Basteln:Manche mögen Heißkleber

Wenn Magdalena etwas haben will, dann bastelt sie es sich einfach selbst: Segel aus Spüllappen, Stöckelschuhe aus Pappe. Nur eines kann sie dabei gar nicht leiden: Anleitungen.

Von Jasmin Siebert

Ein ganz normaler Samstagmorgen: Magdalena, sieben Jahre alt, erste Klasse, will einen Fahrradanhänger. Jetzt sofort. Sie braucht ihn für ihre Puppe. Und weil ihre Eltern ihr keinen kaufen wollen, tut sie, was sie sehr oft tut: Sie fängt an zu basteln. Mit Krepppapier und Schnüren schnallt sie ihre Puppe in einem aufgeschnittenen Paket fest. Aus Luftpolsterfolie baut sie einen Getränkehalter ein, aus Papier macht sie einen Regenschutz. Mit einer selbstgehäkelten Schnur knotet sie den Anhänger an ihr Fahrrad fest. Der Karton schleift über den Asphalt? Egal. Funktioniert auch ohne Räder. Stolz kurvt Magdalena mit ihrer Puppe über den Hof.

So läuft es eigentlich immer: Magdalena möchte etwas unbedingt haben und weil sie es nicht oder zumindest nicht sofort bekommt, bastelt sie es sich selbst. Seit sie Stift und Schere in der Hand halten kann, geht das so. Sie malt, zeichnet, schneidet, faltet und klebt, immer wenn sie etwas braucht. Ein Laptop? Natürlich. Ein eigenes Handy? Magdalena hat schon sehr viele Smartphones gebaut.

Neulich hatte sie Geburtstag. Ihr größter Wunsch: eine Heißklebepistole. Denn es gibt Situationen, da hält nur Heißkleber. Zum Beispiel, wenn sie Kartonstücke Kante auf Kante kleben will. Magdalena hat die Pistole bekommen. Verwenden darf sie sie aber nur gemeinsam mit einem Erwachsenen.

Woher sie all ihre Ideen nimmt? "Das weiß ich immer sofort", sagt sie. Anleitungen findet sie langweilig, lieber schöpft sie aus ihrer eigenen Fantasie. Sie tüftelt so lange, bis ihre Werke genau ihrer Vorstellung entsprechen. Wichtiger, als dass es schön aussieht, ist Magdalena, dass das, was sie gebastelt hat, auch funktioniert. Dafür lässt sie sich schon mal von Erwachsenen helfen - aber nur, wenn es unbedingt sein muss.

Basteln: Der Stöckelschuh ist aus Klopapierrollen gebaut. Hält nicht wirklich.

Der Stöckelschuh ist aus Klopapierrollen gebaut. Hält nicht wirklich.

(Foto: privat)

Magdalena bastelt immer, wenn ihr etwas einfällt. Und das passiert ziemlich oft: frühmorgens zu Hause oder in der Nachmittagsbetreuung, in die die Erstklässlerin nach der Schule geht. Einmal im Monat besucht sie eine Fantasiewerkstatt. Dort dürfen Kinder mit verschiedenen Materialien experimentieren. Als Nächstes möchte Magdalena ein Puppenbett aus Holz bauen. Die Puppe dafür hat sie auch selbst gemacht: den Kopf aus Pappe, den Puppenkörper aus Stoffdreiecken. Zusammengetackert, mit Watte gefüllt, fertig.

Manchmal baut Magdalena einfach das nach, was sie erlebt. Letzten Sommer zum Beispiel ist sie mit ihren Eltern und dem vierjährigen Bruder auf einer Fähre nach Sardinien gefahren. Gleich danach bastelt Magdalena an ihrem eigenen Schiff: Ein alter Spüllappen wird zum Segel, eine rosa geblümte Schachtel zum Bett für Passagiere, eine Papprolle zur Autogarage.

Meist halten Magdalenas Basteleien nicht so lange. Manchmal macht auch ihr kleiner Bruder etwas kaputt. "Sonst wäre schon längst die ganze Wohnung voll", sagt die Mutter. In Magdalenas Zimmer hängen die neuesten Gemälde an einer Wäscheleine. "Es gibt immer harte Verhandlungen, was bleiben darf und was weg muss", sagt der Vater. An der anderen Zimmerwand hängt ein Pappfernseher. Magdalena hat ein Foto ihrer Eltern draufgeklebt. "Da kann man eine Sendung mit einem Brautpaar sehen", erklärt sie.

An manche Dinge, die Magdalena gebaut hat, kann sie sich gar nicht mehr erinnern. Kein Wunder bei der Menge. Doch die Rollstuhlserie blieb ihr im Gedächtnis. Magdalena fand Klara aus der "Heidi"-Geschichte so toll, dass sie unbedingt auch einen Rollstuhl haben wollte. Und so bastelte Magdalena einen aus Pappe. Als sie sich reinsetzen wollte, krachte er zusammen. Also startete sie einen neuen Versuch. Und noch einen und noch ... Bis sie wieder eine neue Idee hatte.

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