Die Modemesse kehrt nach Berlin zurück:Fast alles in Butter

Berlin feiert die Rückkehr der Streetwear-Messe Bread and Butter. Dort zeigen die Modefirmen ihre Kollektionen - sogar Justin Timberlake durfte mitmachen.

Ann-Kathrin Eckardt

Klaus Wowereit trägt Jeans, wie es sich für den Anlass gehört. "Hello everybody" ruft der Regierende Bürgermeister gut gelaunt und winkt in die Menge. "Wir sind sehr glücklich und stolz: 'Bread and Butter' is back!"

Die Modemesse kehrt nach Berlin zurück: Streng geheim: Direkt an den Ständen der Berliner Modemesse ist das Fotografieren streng verboten - was da genau an den Kleiderstangen hängt ist schließlich die Mode von Morgen.

Streng geheim: Direkt an den Ständen der Berliner Modemesse ist das Fotografieren streng verboten - was da genau an den Kleiderstangen hängt ist schließlich die Mode von Morgen.

(Foto: Foto: dpa)

Er tastet kurz nach der Öffnung im roten Vorhang und - tata! Da ist er! Der Mann, den die Hauptstadt gerade feiert wie einen verlorenen Sohn, auch wenn sie sich von ihm nicht immer gut behandelt fühlte: Karl-Heinz Müller. Braune Stoppelhaare, Stoppel-Vollbart, Cargohose, schelmisches Grinsen. Über seinen Bauch spannt sich ein braunes Polohemd.

Auf der Straße, würde man ihn wohl für den Wirt einer Eckkneipe halten. Doch in der Berliner Columbiahalle, in der an diesem Dienstagabend nur geladene Gäste auf das Eröffnungskonzert von Mando Diao warten, wissen alle: Karl-Heinz Müller ist der Streetwear-Platzhirsch der Hauptstadt, Vater der "Bread and Butter", inzwischen eine der größten Textilmessen der Welt.

Nach drei Jahren im spanischen Exil ist der 52-jährige Unternehmer mit seiner Jeans- und Streetwear-Messe in die deutsche Hauptstadt zurückgekehrt.Im stillgelegten Flughafen Tempelhof zeigen 550 Aussteller dem Fachpublikum noch bis Freitag die Alltagsmode von Morgen. Im Zentrum des Geschehens, auf dem überdachten Flugfeld, hat Müller die mit Abstand größte Abteilung, die "Denim Base" untergebracht.

Marken wie Levi's, Converse, Bench, Replay, G-Star oder Miss Sixty zeigen hier, welche Jeans wir im nächsten Sommer tragen. "Bootcut, gebleicht, Vintage Look" ist man sich am Replay-Stand sicher. Nebenan versucht Miss Sixty, die Jeans im Reiterhosen-Cut salonfähig zu machen. Auch das Comeback der achtziger Jahre ist nicht zu stoppen: Moonwash-Jeans, Batik-Shirts und bauchfreie Tops soweit das Auge reicht.

Im Hangar nebenan ist die "Style Society" zu Hause. Damit diese sich hier auch so richtig wohl fühlt, hat Christian Audigier, Designer des Labels Ed Hardy, einen schwarzen Lamborghini zwischen seinen Rock-T-Shirts platziert. Auch der Stand nebenan scheut keine Kosten und Mühen: Popsänger Justin Timberlake reiste am Mittwochnachmittag an, um für seine Jeanslinie William Rast zu werben. Im neuen Bereich "L.O.C.K." (Labels of Common Kin) ist man indes eher um "stille Exklusivität" bemüht. Authentizität und Handwerklichkeit stehen im Vordergrund. Das italienische Label Laboratorio hat deshalb gleich eine ganze Jeansfabrik mit auf die Messe gebracht.

Karl-Heinz Müller dürfte bei dem Anblick das Herz aufgehen. 17 Jahre lang hat er nach der Lehre zum Einzelhandelskaufmann in der Jeans-Industrie gearbeitet, etwa bei Levi's und Pepe Jeans. Die "Bread and Butter", die mit ihrem Namen das Ursprüngliche ihrer Mode unterstreichen will, gründete Müller 2001 in Köln. Drei Veranstaltungen später zog er nach Berlin, wo er 2006 den Verdienstorden erhielt. Drei Wochen später verkündete Müller den Umzug nach Barcelona - angeblich aus Mangel an geeigneten Räumen.

Die hat er nun im drittgrößten Gebäude der Welt mitten im Herzen Berlins gefunden. Für Burkhard Kieker, Chef der Berlin-Tourismus-Marketing, ist die Rückkehr der Messe nicht weniger als "ein Geschenk des Himmels". Er rechnet mit 80.000 Besuchern, die im Schnitt 250 Euro am Tag ausgeben. Macht insgesamt 60 Millionen Euro - ein echtes Konjunkturpaket für die notorisch klamme Stadt.

Doch nicht alle Berliner sind über Müllers Heimkehr so erfreut. Mit Plakaten wie "Wowereilusconi - Tempelhof und andere Lügen", oder "Vermietung für 0 Euro?" protestierten Demonstranten vor der Eröffnung. Schon im Vorfeld hatte der Einzug der Messe in Tempelhof zu heftigen Debatten geführt. Im November 2008 hatte Müller die Verhandlungen mit Berlin aufgenommen. "Von da an ging alles sehr schnell", sagt Müller.

Zu schnell - befand nicht nur die Berliner Opposition. Denn Klaus Wowereit hatte die Verhandlungen mehr oder weniger im Alleingang geführt, und so nicht nur seine Stadtentwicklungssenatorin düpiert, die gerade einen Ideenwettbewerb für die Zukunft des historischen Areals ausgerufen hatte.

Das war erst der Anfang einer langen Fehde. Ein weiterer Streitpunkt war der geschätzte fünf Millionen Euro teure Ausbau des alten Flughafens für die Modemesse. Oder die Höhe der Miete. Wowereit und Müller hüllen sich bis heute in Schweigen. Angeblich sind es 1,6 Millionen Euro im Jahr. Was gleich zur nächsten Diskussion führte: Weil die Messe den Flughafen zehn Jahre lang für je zwei Monate mietet, ist eine langfristige Lösung für das Gebäude erstmal ausgeschlossen.

Zuletzt war da noch der Streit um den frühen Termin. Während Müller seine Mode Anfang Juli präsentieren wollte, hätten viele Designer der Berliner Fashion Week den gemeinsamen Termin lieber näher an die internationalen Schauen nach der Sommerpause gerückt.

Doch Müller blieb hart. Die anderen gaben schließlich nach. Dafür verspricht Jeans-König: "In zehn Jahren wird Berlin die wichtigste europäische Modestadt sein." Natürlich meint Müller nur den Bereich Alltagsmode. Ein etwas umständlicher Rekord also, auf den Berlin nun ein Jahrzehnt hoffen darf.

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