort wurde ich den ganzen Tag von meinem Chef angebrüllt, zwischendurch habe ich mir schnell einen Salat geholt.

Als Prinzessin von Thurn und Taxis hätten Sie sich das ja nicht unbedingt antun müssen.

Ich habe das so gewollt. Ich wollte arbeiten, selbst Karriere machen. Die Arbeit war für mich ein Schritt in die Anonymität. Dadurch habe ich mich freier gefühlt. Außerdem habe ich gemerkt, dass es mir Spaß macht, Geschichten zu erzählen. So konnte ich meine Erlebnisse mit anderen teilen.

Und das wäre von Regensburg aus nicht gegangen?

In Regensburg galt man schon als anders, wenn man nicht Bairisch gesprochen hat oder sich nicht so gekleidet hat wie alle anderen. Da sind wir natürlich wahnsinnig angeeckt. Meine Familie hatte nun mal kein kleines Haus mit Garten.

Sondern ein Schloss mit mehr als 500 Zimmern . . .

Das Schloss war mir lange peinlich. Ich bin in London aufs Internat gegangen. Wenn mich Freunde zu Hause besuchen wollten, dachte ich: Oh Gott, wenn die Regensburg sehen! Und dann auch noch das Schloss. Ich habe sie dann lieber zu einer Führung geschickt, anstatt ihnen selbst das Schloss zu zeigen.

"In meiner Jugend habe ich unter meinem Namen sehr gelitten"

In einem Ihrer Bücher schreiben Sie, dass Sie lange unter einer chronischen Störung litten, dem Prinzessinnen-Komplex.

In meiner Jugend habe ich unter meinem Namen sehr gelitten. Wann immer mich Leute mit Thurn und Taxis angesprochen haben, hat sich bei mir innerlich alles zusammengezogen. Niemand sollte wissen, dass ich eine Prinzessin bin. Gleichzeitig wusste ich natürlich, dass ich durch meine Familie Privilegien hatte, bei denen ich nicht so tun wollte, als gäbe es sie nicht. Ich habe versucht, meine Herkunft für mich zu nutzen, ohne mich von ihr dominieren zu lassen.

Dabei hat es doch bestimmt Vorteile, wenn man sich gelegentlich als Prinzessin vorstellt?

Ich hatte Klassenkameraden, die ihren Titel benutzt haben, um in Nachtclubs zu kommen. So etwas würde ich nie machen. Wenn ich im Ausland gefragt werde, sage ich, Prinzessin sei mein Vorname. Nur am Flughafen in New York habe ich mich einmal geoutet. Dann war das mit dem Zoll plötzlich viel einfacher.

Neulich haben Sie ein Video bei Instagram gepostet, wie Kate Moss und Chrissie Hynde von den "Pretenders" in einem Club in London "Stand by Your Man" im Duett singen. Wie sind Sie da auf die Gästeliste gekommen?

Das war eine Charity-Party der Modedesignerin Bella Freud, ein Freund hat mich mitgenommen. Viele Events, zu denen ich eingeladen werde, können auch für meine Arbeit für die Vogue interessant sein. Deshalb ist mein Terminkalender auch so voll. Ich habe aber mittlerweile gelernt, auch mal Nein zu sagen. Fashion-Shows können wahnsinnig anstrengend sein. Vor allem wegen der unbequemen Schuhe.

Ihre Mutter, Fürstin Gloria, war in den Achtzigerjahren die deutsche Punk-Prinzessin. Ein Reporter schrieb einmal, sie drehe sich auf Partys durch das Gewühl wie ein Kreisel in einem verwüsteten Kinderzimmer. Sind Sie auch so?

Wir scheuen uns beide nicht davor, im Mittelpunkt zu stehen. Aber ich bin nicht so exhibitionistisch veranlagt wie meine Mutter. Sie hat mich und meine Geschwister gleichzeitig immer vor einem Leben in der Öffentlichkeit gewarnt. Von Anfragen für Fotoshootings war sie auch nicht so begeistert. Man soll das nur machen, wenn man etwas zu verkaufen hat oder wenn man etwas zu sagen hat. Ich habe die Schattenseiten ja auch mitbekommen.

Welche Schattenseiten meinen Sie?

Dass viele Menschen schlecht über meine Mutter reden, nur weil sie sich manchmal verplappert. Sie ist Gott sei Dank abgehärtet, sie lässt Kritik nicht so an sich heran. Ich bin da sehr viel sensibler.

Gute Umgangsformen waren Ihrer Mutter immer wichtig. Sie hat sogar ein Buch darüber geschrieben.

Auf Tischmanieren hat sie viel Wert gelegt. Keine Ellenbogen auf den Tisch, nicht mit dem Messer das Essen schieben, nicht mit vollem Mund sprechen. Heute lache ich darüber, denn ich lerne viele kultivierte Menschen kennen, die schreckliche Tischmanieren haben. Dann muss ich immer an meine Mutter denken. Sie hatte immer etwas auszusetzen. Dankbar bin ich ihr trotzdem. Denn ich bin damit aufgewachsen, bei uns ins Esszimmer zu kommen, mich hinzusetzen und Konversation machen zu müssen - wer auch immer zu Besuch war, Erbprinz oder Künstler. Davon habe ich später profitiert.

Es gibt einen Bildband über das Haus Thurn und Taxis aus dem vergangenen Jahr. Auf einem Foto auf Schloss St. Emmeram tragen Sie ein glamouröses Kleid Ihrer Mutter, dazu ein Diadem. Sie sehen darauf aus, wie sich Kinder eine Prinzessin vorstellen.

Ich wollte das erst überhaupt nicht machen, weil ich die Herangehensweise, Sissi-artige Fotos zu machen, total altbacken fand. Aber da ließen der Fotograf Todd Eberle und meine Mutter nicht mit sich reden. Das Buch sollte dokumentieren: Das ist unsere Geschichte. Das sind wir.

