Bambi-Verleihung in Düsseldorf:Prediger Tom und die Diven

Goldene Kitze, gutgelaunte Stars und ein Auftritt wie im Film: In Düsseldorf ging die 59. Bambi-Verleihung mit Tom Cruise, Sophia Loren und Frank Schirrmacher über die Bühne.

Hans-Jürgen Jakobs, Düsseldorf

Harald Schmidt beliebt zu scherzen: "Der Abend verging wie im Fluge", bilanzierte er. Da war es eine halbe Stunde vor Mitternacht - und der "Bambi", das Medienpreis-Schaulaufen-Ereignis aus dem Hause Burda, hatte im Ersten Programm um eine volle Stunde überzogen.

Schmidt, Reuters

Er führte durch den langen Abend und wurde am Ende recht böse: Harald Schmidt.

(Foto: Foto: Reuters)

Moderator Schmidt hatte es also tatsächlich an diesem Abend in Düsseldorf in die Fernsehregionen des chronischen Zeitfressers Thomas Gottschalk gebracht.

"Ich hab schon wieder überzogen", hieß einst vor 20 Jahren Schmidts erstes Soloprogramm am Düsseldorfer Kom(m)ödchen. Wie aber eine gut planbare Show rund um das Aushändigen von goldenen Rehkitz-Statuen das ARD-Programm so durcheinanderwirbeln konnte, bleibt dennoch ein Betriebsgeheimnis.

Vielleicht lag es an der geheimen Agenda dieses Abends, der Huldigung der Frauen, dass der Reigen der Reden und die Douceurs des Dankes kein Ende nehmen wollten. Beim 59. Bambi-Fest jedenfalls drehte sich alles um jenes Geschlecht, das es bei dieser Gelegenheit an Paillettenkleidern, Tüllkonstruktionen, ja selbst exotischen Hosenanzügen nicht fehlen lässt.

"Der Film hätte auch: 'Die Stunde der Frauen' heißen können", sagte auf der Bühne der Produzent Nico Hofmann, dessen Zweiteiler "Die Flucht" gekürt wurde. Und jeder im Saal wusste, dass bei all den Elogen zu diesem Preis auch die "Flucht"-Hauptdarstellerin Maria Furtwängler gemeint war, die Frau des verlegerischen Gastgebers Hubert Burda.

Die Schauspielerin trat erst später auf, als es wieder eine Frau für ihr Lebenswerk zu ehren galt, die italienische Diva Sophia Loren. Deren Weisheiten gab die Laudatorin gerne preis: Zum Beispiel, dass "die Waffe der Frau die Phantasie der Männer" sei oder es in Bezug auf Männer genüge, das Wort "Nein" in zwölf Sprachen zu beherrschen. Sophia Loren, 73, dankte auf Italienisch und Englisch für ihren neunten Bambi. Am Schluss erklärte sie: "Ich liebe dich. Basta."

Als starke Frau erschien auch die Königin Rania von Jordanien (Ehren-Bambi), die in perfektem Englisch von ihren Aufgaben erzählte: der Förderung von Frauen und Hilfe für Kinder in der arabischen Welt. "Bambi is only fiction", meinte sie gleich zu Anfang, es gehe aber um die "real stories", um die Not der Kinder im Gazastreifen zum Beispiel.

Preis für DFB-Fußballerinnen

Natürlich wurden an diesem Abend auch die deutschen Nationalspielerinnen als die besseren Fußballer geehrt, da sie anders als die Männer zweimal hintereinander den WM-Titel gewannen. Natürlich hing ein großes Porträt der verstorbenen Verlegerin Aenne Burda am Eingang, die ihren jüngsten Sohn Hubert stets besonders gefördert hat.

Natürlich erklärte Benjamin Sattler aus der Riege der für den "Contergan"-Film Ausgezeichneten: "Vielen Dank den Frauen". Und natürlich schaffte es die Organisatorin im Rehkitzgehege, die Bunte-Chefredakteurin Patrica Riekel, über eine Frau den Hollywoodstar Tom Cruise in die große, helle Messehalle zu holen - über dessen Geschäftspartnerin Paula Wagner.

Für seine Rolle als Claus Schenk Graf von Stauffenberg in "Valkyrie" bekam Cruise einen Bambi-Preis in der Kategorie "Courage", und seine Zeit auf der Bühne nutzte der bekennende hochrangige Scientologe für eine extrem lange Dankesrede, die den Charakter einer Predigt hatte und in einer kruden Rezeptur alles Mögliche zum Thema Hass und Liebe und Verantwortung gebar.

Cruise dürfte mit seinen Ausführungen, die an seine Prediger-Rolle im Spielfilm "Magnolia" erinnerten, wesentlich zur Sendezeit-Überziehung beigetragen haben.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie Laudator Frank Schirrmacher Hollywood-Star Cruise lobte und was Harald Schmidt über den Bademantel von Udo Jürgens sagte.

Prediger Tom und die Diven

Als Laudator fungierte hier Frank Schirrmacher, der Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der die Professionalität und den Mut von Tom Cruise lobte, sich gegen Widerstände zu behaupten. Cruise sei Druck ausgesetzt gewesen und "gnadenlos angegriffen worden", befand Schirrmacher. Gemeint war vermutlich die sommerliche Debatte, ob ein Scientologe diese Rolle wirklich im Berliner Bendlerblock geben sollte, wo Stauffenberg hingerichtet worden war.

Bambi-Verleihung in Düsseldorf: Auch er kam nach Düsseldorf, um sich sein goldenes Rehkitz abzuholen: Tom Cruise.

Auch er kam nach Düsseldorf, um sich sein goldenes Rehkitz abzuholen: Tom Cruise.

