Berlin:Stillverbot in Berliner Café: Mutter schreibt an Familienministerin Schwesig

  • Der Besitzer eines Berliner Cafés verbietet das Stillen in seinen Räumen - und verweist eine Mutter nach draußen.
  • Die Frau fordert nun per Online-Petition ein Gesetz gegen die Diskriminierung von stillenden Müttern.
  • Es dürfe nicht sein, dass Müttern geraten werde, ihr Kind mindestens sechs Monate zu stillen und sie in dieser Zeit nur zu Hause sitzen könnten.

Von Hannah Beitzer, Berlin

Bis zum sechsten Monat, so empfiehlt es die Weltgesundheitsorganisation WHO, sollen Mütter ihre Säuglinge ausschließlich stillen. Tun sie das jedoch im Bus, in Cafés, im Museum oder in Restaurants, dann werden sie häufig schief angesehen - oder sogar rausgeschmissen. Das ist der Berlinerin Johanna Spanke passiert. Sie kam mit ihrem Baby in ein Café - und wurde schon bei der Bestellung darauf aufmerksam gemacht, dass sie ihr Kind unter keinen Umständen stillen dürfe.

"Es kann doch nicht sein, dass einem alle erzählen, wie gesund und wichtig Stillen ist. Und dann werden Frauen so beschämt, wenn sie es öffentlich tun", sagt Spanke. Sie setzte daher zu Hause eine Online-Petition auf, in der sie Familienministerin Manuela Schwesig dazu auffordert, per Gesetz gegen die Diskriminierung von Stillenden vorzugehen. "Auch stillende Frauen haben das Recht, am öffentlichen Leben teilzunehmen", heißt es dort. Spanke verweist auf Erfahrungen in anderen Ländern, wo es entsprechende Gesetze bereits gebe.

Sie findet das umso wichtiger, als es vielen Frauen ohnehin unangenehm sei, öffentlich zu stillen. "Es mutiert ja keine Frau zur Exhibitionistin, nur weil sie Mutter wird", sagt die Berlinerin. Wenn dann auch noch Cafés, Restaurants oder Museen das Stillen verbieten, blieben ihnen unterwegs nur Parkbänke oder öffentliche Toiletten.

Keine Zeit für Diskussionen

Dass das Verbot im Café schon während der Bestellung ausgesprochen wurde, verblüffte Spanke besonders: "Ich hatte ja noch überhaupt keine Anstalten gemacht und stille ohnehin immer sehr diskret mit einem Tuch." Das hinterließ bei ihr das Gefühl, dass Kinder generell nicht erwünscht seien. Sie sei dann extra zum Besitzer gegangen und habe ihn gefragt, ob es selbst mit einem Tuch über dem Kopf des Babys nicht möglich sei. "Er hat nur gesagt, dass er keine Zeit für die Diskussion hat, mir mein Geld wiedergegeben und mich gebeten, zu gehen."

Derartige Fälle werden immer wieder öffentlich - so hat zum Beispiel vor einigen Monaten ein Busfahrer in Hamburg eine Frau aus dem Bus geworfen, weil sie ihr Baby stillte. Das Unternehmen hatte sich hinterher für das Verhalten entschuldigt. Spanke sagt, dass es vielerorts auch kein Problem sei, zu stillen. "Ich habe zum Beispiel schon in einer Ausstellung im Naturkundemuseum gestillt."

Der Besitzer des Cafés jedoch habe ihr gesagt, er verstehe sich als "gehobener" Laden. Was gleichbedeutend sei mit: nur für Erwachsene. Seinen Namen oder den des Cafés hat Spanke nicht in die Petition geschrieben. "Ich will ja nicht auch noch Publicity für ihn machen." In der Tat erhalte sie auch Zuschriften, die nicht ihrer Meinung seien, erzählt sie. "Mir schreiben sogar Mütter: 'Och, nö - ich will mir auch nicht ständig anschauen, wie eine andere ihre Milchtüten rausholt.'"

Spanke jedoch findet: Eine Mutter sollte nicht sechs Monate ans Haus gefesselt sein, wenn sie sich entscheidet, ihrem Baby die Brust zu geben.

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