Sie dachten: Ich bin das aber nicht?

Ich habe mir dann einen Spaß aus dem Fotoshooting gemacht und Kleider aus den Schränken gezogen, die mir meine Mutter sonst nie ausleihen würde. Das Diadem, ein Familienerbstück, das sonst im Safe liegt, hatte ich noch nie getragen. Mein Foto sollte so richtig übertrieben nach Bling-Bling aussehen, fast wie in einem Hip-Hop-Video. Oder wie bei David LaChapelle. Sonst bin ich natürlich nicht so wie auf dem Foto.

"So ein Erbe ist nicht nur ein Geschenk"

Haben Sie nie ein Diadem getragen?

Meine Schwester und ich durften uns selten Kleider von meiner Mutter leihen. Bei Schmuck war sie besonders streng. Sie fand, dass es sich für ein junges Mädchen nicht gehört, mit teurem Schmuck herumzulaufen. Für sie wäre das neureiches Benehmen gewesen, das falsche Signale sendet. Auch heute kann ich nicht einfach drei Taschen aus ihrem Kleiderschrank ziehen und damit nach Ibiza fahren.

Sind Ihnen denn schon Erbstücke vermacht worden?

Von meiner Großtante habe ich eine Goldkette mit einer Madonna bekommen, die ich viel getragen habe. Von meiner Mutter trage ich einen Ring von Dior. Aber so richtige Erbstücke habe ich eigentlich nicht, weil der Schmuck sowieso dem Haus Thurn und Taxis gehört und damit meinem Bruder und seinen späteren Erben. Das gilt für den gesamten Familienbesitz.

Waren Sie da nie neidisch auf Ihren Bruder Albert?

Freundinnen haben mich schon immer wieder gefragt, ob das nicht schlimm sei, dass mein Bruder alles bekommt. Und wir Töchter nichts. Aber das war nie ein Problem für mich. Unsere Mutter hat uns auch dementsprechend erzogen.

Wie meinen Sie das?

Sie hat meinen Bruder anders behandelt als mich und meine Schwester. Bei uns war der Lebensweg ja weniger vorbestimmt. Sie hat versucht, uns darauf vorzubereiten und uns sehr dazu erzogen, eigenständig zu sein. Ich hatte auch das Gefühl, dass sie mit uns sehr viel strenger ist, aber das kann auch daran liegen, dass er der Jüngste war. Das muss nichts mit der Erbfolge zu tun gehabt haben.

Den Familienbesitz zu verwalten, wäre keine Aufgabe für Sie gewesen?

Nein. So ein Erbe ist nicht nur ein Geschenk, es bringt auch viel Verantwortung mit sich und kann enorm belasten. Ich wollte immer weg aus Regensburg und mein eigenes Ding machen. Und ich wüsste auch nicht, was ich mit einem Schloss anfangen sollte. Da würde ich schon lieber einen kleinen Bungalow in Los Angeles erben wollen.

Sprechen Sie in der Familie manchmal über unternehmerische Entscheidungen?

Das macht alles meine Mutter. Aber ich bin natürlich Teil dieser Familie und repräsentiere sie auch nach außen. In New York kennt man mich eher als die Geschichte des Hauses Thurn und Taxis.

Wäre es nach ihrer Mutter gegangen, hätten Sie längst einen Adelsspross heiraten müssen.

Sie hat diese zwei extremen Seiten. Sie ist sehr katholisch und gleichzeitig total durchgedreht. Schon als ich 15 war, fing sie mit dem Thema Heirat an. Später hat sie einmal adelige Junggesellen aus ganz Europa angekarrt, um meine ältere Schwester Maria Theresia und mich zu verkuppeln. Wir haben am Abend lieber zu Technomusik getanzt und unsere Gäste ignoriert. Als sie alle ins Bett gegangen waren, sind wir mit einem Eimer mit kaltem Wasser durch das Schloss geschlichen und haben die schlafenden Prinzen und Grafen nass gespritzt.

Hat Ihre Mutter danach aufgegeben?

Ich glaube, ihr sind über die Jahre einfach die Kandidaten ausgegangen. Seit ich Mitte 20 bin, hat sie keinen weiteren Versuch mehr gestartet, auch weil sie gemerkt hat, dass mir mein Beruf wichtig ist und ich mich selbst verwirklichen möchte. Das respektiert sie. Ich glaube, das ist auch ein Thema unserer Zeit. Unabhängig zu sein, eine eigene Karriere zu wollen. Und dadurch wird es viel schwerer, sich auf einen Partner einlassen zu können. Ich glaube, das ist nicht nur für eine Prinzessin schwierig.

Die Prinzessinnen Antonia und Margarete von Thurn und Taxis haben nach dem Zweiten Weltkrieg auch normale Berufe gelernt und nie geheiratet. Weil ihnen kein Mann so recht gefallen wollte.

Für meine Schwester und mich ist das ja normal, dass wir heiraten können, wen wir wollen. Aber in der Jugend von Antonia und Margarete war das wirklich eine sehr moderne Haltung. Und das ist cool.

Aber lange sollte es ja unbedingt ein adeliger Ehemann sein.

Meine Mutter weiß, dass eine Ehe nicht immer einfach ist. Es wird leichter, wenn man möglichst viele Dinge teilt. Und dazu zählt nun einmal auch die Herkunft. Ich sehe das zwar auch so, aber für mich ist ein adeliger Name dabei nicht so wichtig. Es gibt schließlich sehr vornehme Leute, die aus ihrem Vier-Seelen-Dorf nie herausgekommen sind. Die würden auch nicht zu mir passen.

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