(Foto: Foto: Reuters)

"Frankie goes to Hollywood" witzelte Moderator Schmidt vor der Nummer des FAZ-Journalisten, der zur besonderen Eignung seines Blattes anführte, sein Vorgänger Joachim Fest habe sich sehr mit dem Widerstand beschäftigt.

Abgesehen von dem Missionar Cruise, dem der Gesang von Andrea Bocelli und Sarah Brightman auf den Bambi-Comeback-Preisträger Henry Maske erkennbar gefiel, war es eine recht vergnügliche Veranstaltung, die ihren Platz in der A-Kategorie der vielen Mediengalas und Medienbälle seit Jahren behauptet.

Abend der Rekorde

Armin Mueller-Stahl, der mit dem Schauspielern aufhören will, freute sich, dass er auch einmal wie weiland O.W. Fischer einen Bambi in den Händen hielt. Johannes Heesters bekam kurz vor seinem 104. Geburtstag einen Bambi und soll nun jedes Jahr mit der Tiertrophäe geehrt werden, wenn er denn kommt.

Die zwei Initiatoren von "Kinder brauchen uns e.V." wurden geehrt, weil sie kranken Kindern in Afghanistan helfen. Dass Hape Kerkeling die Auszeichnung in der Sparte Kultur bekam, hat der RTL-Star und Autor ("Ich bin dann mal weg") wohl selbst nicht besonders stimmig gefunden.

Hier beim Bambi trifft sich, wer zum Kern der deutschen Mediengesellschaft gezählt wird oder sich selbst erfolgreich dazu zählt, und da es jedes Jahr mehr werden, saßen diesmal 1300 Leistungsträger der Berliner Republik beieinander, die 350 Meter roten Teppich abliefen. Alles Rekorde.

Buhlen um Aufmerksamkeit

Die Währung dieses Marktes heißt nun mal Aufmerksamkeit, und so wurde penibel registriert, dass die in der Kategorie Information ausgezeichnete ZDF-Moderatorin Maybrit Illner mit ihrem Redaktionsleiter Wolfgang Klein durch die Gänge zog und ihr Lebensgefährte, der Telekom-Chef René Obermann, dem Treiben fernblieb. Der Darstellerin Verena Pooth allerdings war es auch mit ihrer aufwändigen Frisur, einer Art Tafelberg auf dem Schädel, nicht gegönnt, viele Pluspunkte zu sammeln.

Nach vielen, vielen Bambi-Jahren hat Verleger Burda als Eröffnungsredner eine höhere Form der Gelassenheit erreicht. Als mitten in seiner Ansprache Tom Cruise nebst Katie Holmes auftaucht, begrüßt er ihn mit den Worten: "Welcome, Tom, I'm your dinner speaker".

Burda erzählt launig von seiner Düsseldorfer Zeit im Jahre 1966, als er im Bankhaus Trinkaus arbeitete, vor allem aber in Berührung mit der damals sehr lebendigen Kunstszene kam, mit dem von ihm so bewunderten Joseph Beuys zum Beispiel. Und von der Begegnung mit Helmut Markwort, dem Focus-Kreateur.

Aber es geht auch darum, dass Warhols Lehrsatz "Expose Youself" so etwas wie die Parole des neuen Publizierens geworden ist, wo jeder im Internet seinen Blog machen oder irgendwo mitdebattieren kann. "Das Lächeln der Sieger", das sei das Schöne bei den Bambis, befand Burda und schloss "Und jetzt zum Wetter".

Die spider cam, die er so liebt, eine unter der Decke an Verschnürungen gebundene, aber frei bewegliche Kamera, rauschte über den Köpfen der Leute hinweg.

Schmidts Elfenbeinallergie

Harald Schmidt wiederum moderierte nicht mehr mit Eva Padberg, sondern wurde allein auf die Rampe geschickt. Dort schlug er sich mit mehr Erfolg als in seiner eigenen ARD-Donnerstagabendshow. Seine Scherze hatten durchaus zuweilen jene Bösartigkeit, die einen Bourgeois verletzen können.

Wiederholt witzelte er über "Botox", die "älteren Damen" auf der Düsseldorfer Kö und solchen, die im Café ihre Pelzmützen auflassen. Die Sache, hier gegen ordentliche Bezahlung den agent provocateur spielen zu können, machte ihm sichtbar Spaß.

Anfangs noch, beim Warm-up, kalauerte er wieder einmal, er trete oft in "Möbelhäusern" und "Autohandlungen" auf. Sein Höhepunkt war sein Comeback am Klavier, dessen Spielen er nach einer "Elfenbeinallergie" aufgegeben hätte, wie der Maestro phantasierte.

Die Adaption eines Udo-Jürgens-Songs, der hier als "Danke, dass ich prominent bin" verkalauert wurde ("es könnt' auch anders sein", hieß es weiter) fand verdienten Applaus. Schmidt schloss ab mit mit der Empfehlung: "Udo, mach den Bademantel enger."

So ging er dahin, der "Bambi 2007", der 59. seiner Art, diesmal mit Künstlern wie Jon Bon Jovi, Rihanna oder Eros Ramazzotti. Er war ganz früher ein kleines Zeichen der Verschwendung in der Trümmerrepublik gewesen, damals, 1948, als ihn eine Filmzeitschrift in Karlsruhe schuf. Der Offenburger Verleger Franz "Senator" Burda kaufte dann später die Zeitschrift mitsamt dem Medien-Preis, und so wurde aus dem Späßle ein Spaß; die Stars konnten nicht berühmt genug sein.

Zum 60. Jubiläum im nächsten Jahr dürfte dieser Evergreen der deutschen Partykultur einfach wieder ins Ländle zurückkehren. Und wieder wird die Zeit wie im Fluge vergehen.

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