Die Unverwechselbaren: David Beckham:Das ist die Krönung

Obwohl England gar nicht mitgespielt hat, ist Beckham bei der EM überall zu spüren: Die Spieler zupfen, rasieren, gelen, als gebe es B-Noten. Beckham und das Haarband haben also ganze Arbeit geleistet.

Peter Stein

Europas Fußballfans atmeten auf, als England die Qualifikation für die Europameisterschaft verpasste. Keine Engländer, kein David Beckham, und damit ein Turnier ohne die Stilikone des Fußballs. Es bestand also die berechtigte Hoffnung, dass es endlich wieder mehr um Sport als um Mode gehen würde.

David Beckham

Fußballer mit Haarbändiger: Inzwischen kommt Beckham ohne Haarreif aus.

(Foto: Foto: Getty)

Falsch. Die "Beckhamisierung" ist schon zu weit fortgeschritten. In den Kabinen von Basel und Wien, Klagenfurt und Genf wird vor den Spielen gezupft, rasiert und gegelt, als gäbe es auf dem Platz eine B-Note für das Äußere. Manchmal hat man den Eindruck, dass diese Art der Vorbereitung mehr Zeit in Anspruch nimmt, als Warmlaufen und Dehnen zusammen. Und das alles ist diesem Insulaner zu verdanken. Denn Beckham war der Erste. Er erkannte, dass ein aufsehenerregendes Äußeres nicht nur den Marktwert steigert, sondern auch beim Verdecken mancher Schwächen auf dem Platz helfen kann.

Also wechselte er den Haarschnitt wie manch anderer die Socken. Nachahmer fanden sich schnell in den Kinderzimmern, von wo aus die Gesellschaft mit Beckham-Frisuren durchsetzt wurde. In der Wirtschaft nennt man so etwas eine "Erfolgskette", und Beckham ist ihr erstes Glied. Trug er einen Irokesenschnitt, wurde der schmuddelige Straßenlook salonfähig. Hatte er Rastazöpfchen, flochten sich nicht nur Hippi-Jungs die Haare.

Es ist unmöglich, sich an alle Frisuren von Beckham zu erinnern. Doch auf eine muss näher eingegangen werden, weil sie das Denken veränderte. Es war zu der Zeit, als Beckham seine Bananenflanken noch bei Manchester United quer über den Platz schlug. Er trug die Haare schulterlang - schick, aber ungeschickt zum Fußballspielen. Also schob er sich ein Haarband in die blonden Strähnen. Das Problem war gelöst.

Bis dahin hatte der klassische harte Haarreif ein Schattendasein gefristet. Nur Schulmädchen und Spießerinnen ließen das Ding in ihr Haar. Aber auf Beckham reagierte die Glitzerwelt: Paris Hilton und Verona Poth hatten keine Scheu, sich mit dem Haarreif öffentlich zu zeigen.

Die Herren hingegen zögerten. Noch. Sie sahen die Männlichkeit in Gefahr, denn die Gesellschaft diskutierte - auch wegen Beckham - schon über die Super-Susis: Wie viel Weiblichkeit tut einem richtigen Mann gut? Das Wort "Metrosexualität" ging in den allgemeinen Sprachgebrauch über, also trauten sich Männer an das Mädchenzeug heran.

Snookerkönig Ronny O'Sullivan zeigte sich als einer der ersten bekannten Nachahmer.

Bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland - Beckham hatte sich die Haare längst wieder auf ein paar Zentimeter gekürzt - war das Haarband überall zu bewundern - auf dem Kopf der Paraguayos (Nelson Valdez) ebenso wie auf dem der Italiener (Gianluigi Buffon). Am Ende des Sommers rief die Schweizer Gratis-Zeitung 20 Minuten den Haarbändiger zum "Accessoire des Jahres - auch für Männer" aus. Immerhin.

Nur in Deutschland setzte sich die Mode nicht so richtig durch. Der Fußball-Profi Christian Schulz ist bis heute ein eiserner, wenn auch ziemlich einsamer Vertreter dieser Moderichtung. Noch im Februar diskutierten die Leserinnen der Brigitte im Internet, ob ein Haarreif beim Sport nicht "zu albern" aussehe. Eine Abstimmung wurde durchgeführt und das Ergebnis war eindeutig: Nein. Die Mutter aller Frauenmagazine hatte entschieden.

Doch zu spät. Haare bändigen Italiener, Tschechen und Schweden jetzt mit dem elastischen Gummiband. Das lehren uns Mauro Camoranesi, Tomas Ujfalusi und Zlatan Ibrahimovic bei der Fußball-Europameisterschaft. Und so eines, wie könnte es anders sein, hat David Beckham auch mal getragen - vor ein paar Jahren schon, versteht sich. Also doch kein Fußball ohne Beckham.

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