Bildstrecke:"Ich bin doch der Größte!"

Was haben Lothar Matthäus, das Heiraten und Wikipedia gemeinsam? Sie alle wurden gnadenlos überschätzt - um jetzt unterschätzt zu werden. Die Top Ten.

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Quelle: SZ

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Platz zehn: Eminem

Es gibt einen Witz, der mit Eminem zu tun hat. Er stammt aus dem Jahr 2002 und geht so: "Wir leben schon in einer verrückten Welt: Der beste Golfspieler ist schwarz, der beste Rapper ist weiß - und Deutschland weigert sich, an einem Krieg teilzunehmen."

Eminem wurde als der neue Elvis Presley hingestellt, der als Weißer in die Rap-Domäne eingreift. Nach zahlreichen peinlichen Aktionen blieb das Image der pöbelnden Skandalnudel an ihm haften. Dabei brachte er nachdenkliche Songs heraus und spielte die Hauptrolle im beeidruckenden Sozialdrama "8 Mile".

Einst überschätzt, weil: er auf seine Hautfarbe reduziert wurde.

Nun unterschätzt, weil: er viel mehr kann, als nur Skandale zu produzieren.

Zukunft: Das nächste Album wird entscheiden, ob er die ihm angemessene Beachtung findet.

Foto: rtr

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Quelle: SZ

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Platz neun: das Praktikantentum

Es war der Einstieg in die große Karriere: ein Praktikum während des Studiums bei einem renommierten Unternehmen. Drei Monate Vollgas (notfalls auch beim Kaffeekochen) und schon winkte die Festanstellung - zumindest war das die Illusion. Heute werden Praktikanten als Fließbandarbeiter missbraucht und als unterbezahlte Mitarbeiter gesehen.

Einst überschätzt, weil: nur selten aus einem Praktikum eine Festanstellung wurde.

Nun unterschätzt, weil: viele Studenten desillusioniert ins Praktikum gehen, obwohl man viel lernen könnte - und manchmal tatsächlich eingestellt wird.

Zukunft: Die Generation Praktikum ist vorbei.

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Quelle: SZ

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Platz acht: Paul Wolfowitz

Der Mann war mächtig: Er galt als einer der Architekten des Irak-Krieges und als enger Vertrauter von George W. Bush. Dann wurde er Chef der Weltbank und damit auf ökonomischem Parkett mit Macht ausgestattet.

Dann aber verlor er seinen Posten bei der Weltbank und wurde von seinen engsten Freunden verschmäht. Trauriger Höhepunkt war der Auftritt in der Türkei mit löchrigen Socken.

Einst überschätzt, weil: man dachte, der Mann wäre unangreifbar.

Nun unterschätzt, weil: er dennoch ein schlauer Kopf und Vordenker ist.

Zukunft: Wird ein Comeback feiern.

Foto: AP

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Quelle: SZ

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Platz sieben: Lukas Podolski

Er war der Inbegriff des "Sommermärchens": ein unbekümmerter Junge aus Köln spielt sich zuerst in die Stammelf seines Vereins, schießt dann Tore in der Nationalmannschaft und wechselt als Hoffnungsträger zum FC Bayern.

Es folgten eine schlechte Saison, schlechte Stimmung und schlechte Kritiken. Nun befreit sich Podolski selbst aus seiner Krise - mit guten Leistungen beim FC Bayern und in der Nationalelf.

Einst überschätzt, weil: er als 20-Jähriger noch nicht so gut sein konnte, wie er von Experten gemacht wurde.

Nun unterschätzt, weil: er viel besser Fußball spielen kann, als es ihm viele Experten zutrauen.

Zukunft: Wird sich etablieren und - falls verletzungs- und größenwahnfrei - Gerd Müllers Torrekord in der Nationalelf brechen.

Foto: dpa

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Platz sechs: Christina Aguilera

Zuerst kam Britney, dann Justin, dann Christina. Die drei "Mickey-Mouse-Club"-Kollegen wurden allesamt Musikstars - und doch wurde "X-tina" als die Diät-Pepsi der Popmusik wahrgenommen. Bezeichnenderweise machte sie dafür auch noch Werbung. Sie galt als die Popsängerin mit gewagten Klamotten und aufreizenden Videos.

Plötzlich stellte sich heraus: Die spielt nur. Sie kann besser singen als Britney, besser tanzen als Britney - und hat ihr Privatleben besser im Griff als Britney. Und seit "You are beautiful" und "The Voice Within" sollte ihre Stimme bekannter sein als ihr Aussehen. Viele reduzieren sie jedoch immer noch.

