Boomende Teekultur:Raus aus der Stube

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Noch trinken alle Kaffee - im Sitzen, Laufen, Stehen. Doch nun ist der Tee am Zug: Der erhält ein neues Image und sogar Einlass in die Sterneküche.

Lars Klaaßen

Mehr als eine Milliarde Tassen Tee werden weltweit täglich getrunken. Diese Menge wird nur noch von Wasser übertroffen. Tee-Hauptstadt des europäischen Kontinents ist Hamburg - hier werden nicht nur etwa 70 Prozent der deutschen Tee-Importe abgewickelt, sondern auch mehr als die Hälfte des europaweit gehandelten Tees. Doch die Deutschen sind eine schwierige Klientel. "Der hiesige Teetrinker konsumiert zwar nicht so viel Tee wie beispielsweise die Engländer oder die Chinesen, genießt aber weltweit den Ruf eines echten Kenners mit sehr hohem Anspruch", sagt Jochen Spethmann, Vorsitzender des Deutschen Teeverbandes.

Tee lässt sich überall trinken. Nicht nur in deutschen Sternerestaurants hält er Einzug, auch in der Wildnis ist er der ideale Begleiter - weiß Angler Putin. (Foto: Foto: dpa)

In zahlreichen Teegärten der Welt werden daher eigens Spitzenqualitäten für den deutschen Markt produziert. Der Pro-Kopf-Konsum lag hierzulande mit knapp 25 Litern aber auch im Jahr 2006 nicht über dem Niveau der Vorjahre. Damit der gute Geschmack weitere Verbreitung findet, wird bereits am Image des Getränks gefeilt: Raus aus der angestaubten Teestube!

Die kulinarische Upperclass hat dabei die Nase vorn: Warum soll's nicht mal ein Darjeeling oder Sencha statt Bordeaux oder Riesling sein? "Tee ist groß im Kommen", meint Sternekoch Wilfried Serr. In seinem Restaurant "Zum Alde Gott" in Baden-Baden empfiehlt er seinen Gästen, das Essen mit einer Tasse Tee zu begleiten. Karlheinz Hauser servierte auf dem "Süllberg" in Hamburg-Blankenese jüngst ein eigens kreiertes Sechs-Gänge-Menü, bei dem Tee als Zutat und auch als Begleitgetränk diente. Im Restaurant des Hotels "Louis C. Jacob" an der Elbchaussee wird jeder Gang des "Menu léger" durch einen eigens ausgewählten Tee begleitet. Die Auswahl des passenden "Begleiters" trifft die stellvertretende Chef-Sommelière Dagmar Willich in Abstimmung mit einem Tee-Experten. Die Weinkennerin ist sich sicher: "Tee ist mindestens so spannend wie Wein." Auch der Hamburger Koch Gerald Zogbaum arbeitet in seiner "Küchenwerkstatt" erfolgreich mit verschiedenen Tees, etwa als Geschmacksnote für ein Gericht, zu dem er dann auch Tee als Getränk reicht.

"Ein grüner Tee oder Darjeeling", so Wilfried Serr, "passt zu vielen Hauptgängen - nicht nur, weil er sehr bekömmlich ist. Tee ist neutraler als Wein. Der falsche Wein kann ein Gericht stören, ein leichter Tee passt dagegen immer". In asiatischen Ländern ist Tee zum Essen seit Jahrtausenden etabliert. Neben der großen Geschmacksvielfalt sprechen zwei weitere Argumente für das Heißgetränk: Tee hat einen guten Ruf als Fitness- und Wellness-Getränk und bietet sich als alkoholfreie Alternative für Autofahrer an.

Aber es muss ja nicht immer gleich ein Menü zum Tee sein. Alexandra und Florian Hoffmann haben in Frankfurt vorgemacht, dass Sencha, Darjeeling & Co. auch ein modernes Ambiente hervorragend steht. In ihrer Lounge "Teelirium" kann Tee genossen oder abgepackt mit nach Hause genommen werden. Man kann ihn aber unter www.teelirium.com auch im Online-Shop kaufen. Ebenfalls im Internet richtet sich der Deutsche Teeverband an die Jugend ab (www.tea-up-your-day.de).

Angesichts solcher Anstrengungen könnte sich der Teekonsum der Deutschen zukünftig möglicherweise erhöhen.

© Prime Time 13.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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