Avantgarde Rex:Puggle, Schnoodle und Labradoodle

Das sind keine Fertigsuppen, sondern vierbeinige Begleiter ausgeflippter Hundehalter. Sie basteln sich ihre Tiere selbst - Züchter sehen dies kritisch.

Claudia Fromme

Manchmal ist es Zufall, dass man einem Trend zur Geburt verhilft. Bei Benedikt Bomholt aus Castrop-Rauxel war das so. Seit 1996 züchtet er Beagles, die kleinen, gescheckten Jagdhunde, die stets sehr aufgeregt sind. Drei Jahre ist es nun her, dass seine Beaglehündin Hella einem Mops sehr nahe kam. Das Zufallsresultat annoncierte Rassezüchter Bomholt als "Beagle-Mops-Kreuzungswelpen".

SZ/Chelle Calbert

Das Erbgut vom Chiweenie besteht aus Chihuahua und Dachshund.

(Foto: Foto: SZ/Chelle Calbert)

Sonst sind Mischlinge in der Rasseszene Ladenhüter, doch der Wurf war ein Renner. Sanftmütig wie ein Mops seien die Hunde und fidel wie ein Beagle, aber ohne Jagdtrieb, jubelten die neuen Halter. Und obendrein berühmt. Jedenfalls in den USA, klärte ein Käufer Bomholt auf. Die Kreuzung, die aussieht wie ein entknitterter Mops, heißt dort: Puggle. Weil Beagle drin ist und Mops, der auf Englisch pug heißt. Bomholt entschloss sich also, Deutschlands erster Puggle-Züchter zu werden.

Drei Jahre später ist die Warteliste in Castrop-Rauxel lang und auch in Deutschland hat das Großstadttrottoir erobert, was in den USA längst ein Must-have ist: der designer dog. Der ist keine Straßengrabenmischung, sondern Ergebnis gezielter Verpaarung mit klangvollen Namen: Es gibt Schnoodle (Schnauzer/Pudel), Moodle (Malteser/Pudel) und Labradoodle (Labrador/Pudel), Maltipoos (Malteser/Pudel) oder Chiweenies (Chihuahua/Dackel).

Weil Pudel kaum haaren, sind sie die pflegeleichte Hauptzutat für viele der Kombikläffer. Während Züchter Bomholt von "völlig normalen Kunden" 650 Euro für einen Pugglewelpen nimmt, wechselt der populärste der Designerhunde in den USA schon mal für 3000 Euro den Besitzer, der gern prominent ist.

Accessoire mit vier Beinen

Nur wenn sich Rassehunde verpaaren, weisen Welpen die gewünschten Mischmerkmale auf, in der zweiten Generation verwässern sie. Das heißt: Mops plus Beagle gleich Puggle. Puggle plus Puggle gleich, nun ja, Abenteuer. Da sich nur die erste Generation eignet, ist der Designermix rar, und weil man ähnlich lang auf einen Schnoodle warten muss wie auf eine Handtasche von Gucci, ist es kaum verwunderlich, dass auch das Fashion Accessoire Hund in den USA Promistatus hat.

Carmen Electra und Ellen DeGeneres haben einen Maltipoo, Jennifer Aniston und Tiger Woods einen Labradoodle, Uma Thurman und Sylvester Stallone einen Puggle. US-Websites wie puggle-dogs.net rühmen die Starqualitäten des "hottest designer dog of the decade": Er haare nicht und kläffe allerhöchstens ein- oder zwei-mal und dann auch nur, wenn es an der Tür klingelt. Mit höchstens 14Kilo passe er bequem auf den Schoß.

Udo Kopernik vom Verband für das Deutsche Hundewesen, die Lordsiegelbewahrer des Rassehundes, sieht die Modehunde naturgemäß kritisch. "Dass Designerhunde und Designerjeans ähnlich klingen, ist kein Zufall. Das ist reine Geldmacherei", moniert er. Zudem stellten sie ein unkalkulierbares Risiko dar. Anders als beim Rassehund, bei dem Charakter und Defekte vorhersehbar sind, sei es beim Designerhund russisches Roulette. Zwar entspräche der vorbestellte Hund den optischen Wünschen, aber es könne statt des erhofften cleveren Schoßhundes auch ein dummer, aggressiver Kläffer herauskommen, der krank sein könne.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie die Realität der ungewöhnlichen Mischlinge aussieht.

Puggle, Schnoodle und Labradoodle

Eine Kreuzung verursacht Unfälle

Beim Puggle etwa treffe Sofahund auf Jagdhund, die schwachen Atemorgane der Kreuzung reichten nicht für die große Aktivität des Beagle. Manche unterschätzten auch den Bewegungsdrang. Etwa die Rentnerin aus Holzwickede, der ihr Puggle "Gucci" zu agil ist. Man habe ihn ihr "als Schoßhund" verkauft, lässt sie auf puggleweb.de wissen, und dass sie die "süße Knautschmasse" mit Körbchen deshalb als "Notfall" für nur 500 Euro verkaufe.

Die Fronten sind verhärtet. Dass Mischlinge den Anstrich einer Rasse bekommen und so zur Konkurrenz werden, passt vielen Züchtern nicht. Gerade erst mussten sie die Meldung verdauen, dass die Welpenzahlen bei Dackeln und Schäferhunden drastisch zurückgehen. Designerhunde legen dagegen zu. Puggleproduzent Bomholt berichtet von anonymen Drohanrufen und offenen Anfeindungen.