Einst überschätzt, weil: sie im Britney-Justin-Christina-Hype mitschwimmen sollte.

Nun unterschätzt, weil: ihr das Image der gutaussehenden Popsängerin immer noch anhaftet.

Zukunft: Sie etabliert sich immer mehr. Aus "X-tina" wurde eine reife Frau.

Foto: AFP

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Quelle: SZ

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Platz fünf: Lothar Matthäus

Rekordnationalspieler, Alles-Gewinner, Mann des Jahres: Während seiner aktiven Zeit hat "Lodda" alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. (Ja, Stefan Effenberg, schon gut - Lothar wurde nie Champions-League-Sieger. Das haben Sie ganz allein geschafft.) Er war in der Boulevardpresse ebenso vertreten wie in Sportmagazinen. Alles war Lothar.

Und nun? Kein Bundesligist will ihn als Trainer verpflichten, obwohl der Mann nachweislich Ahnung vom Fußball hat und - glaubt man Aussagen ehemaliger Kollegen - sehr gut mit Menschen umgehen kann.

Einst überschätzt, weil: Lothar Matthäus als der schönste Mann Deutschlands galt (Auszeichnung eines Magazins im Jahr 1994)? Also bitte...

Nun unterschätzt, weil: er einen Job in der Bundesliga verdient hätte - und nicht den des Greenkeepers.

Zukunft: Irgendwann wird er Trainer beim FC Bayern. Ganz sicher.

Foto: ddp

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Platz vier: der VW Golf

Es gibt sogar ein Buch über die "Generation Golf" - jene spießigen Uni-Absolventen, die einen Golf fahren und mittelmäßige Jobs annehmen und in mittelmäßige Wohnungen ziehen.

Einst überschätzt, weil: er, obwohl er quasi im Alleingang die Kompaktklasse erfand, doch ein ziemlich billig zusammengebautes Auto war.

Nun unterschätzt, weil: er als Biedermann gilt, obwohl er ansprechend aussieht und eines der ausgereiftesten Autos ist.

Zukunft: Es wird den Golf VII geben, den Golf VIII, den Golf IX ...

Foto: dpa

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Platz drei: WM im eigenen Land

Die Vorfreude war riesig, als verkündet wurde: "Wir haben die WM!" Und dann übertraf das Ereignis die Erwartungen sogar noch. Public Viewing, Public Dancing, Public Celebrating. Danach jedoch wurde jedes Ereignis zur "WM im eigenen Land" und damit zum Großereignis stilisiert: die Hockey-WM, die Handball-WM, die WM im Papierfliegerbasteln.

Der Hype war so groß, dass nun die nächste Fußball-WM beinahe untergeht - obwohl es ein tolles Ereignis sein wird.

Einst überschätzt, weil: plötzlich alles, was eine WM in Deutschland war, groß gefeiert werden musste.

Nun unterschätzt, weil: deshalb die WM der Frauen kaum Beachtung findet.

Zukunft: Man wird sehen, ob die Stadien bei der Frauen-Fußball-WM ausverkauft sein werden.

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Quelle: SZ

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Platz zwei: Heiraten

Es war der typische Nachkriegs-Lebenslauf: Schule, Ausbildung, Beruf, Haus bauen und heiraten. Wer nicht verheiratet war, galt als unvermittelbar und unverbesserlicher Junggeselle.

Und nun? Menschen sehen einen verwundert an, weil man "schon verheiratet" ist. Politikerinnen fordern eine zeitliche Begrenzung der Ehe.

Einst überschätzt, weil: es quasi zum guten Ton gehörte, sich zu verheiraten.

Nun unterschätzt, weil: sich kaum noch jemand binden möchte - und dabei kann eine Ehe soviel bieten.

Zukunft: Die Zahl der Eheschließungen sinkt weiter.

Foto: dpa

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Quelle: SZ

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Platz eins: Wikipedia

Welch ein Hype! Da gab es ein Lexikon, das ausschließlich von Usern befüllt wurde. Das war Web 2.0 in Reinform, welch eine Revolution.

Dann kam die Ernüchterung: Die meisten Einträge waren voller Fehler, manche Begriffe wurden gar nicht erwähnt. Dabei wird Wikipedia häufiger genutzt als der Brockhaus.

Einst überschätzt, weil: man glaubte, die Weisheit der Vielen setze sich durch.

Nun unterschätzt, weil: die Weisheit der Vielen doch ergiebiger ist als angenommen.

Zukunft: Wird sich behaupten und als wichtiges Nachschlagewerke existieren.

Foto: Screenshot

(sueddeutsche.de/jusc)

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