Dem Geheimnis auf der Spur:Im Namen der Rose

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Entwurf der Kostüme für einen der ersten Rosenmontagsumzüge in Köln im Jahr 1824.

(Foto: Toni Schneiders/Artcolor)

Der Rosenmontag ist der traditionsreichste Tag im Karneval. Doch woher sein Name kommt, ist umstritten. Geht er zurück auf eine vom Papst gesegnete goldene Rose? Oder ist er doch etymologischen Ursprungs?

Von Cathrin schmiegel

Für Karnevalisten ist es der Höhepunkt des Jahres: Am Rosenmontag manövrieren im ganzen Rheinland kilometerlange Schlangen von Festwagen vorbei an den Menschenmassen, die Schlager aus den Lautsprechern vermischen sich mit dem Johlen der kostümierten Zuschauer zu einem gigantischen Getöse. Die Gardetänzerinnen werfen ihre Beine in die Luft und Tonnen von Konfetti und Bonbons auf die Häupter der Menschen. Die Zuschauer zelebrieren diesen Tag, wie es für die Bewohner des Rheinland typisch ist: mit einem Bier in der Hand, dem schönen Leben zugewandt, ausgelassen.

Die Feierlichkeiten aber nehmen sie sehr ernst. In seinen katholischen Hochburgen Köln, Düsseldorf und Münster hat der Rosenmontag eine lange Tradition. Dabei gibt es einiges an Konfliktpotenzial zwischen den Karnevalstädten. Sie zanken sich darum, wer den längsten Festzug hat, den schönsten und die meisten Zuschauer. Köln, die größte aller Städte, ist Spitzenreiter. 2015 fuhr ein fast acht Kilometer langer Zug mit 100 Wagen von der Severinstorburg über den Dom zur Mohrenstraße, beinahe eine Million Menschen sahen zu. Welche Stadt schließlich den schönsten Rosenmontag hat, bleibt eine Sache des Geschmacks. Dafür bleiben noch andere Fragen offen: Die nach dem Ursprung des Tages. Denn niemand ist sich sicher, woher eigentlich der Name Rosenmontag kommt und woher die Tradition. Darüber gibt es verschiedene Theorien.

Eine davon verweist auf das frühe Mittelalter und in die höchsten Ränge der katholischen Kirche. Es war wohl an einem dritten Sonntag vor Ostern, da ereignete sich in der Basilika Santa Croce in Gerusalemme - einer der sieben Pilgerkirchen Roms mit namensgebenden Kreuzreliquien - folgende Zeremonie zum ersten Mal: Der Papst nahm eine goldene Rose, segnete und verschenkte sie. Dieser Brauch ist seit 1049 nachweisbar. Damals war mit Leo IX. ein Deutscher Oberhaupt der katholischen Kirche.

Napoleon Bonaparte war es zu viel an buntem Treiben: Er verbot den Karneval

Vergeben wird die Rose seither jedes Jahr am vierten Fastensonntag, an einzelne Personen, Organisationen oder ganze Staaten und Städte, die sich um die katholische Kirche verdient machten. Das Besondere dabei: Die Rose wird aus Gold gegossen, häufig mit sechs Zweigen und sechs Blüten, und gefüllt mit Moschus und Balsam, was sie sehr gut duften lässt. Diese Darreichung ist symbolisch: Das Gold steht für die Auferstehung Jesu Christus, die Dornen für seine Passion. Um sie noch ein wenig prunkvoller zu gestalten, besetzen die Schmiede ihr Handwerk mit Diamanten. Florenz etwa bekam einmal ein Exemplar mit Saphiren überreicht. An einem dieser Rosensonntage im Jahr 1823 aber tagte im katholischen Köln ein "Festordnendes Komitee". Das hatte eine einzige Aufgabe, nachdem Napoleon Bonapartes gestorben und der Wiener Kongress schon ein paar Jahre vorüber war: die Renaissance des Karnevals. Bonaparte nämlich hatte ihn in vielen Orten verboten.

Dem französischen Herrscher waren die chaotischen Umzüge von Gesellenbanden zu viel. Im Gegensatz zur katholischen Kirche, die das entfesselte Treiben zeitweilig sogar gefördert hatte. Sie wollten den Menschen damit ein Ventil ermöglichen. Das Komitee aber ordnete die Feier, bündelte sie unter eine Hauptveranstaltung und nannte sich schlicht "Rosenmontagsgesellschaft" - wohl als Wink an den prominenten Termin. Denn einen Tag später zog der erste organisierte Karnevalsumzug durch Kölns Straßen. Die Menschen feierten damals vier volle Wochen, seither steht das Fest jedes Mal unter einem bestimmten Motto.

Der Brauch hält sich bis heute, später gab es ihn auch in anderen Städten. Und auch der Name blieb angeblich, der Rosenmontag und seine Gesellschaften existieren weiter. Doch ob diese Theorie über den Ursprung der Feierlichkeiten auch wirklich stimmt, darüber streiten sich Kulturwissenschaftler noch immer. Eine andere bekannte Erklärung geht nämlich zurück auf das "Deutsche Wörterbuch", initiiert von den Brüdern Grimm. Darin leitet sich der Begriff Rosenmontag von dem Verb "rasen" ab, heißt: "lustig sein", "toben" und auch "sich toll gebärden". In Köln aber bezweifelt man diese Theorie, dort heißt der Rosenmontag nämlich "Rusemondaach".

Bei den Festen zu Ehren des Gotts Saturn waren auch die Sklaven gleichgestellt

Es ist jedoch nicht nur schwer zu bestimmen, woher der Rosenmontag seinen Namen hat. Auch weiß niemand so richtig, wie die Feierlichkeiten am Rosenmontag eigentlich entstanden sind. Die Spuren führen sowohl in die römische und griechische Antike als auch zu keltisch-germanischen Sitten. Alle begehen spezielle Feste. Die Germanen ehrten damit den Frühling, die Römer den Gott Saturn und die Griechen ihren Dionysos.

Die "Saturnalien" ähnelten dem Karneval in ihrem Umfang. Einmal im Jahr brachten die Menschen Saturn ein Opfer vor seinem Tempel, dann feierten sie. In der ganzen Stadt aßen die Menschen, spielten Würfelspiele um Geld, überreichten sich Präsente und tranken becherweise Wein. Selbst die Sklaven waren an solchen Tagen gleichgestellt.

Aber auch die alten Griechen wussten, wie man sich amüsiert. Von überall her kamen zu Ehren von Dionysos die Dichter, interpretierten ihre Tragödien mit Chören. Bei der "Komödienagon" krönten Richter die beste von mehreren Komödien. Eine weitere Tradition war etwas, das sehr an den heutigen Rosenmontag erinnert: Die sogenannten "Dionysien" begannen mit einer feierlichen Prozession. Und das passt dann tatsächlich sehr gut ins Konzept: Immerhin war Dionysos der griechische Gott des Weins, der Ekstase und des Rauschs. Und davon gibt es auch am Rosenmontag zu Genüge.

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