Der perfekte Weihnachtsbraten:Gaanz laangsaam ...

Zart garen bei gerade mal 80 Grad - und das stundenlang. Die Niedrigtemperatur-Methode eignet sich besonders gut für die Festtagsküche.

Franz Kotteder

Zu den großen Gefahren, die dem Weihnachtsfrieden drohen, gehören neben dem Aufstellen und Schmücken des Tannenbaums die Zubereitung des Weihnachtsbratens. Das liegt vor allem daran, dass man irgendwann ordentlich in Hektik gerät. Man hat sich zuviel vorgenommen, kommt mit dem Schnipseln für Beilagen und Salat nicht zurande, der Braten ist nicht rechtzeitig im Ofen, und schließlich quengeln auch noch die Kinder... Fehlt nur noch der Lebenspartner mit einer blöden Anspielung auf die Sinnhaftigkeit vernünftiger Zeiteinteilung, und schon ist der Weihnachtsabend gelaufen.

Der perfekte Weihnachtsbraten: Nach der Niedrigtemperatur- Methode zubereitet, wird der Braten garantiert rosig und saftig.

Nach der Niedrigtemperatur- Methode zubereitet, wird der Braten garantiert rosig und saftig.

(Foto: Foto: Südwest Verlag / Jules Moser)

Nicht nur deswegen haben in jüngster Zeit die Anhänger der Niedrigtemperatur-Küche schwer an Boden gewonnen. Bei dieser Garmethode ist man nämlich automatisch dazu gezwungen, früh anzufangen und kommt schon deshalb kaum ins Hudeln. Vereinfacht ausgedrückt, beruht das Niedrigtemperatur- Garen auf der Kunst, diverse Braten und Fisch im Ofen bei nicht mehr als 80 Grad solange sanft ziehen zu lassen, bis sie gebraten sind. Das kann Stunden dauern, und deshalb bleibt, sobald der Braten im Rohr ist, genügend Zeit für andere Küchentätigkeiten.

Die wertvollen Inhaltsstoffe erhalten

Die Zubereitung ist denkbar einfach; für alle Fleisch- und Fischarten gibt es entsprechende Zeittabellen, und im Grunde braucht man neben einem Backrohr nur noch ein Bratthermometer. Ein Kochbuch, das sich speziell und ausschließlich mit dieser Methode befasst, hat Kochlust schon in der Ausgabe 2/2008 vorgestellt (Monika Schuster: "Niedrigtemperatur - Fleisch & Fisch sanft garen", Gräfe und Unzer, 144 Seiten, 16,90 Euro). Nun aber ist ein neues Buch erschienen, das sich ebenfalls mit dem Niedrigtemperatur-Garen beschäftigt, aber einen ganz anderen, neuen Ansatz hat.

"Zart garen - Die neue Niedrigtemperatur- Methode" heißt es, und geschrieben hat es Werner Wirth. Der Mann ist Metzgermeister in der Nähe von Bern in der Schweiz, also ein Mann vom Fach, wenn es um Fleisch geht. Obendrein aber lässt ihn seit vielen Jahren die Frage nicht mehr los, wie man Fleisch ganz besonders schonend und saftig zubereitet, ohne die wertvollen Inhaltsstoffe zu zerstören - denn die lange Lagerzeit in Kühlhäusern, die oft zwingend vorgeschrieben ist, verhindert in der Regel die natürlich Reifung des Fleisches, die einen Braten erst zur Delikatesse machen.

Gaanz laangsaam …

Schon bei den ersten Versuchen verblüffend

Der perfekte Weihnachtsbraten: Werner Wirth: "Zart garen - Die neue Niedrigtemperatur- Methode", Südwest-Verlag München, 128 Seiten, 14,95 Euro.

Werner Wirth: "Zart garen - Die neue Niedrigtemperatur- Methode", Südwest-Verlag München, 128 Seiten, 14,95 Euro.

(Foto: Foto: Südwest Verlag / Jules Moser)

Wirth geht bei seiner Methode der Niedrigtemperatur- Küche deshalb einen etwas anderen Weg als die meisten Vertreter dieser Gar-Methode. Statt das Fleisch erst auf dem Herd anzubraten und dann in den Ofen zu stecken, kommt es bei ihm gleich ins Rohr. Zuvor allerdings lässt er es reifen - bei einer Temperatur zwischen 15 und 22 Grad und gehüllt in einen Mantel aus säurehaltiger Marinade, in diesem Fall einer speziellen Gewürzpaste, die verhindert, dass das Fleisch schlecht wird.

Vergleichen lässt sich das ansatzweise mit dem Einlegen von Sauerbraten in eine Essig-Marinade. Die Hülle verhindert, dass das Fleisch während der Reife austrocknet und sich Bakterien auf der Fleischoberfläche vermehren.

Natürlich gibt es noch eine Reihe weiterer Bedingungen für einen wirklich saftigen Braten, angefangen beim Einkauf. Wirth gibt in seinem Buch darüber ausführlich Auskunft und hat eine Menge guter Tipps parat, ohne allerdings ausufernd zu werden. Anhand von 52 Rezepten wird seine Methode dann noch einmal ausführlich erläutert, und man kann nur empfehlen, sich nicht mit der Lektüre zu begnügen, sondern die einzelnen Gerichte auch nachzukochen.

Das Ergebnis ist oft schon bei den ersten Versuchen verblüffend, obwohl Werner Wirth ehrlicherweise betont, dass es ein bisschen dauern kann, bis man die beste Bratdauer für den eigenen Herd herausgefunden hat. Braten, aber auch Fisch, geraten erstaunlich zart. Die letzten Skeptiker der Methode dürfte das Rezept auf Seite 106 überzeugen: Wenn ein bayerischer Schweinsbraten nach dem Rezept eines Schweizer Kochs dermaßen gut gelingt, dann muss schon was dran sein!

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