Andreas Werner aus Hannover sagt, dass er Kritik ignoriere, denn eines züchte er sicher nicht: Modehunde. Der Präsident des Labradoodle Club Germany hat vor zwei Jahren den ersten deutschen Labrador-Pudel-Mix präsentiert. Dieser wurde vor 15 Jahren in Australien nicht unter modischen Gesichtspunkten gezüchtet, sondern unter gesundheitlichen. Das freundliche Wesen und die gute Nase des Labradors wurden gepaart mit der Intelligenz und dem kaum haarenden Fell des Pudels. "Die Rassen ergänzen sich traumhaft", schwärmt Werner, der zwei Größen und vier Farben anbietet. Der gelehrige Labradoodle sei nun der populärste Hund für Blinde und Allergiker. Elf Welpen kamen gerade zur Welt, Anfragen gebe es weit mehr, auch aus dem Ausland.

Teure Schönheit

Züchter Werner kämpft für ein seriöses Image des Labradoodle. Er kreuze nur erstklassige Rassehunde, sagt er, sein Pudelzuchtrüde "Never" sei Träger internationaler Championtitel. DNS-Proben der Zuchttiere hat Werner beim Mikrobiologischen Institut für Haustiere an der Uni Göttingen hinterlegt, da könne sich jeder vergewissern, dass sie bester Abstammung und krankheitsfrei seien. 1200 Euro kostet ein Labradoodle bei ihm. Seiner Maxime Folge leisten will bislang keiner: Andreas Werner ist der einzige Züchter im Labradoodle Club Germany. Geadelt fühlt er sich trotzdem: Immerhin hat der Labradoodle es als einziger designer dog ins Oxford English Dictionary geschafft.

Anerkannt als Rasse sind Labradoodle oder Schnoodle nicht. Ob sie es je werden, ist fraglich. Erst wenn eine Zucht in sechs unabhängigen Linien nachgewiesen ist, wozu man fast 100 Tiere und Jahrzehnte braucht, erkennt die Fédération Cynologique Internationale, der Weltverband für Hundezucht, sie als Rasse an. Durch das Kreuzungsgebot verändern sie sich optisch zwangsläufig, der Reiz fiele weg. "Wir haben 350 Rassen, wir brauchen keine neuen", sagt Hellmuth Wachtel, Hundeforscher aus Wien.

Natürlich seien viele Rassen durch Kreuzungen entstanden, bei Designerhunden handele es sich aber, bis auf Labradoodle, um "reine Schönheitskreuzungen", die nur eines seien: teuer. Kritik übt Wachtel vor allem an teacup size dogs. "Diese Kreuzungen von Superzwergen sind Tierquälerei", sagt er. Bei den Hunden, die oft nicht mal zwei Kilo wiegen und gerne in die Taschen von Paris Hilton passen, seien die Mäuler zu klein für Zähne, Hunde kämen mit Löchern im Kopf zur Welt, ihre Knochen zerbrächen.

Teetassenhund mit Atemproblem

Die Teetassenhunde seien aber Extremfälle, auf den gemeinen Designerhund treffe das nicht zu. Wie für alle Mischlinge gelte für sie: "Sie sind im Durchschnitt gesünder und langlebiger als Rassehunde." Durch die Verpaarung unterschiedlicher Rassen fielen typische Erbkrankheiten weg. Gleichwohl träten nicht unbedingt alle gewünschten Merkmale ein. Keiner könne garantieren, dass ein Labradoodle nicht doch Allergien auslöst oder ein Puggle nicht doch Atemprobleme hat.

Den Streit zwischen Züchtern und Kreuzern hält Hellmuth Wachtel für überflüssig. Gezielte Mischungen seien nicht aufzuhalten, da wäre es sinnvoller, wenn Rassehüter wie der Verband für das Deutsche Hundewesen sie nicht als Konkurrenz sähen, sondern sich ihrer annähmen und Regeln für die seriöse Zucht schaffen würden. "Wenn schon gemischt wird, ist es besser, es kontrolliert zu tun", findet er. Kynologische Verbände wären dann für die gesamte Zucht zuständig, was jedem Hundeliebhaber dienen würde. Viele seien verunsichert, was die Seriosität der Verkäufer von Designerhunden angehe.

Über so etwas muss sich Königin Elisabeth keine Gedanken machen. Die britische Monarchin hat ihren eigenen Designerhund erschaffen - zufällig. Die Verbindung eines ihrer Corgies mit Dackel Pipkin von Prinzessin Margaret führte zu einem neuen royalen Kläffer: dem Dorgie. Dem Kennel Club, dessen Schirmherrin die Queen ist, gefiel das gar nicht, und als es vor Jahren dazu kam, dass Elisabeth II. für den Rasseverband für ein Porträt posieren sollte, gab man ihr zu verstehen, dass ihr Ansinnen dieses mit Lieblings-Dorgie Tinker zu tun, eine sehr schlechte Idee sei. Die Queen drohte damit, dann eben gar nicht mehr zu posieren - mit Erfolg. Zwar stand der Dorgie mit seinen fliegenden Ohren nie Pate für einen Trend, immerhin aber hängt Mischling Tinker nun in Öl in den repräsentativen Räumen der britischen Rassehüter.

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