Berliner Restaurants:Nicht ganz sauber

Ratten in der Küche? Kein schöner Gedanke. In Berlin werden Restaurants mit Hygienemängeln auf einer offiziellen Internetseite der Stadt angeprangert.

Angelika Slavik

Das mit dem Internet kann eine richtig blöde Sache sein. Zum Beispiel, wenn man vom Personalchef gegoogelt wird und der dann lauter unangenehme Fotos aus der jüngsten Partynacht zu sehen kriegt.

berlin restaurant, ddp

Außen hui, innen pfui? Seit 2004 können auch Menschen mit wenig Sachkunde einen Gastronomiebetrieb eröffnen

(Foto: Foto: ddp)

Oder wenn man in der Hauptstadt ein Restaurant betreibt und es mit der Sauberkeit nicht ganz so genau nimmt. Denn im Berliner Bezirk Pankow werden Hygienemängel in Gaststätten und Imbissbuden künftig im Internet angeprangert, auf einer offiziellen Website der Stadt.

Wer neben Huhn und Fisch also auch Ratten in der Küche hat, landet auf der schwarzen Liste - mit Name, Adresse und einer Beschreibung des kulinarischen Grauens in Stichworten.

Damit wolle man die Verbraucher besser schützen, sagt der zuständige Bezirksstadtrat für Öffentliche Ordnung, Jens Kirchner. "Sichtbar zu machen, wie ein Betrieb geführt wird, gibt den Konsumenten eine bessere Grundlage für die Entscheidung, wo sie essen wollen und wo nicht", sagt Kirchner.

Kolibakterien im Vanilleeis

Dazu gehört auch, vorbildlich sauberen Betrieben einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen: Wer bei den amtlichen Kontrollen besonders gut abschneidet, erhält einen Aufkleber mit einem Smiley und der Aufschrift "Alles sauber. Also rein!", den die Gaststätten am Eingang oder über dem Tresen anbringen können.

"Damit sieht man auf den ersten Blick, dass man hier bedenkenlos konsumieren kann", sagt Kirchner. Dass das nicht überall der Fall ist, zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahre. Bei etwa einem Drittel aller Kontrollen durch das Lebensmittelaufsichtsamt gibt es Grund zur Beanstandung, deutlich mehr als noch vor ein paar Jahren.

Seit 2004 können auch Menschen mit wenig Sachkunde einen Gastronomiebetrieb eröffnen, der Anteil der Betriebe, die bei der Hygienekontrollle durchfallen, ist seither um gut die Hälfte gestiegen.

Die Kontrolleure berichten von Schaben und Mäusen, die in den Küchen über die Arbeitsflächen laufen, von völlig verdreckten Kochutensilien und von verdorbenen Lebensmitteln. "In vielen Fällen wird gefrorene Ware nicht ausreichend gekühlt und die Haltbarkeitsdaten sind abgelaufen", sagt Wolfram Blaffert vom Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt. Gammelfleisch im Döner und Kolibakterien im Vanilleeis, es gibt kaum etwas, das den Aufsehern noch nicht untergekommen ist.

Nicht zumutbar

Dennoch können solche Betriebe nur in Ausnahmefällen sofort geschlossen werden. Üblich ist, dass dem Gastronomen eine Frist eingeräumt wird, innerhalb der er die Mängel beseitigen kann. Bis dahin kann er weiterhin Gäste bewirten - die nicht ahnen, wie es in der Küche wirklich aussieht.

Anders ist das etwa in Dänemark, das sich die Berliner zum Vorbild genommen haben. Die dänischen Wirte müssen die Ergebnisse der jeweils jüngsten Hygienekontrolle mit einem Aushang für alle Gäste sichtbar machen. Besonders saubere Betriebe werden auch dort mit einem lachenden Smiley belohnt.

Die Pankower Initiative stößt allerdings nicht nur auf Begeisterung. Thomas Lengfelder, Chef des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in Berlin, plädiert für strengere Kontrollen statt besserer Kennzeichnung: "Dass ein Betrieb sauber arbeitet, sollte doch eigentlich die Norm sein."

Durch das Smiley-System entstehe eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: "Wer keinen Smiley hat, gilt ab sofort als verdächtig." Dabei könne das auch einfach nur daran liegen, dass der Betrieb noch nicht kontrolliert wurde. Im Schnitt bekämen Berliner Gaststätten nur alle ein bis zwei Jahre Besuch vom Lebensmittelaufsichtsamt.

Ob die Initiative aus Pankow in anderen Berliner Bezirken Nachahmer finden wird, ist noch unklar. Der zuständige Stadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf sagt, man verfolge das Projekt "ganz gespannt". Sollte die schwarze Liste der Ekel-Gaststätten ausgebaut werden, wird es vielleicht bald auch Bilder aus den betroffenen Lokalen geben.

"Anfangs hatten wir vor, die Mängel nicht nur in Stichworten aufzulisten, sondern auch Fotos dazuzustellen", sagt Pankows Stadtrat Kirchner. "Aber als wir die Bilder dann gesehen haben, dachten wir, dass man das den Bürgern wirklich nicht zumuten kann."

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